Eine vor kurzem herausgegebene Toolbox mit Materialien zur Umsetzung von Gendergerechtigkeit in Kirchen und Gesellschaft bildet das Kernstück eines Webinars.
Instrumente zur Unterstützung der Arbeit für die Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mädchen
(LWI) – Wie schützt man Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt (GSG) in Verhältnissen mit schwacher Gesetzeslage und weitverbreiteter Stigmatisierung? Wie bringen wir Männer und Jungen dazu, sich im Kampf für eine gewaltfreie Welt zu engagieren? Wie stärken wir Gemeinden bei der Hilfeleistung in einer Sache, die die Vereinten Nationen als „eine der in der heutigen Welt am weitesten verbreiteten, anhaltendsten und verheerendsten Menschenrechtsverletzungen“ bezeichnete?
Diese Fragen waren Thema eines Online-Workshops, der vom Lutherischen Weltbund (LWB) am 28. November im Einklang mit der 16-Tage-Aktion zur Beendigung von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgerichtet wurde. Frauen und Männer aus den LWB-Mitgliedskirchen und Länderprogrammen rund um die Welt nahmen an den Diskussionen teil, tauschten sich über die erzielten Fortschritte aus, sprachen aber auch über die Frustration, dass die Häufigkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt weiter zunimmt.
Als die Senior Advocacy-Referentin für Gendergerechtigkeit Sikhonzile Ndlovu das langjährige Engagement des LWB bei der Bekämpfung dieser Problematik präsentierte, hielt sie die Teilnehmenden dazu an, das reichhaltige Material zu nutzen, das in der kürzlich herausgegebenen Gendergerechtigkeits-Toolbox enthalten ist und das für den Gebrauch in einer Vielzahl an Umfeldern und kulturellen Kontexten angepasst werden kann. „Diese Toolbox bietet einen gesamtheitlichen Blick auf die unterschiedlichen Bereiche der Gendergerechtigkeitsarbeit“, sagte Ndlovu, „von den theologischen Grundlagen und internationalen Rahmenordnungen über die Aspekte intersektionaler Diskriminierung bis hin zur Einbeziehung geschlechtsspezifischer Themen in die institutionelle Praxis.“
Bei der Betrachtung des Abschnitts, in dem es um die Toolbox zur Prävention und Hilfeleistung bei geschlechtsspezifischer Gewalt ging, sprachen die Teilnehmenden darüber, wie wichtig kommunale Lösungen sowie eine auf die Überlebenden ausgerichtete Herangehensweise und die Einbeziehung von Männern und Jungen in die Arbeit sind, damit sich die Einstellungen und Wertvorstellungen ändern, durch die Gewalt, Stigmatisierung und Missbrauch aufrechterhalten werden.
Die Gesprächsteilnehmenden stellten fest, dass sich in einigen Ländern „eine tief verwurzelte Normalisierung von geschlechtsspezifischer Gewalt hartnäckig hält“, was bedeutet, dass nur wenige Opfer bereit sind, Vorfälle zu melden, und dass das Sammeln statistischer Daten herausfordernd bleibt. Ndlovu betonte, wie wichtig es sei, für den Schutz von Überlebenden zu sorgen, „sicherzustellen, dass wir in unserem Bestreben, Daten zu sammeln, nicht deren Sicherheit gefährden.”
To Mei Ling aus Hong Kong, eine der LWB-Koordinatorinnen für Gendergerechtigkeit in Asien, sagte, die „Dunkelziffern“ seien hoch, vor allem in Ländern, in denen eine „systematische Diskriminierung“ stattfinde, es an der Gesetzgebung mangele, Einrichtungen keine Handhabe hätten und es Konflikte auf nationaler oder lokaler Ebene gäbe. „Auf die Überlebenden ausgerichtete Herangehensweisen funktionieren dort am besten, wo es starke Rechts- und Gesundheitssysteme zur Unterstützung der Opfer gibt“, bemerkte eine Rednerin.
Die Diskussionen drehten sich auch darum, wie wichtig es ist, die Gemeinden stärker in die Bekämpfung der Geißel geschlechtsspezifische Gewalt einzubeziehen. Die Teilnehmenden betonten, neben den Überlebenden müssten auch den Familienmitgliedern Beratung und Therapie angeboten werden, um so gegen die Stigmatisierung vorzugehen und für eine vollständige Wiedereingliederung der Opfer ins Gemeindeleben zu sorgen. „Die Gemeinden müssen erkennen, dass sie die Lösung für dieses Problem sind“, sagte Betty Lamunu, Gender- und Schutzberaterin für LWB-Südsudan, „anstatt zu erwarten, dass sich externe Stellen ohne tieferes Verständnis für die innerhalb der Gemeinde auftretenden Probleme und Ressourcen darum kümmern.“
Die Teilnehmenden bekräftigten erneut, dass Männer und Jungen einbezogen werden müssen, und zwar „ab einem sehr jungen Alter, damit sie bereits mit anderen Werten aufwachsen, anstatt später zu versuchen, ihre Einstellungen zu ändern, wenn sie älter sind.“ Die Kirchen im südlichen Afrika haben Material für Sonntagsschulen und Jugendgruppen entwickelt, durch das Kinder in sicheren Lernumgebungen an die Konzepte der Gendergerechtigkeit herangeführt werden können. Colleen Cunningham, LWB-Koordinatorin für Geschlechtergerechtigkeit im südlichen Afrika, betonte, „ein bereichsübergreifender Ansatz ist unerlässlich, denn wir haben gelernt, dass das Patriarchat zu stark für uns ist, um alleine damit fertig zu werden.”