Kirchenleitende erörtern Wege, besser auf sich selbst und aufeinander zu achten
GENF, Schweiz (LWI) – „Ich habe bei meinem Smartphone diese Benachrichtungstöne ausgeschaltet, die jedes Mal zu hören sind, wenn eine E-Mail oder eine Nachricht ankommt. Ich schaue regelmäßig nach meinen Mails, aber nicht jedes Mal, wenn ich eine bekomme. Das hat zu einer wesentlichen Stressminderung beigetragen“, berichtete Bischof John Henderson von der Lutherischen Kirche von Australien einer kleinen Gruppe von Kirchenleitenden der Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) der Region Asien während einer Online-Konferenz über Selbstfürsorge und Wohlbefinden am 25. November.
Henderson sollte auf Einladung von Philip Lok, dem LWB-Regionalsekretär für Asien, über seine Anregungen sprechen, wie man als Kirchenleitender für seine Gesundheit und sein Wohlergehen besonders während einer Pandemie sorgt, in der tägliche Stressfaktoren intensiver als sonst empfunden werden. Henderson selbst forderte die Kirchenleitenden auf, darüber zu berichten, wie sie einander bei der Stressreduzierung unterstützen.
Der australische Bischof wies darauf hin, dass er kein Experte für psychische Gesundheit sei, dass ihn aber eine frühere Gesundheitskrise dazu veranlasst habe, etwas zu unternehmen und besser auf sich zu achten.
Lok zitierte Statistiken der Duke Clergy Health Initiative, die sich für die Gesundheit und das Wohlergehen von Geistlichen einsetzt und herausgefunden hat, dass Seelsorger und Seelsorgerinnen öfter unter gesundheitlichen Problemen leiden als die Bevölkerung allgemein. Auch Geistliche sind nicht immun gegen Depressionen und Angst.
Lok stellte fest, dass die Studie ein Indikator für Gesundheitsprobleme von Angehörigen aller Glaubensrichtungen sein könne, und dass das kirchliche Führungspersonal durch die Verantwortung belastet werde, in den Gemeinschaften eine Antwort auf die COVID-19-Pandemie zu geben, dabei gleichzeitig aber Probleme habe, genügend Zeit für die Selbstfürsorge zu finden.
Henderson erinnerte daran, dass der Dienst in Jesus beginne, und dass Christus auch der Anfang sein sollte, wenn es um die Erstellung eines Plans für die Selbstfürsorge gehe, denn „wir glauben nicht nur an Christus, sondern wir sind eingehüllt in Christus.“
Glaubensleben als Selbstsorge
Sein persönliches Glaubensleben zu schützen, sollte nach Hendersons Überzeugung eine Priorität für alle Kirchenleitenden sein. „Ihr spirituelles Leben und Ihr Glaube an Jesus als Erlöser wird zum Teil Ihres Berufslebens“, sagte er, denn man könne nicht nach Hause gehen und diesen Teil von sich selbst trennen.
„Die Gefahr besteht darin, dass wir anfangen, in der Bibel zu lesen, weil wir unsere nächste Predigt vorbereiten. Unser persönliches Glaubensleben kann lediglich zu einer Erweiterung unseres Dienstes werden. Wir werden dann Christen und Christinnen von Amts wegen, aber nicht aus unserem Herzen heraus.“
Ein lebendiges persönliches Gebetsleben kann – eher als das öffentliche Gebetsleben, das für Kirchenleitende erforderlich ist – eine Zeit sein, „innezuhalten und Gott zu danken", und auch dies kann Stress vermindern.
Gegenseitige Hilfe
Einige der Konferenzteilnehmenden wiesen auch darauf hin, wie wichtig die individuelle Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen sei. „Wir müssen uns beistehen, einen gemeinsamen Weg gehen und uns gegenseitig unterstützen. Wir als Führungspersonen haben unsere Probleme, und manchmal brauchen wir Bischöfe und Bischöfinnen von anderen Kirchen, die uns beistehen und uns Mut zusprechen“, sagte Pfr. Antonio Del Rio Reyes, Vorsitzender der Lutherischen Kirche auf den Philippinen.
Die hohe Belastung führender Kirchenleute könne sich oftmals auch auf ihre Familien auswirken, so Bischof Sani Ibrahim Azar von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Eine praktizierte Selbstfürsorge könne deshalb zu einem Segen für den Ehemann oder die Ehefrau und die Kinder werden.
Wenn in den einzelnen Ländern die persönliche Begegnung in den Kirchen wieder möglich werde, so Henderson, dann könne er sich den Abschied von der Erwartung vorstellen, dass nur Bischöfe und Bischöfinnen Gottesdienste halten oder den Segen erteilen sollten. Auch anderen Personen zu erlauben, diese Aufgaben wahrzunehmen, kann den Druck auf Führungspersonen verringern, indem sie „ein empfangendes Mitglied Ihrer Kirchen werden.“
Praktische Organisationstipps für Kirchenleitende
„Es gibt einfach zu viel zu tun und nicht genügend Zeit, all das zu bewältigen“ ist eine Aussage, die sicher von vielen Menschen bestätigt wird. Henderson hatte dennoch praktische Tipps, um diese Zeit so zu gestalten, dass Gesundheit und Wohlergehen dabei gefördert werden:
- Widerstehen Sie weitgehend der Versuchung, Tag und Nacht zu arbeiten. Treten Sie einen Schritt zurück und sagen Sie: „Ich habe meine Arbeit getan und in der Zeit, die Gott mir gegeben hat, heute das Bestmögliche geleistet.“
- Halten Sie in Ihrem Terminkalender Zeiten vor, in denen Sie keinerlei Verabredungen treffen. „Es vermittelt anderen den Eindruck, dass ich sehr beschäftigt bin, aber für mich ist das eine Zeit der Selbstfürsorge oder manchmal eine Gelegenheit für organisatorische Aufgaben.“
- Erlauben Sie sich selbst, ein Ziel nicht zu erreichen und noch einmal von vorn anzufangen. Die „Aufgabenliste kann entmutigend sein, wenn man die Aufgaben nicht schafft.“
- Lassen Sie sich medizinisch untersuchen, halten Sie sich durch moderaten Sport fit, gehen Sie rechtzeitig zu Bett, vermeiden Sie ungesundes Essen.
- Lachen Sie. „Humor ist gut für die Selbstfürsorge.“
Zum Abschluss der Konferenz sagte Lok: „Ich glaube, wir alle wissen, dass wir auf uns selbst achten müssen. Allerdings glauben viele von uns, dass Selbstfürsorge bedeute, dass wir alles allein bewältigen könnten. Wir brauchen aber partnerschaftliche Hilfe, wir brauchen Freunde und Freundinnen, und wir brauchen vor allem eine Gemeinschaft der Seelsorgenden, die uns die Wahrheit sagen, wenn es erforderlich ist, denn dies ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Selbstfürsorge.“