Rolle als Friedensstifter und Anwälte für den Frieden ist wichtig, sagt lutheranische Kirchenleitende Slagtand
Genf – 26. Oktober 2015 (LWI) – Als Pfarrerin Marjory Slagtand in Suriname aufwuchs, hatte sie keinerlei Ambitionen, einmal Pastorin zu werden. Stattdessen belegte sie an der Universität das Fach Sozialwissenschaften.
Allerdings wurden ihre beruflichen Pläne durch politische Ereignisse durchkreuzt. „1980 gab es einen Militärputsch in Suriname, und der hatte erhebliche Auswirkungen auf mein Leben und meinen Glauben“, erzählt sie. „Als ich auf der Uni war, hat das Militärregime 15 prominente Mitglieder der Gesellschaft umgebracht. Einer von ihnen war mein Psychologieprofessor.”
Nachdem die Universität geschlossen worden war, belegte Slagtand, die zusammen mit drei Geschwistern von ihrer Mutter allein grossgezogen wurde, 1982 einen Kurs in Theologie auf dem Moravian Theological Seminary und erhielt 1985 ein Stipendium für ein Studium am Lutheran Theological Seminary in Amsterdam.
Fünf Jahre später wurde sie die zweite weibliche Pastorin sowohl der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Suriname (ELKS) als auch des kleinen südamerikanischen Landes und reihte sich damit in die Tradition der Pionierin Lucretia van Ommeren ein.
Die Vorsitzende des ELKS-Kirchenvorstandes war vor kurzem in Genf zur Amtseinführung neu gewählter lutherischer Kirchenleitender.
Slagtand ist die erste Frau, die den Vorsitz im ELKS-Kirchenvorstand übernimmt. Sie hat ebenfalls in der Landesklinik für Psychiatrie gearbeitet und die seelsorgerische Betreuung des Personals des Aussenministeriums übernommen. Eine der ersten Herausforderungen, die sie als neue Kirchenleitende bewältigen musste, war nach einer Spaltung der Kirche „die Neustrukturierung der 4.500 Mitglieder zählenden ELKS“.
„Ich weiss ein gutes Team hinter mir“, sagt die 52-jährige Mutter zweier Töchter. „So haben wir an der Satzung gearbeitet und für Stabilität und Struktur gesorgt. Jetzt sind wir in einer Phase, in der es mehr um die zahlreichen kleinen Schritte geht.“
Zu den weiteren Herausforderungen, vor denen die Kirche steht, gehören die Fragen, wie die Beziehungen untereinander in einem multireligiösen und multikulturellen Kontext gestaltet werden, wie das Thema der sozialen Gerechtigkeit behandelt wird und wie man als Friedensstifter mit einer Kultur der Angst und des Terrors umgeht, die ein Erbe der Militärcoups der 1980er Jahre ist.
In Mai wurde Dési Bouterse, Surinames früherer Militärdiktator, als Präsident für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Er war der Anführer eines Militärputsches im Jahre 1980 und regierte bis 1987, nach einem weiteren Militärcoup erneut von 1990 bis 1991. Bouterse wurde wegen seiner Beteiligung an den 1982 verübten Morden an 15 Regierungsoppositonellen angeklagt, streitet aber jede Schuld ab. Ein 2012 erlassendes Amnestiegesetzt sichert ihm Immunität zu.
Früher als Niederländisch-Neuguinea bezeichnet, ist Suriname heute eines der ethnisch vielfältigsten Länder in Südamerika, wobei die Nachfahren indischer Kontraktarbeiter die grösste Ethnie stellen, gefolgt von Kreolen, der Bevölkerung indonesischer Abstammung (Java) und Maroons.
Slagtands eigener Hintergrund ist typisch für die Diversität ihres Landes. Ihre Grosseltern mütterlicherseits stammten aus Indonesien und waren muslimischen Glaubens. In Suriname konvertierten sie zum Christentum.
„Als Kind bin ich aber auch durch andere Religionen beeinflusst worden. Ich war es gewohnt, von Andersgläubigen umgeben zu sein und offen gegenüber anderen zu sein", sagt sie. „Die lutherische Kirche und Theologie sind gekennzeichnet von Offenheit durch Gnade.“
Die Kirchen in Suriname brauchen Unterstützung, um Themen wie Eigentum und Recht auf Land der wegen der Goldgewinnung im Landesinnern wohnenden Menschen, HIV/AIDS, Gewalt gegen Frauen und Armut anzusprechen, fügt sie hinzu.
- Die ELKS wird als Premiere 2016 zum ersten Mal für Lateinamerika und die Karibik die Veranstaltung im Vorfeld der Vollversammlung ausrichten.
(LWI-Korrespondentin Moyette Marrett interviewte Pfarrerin Marjory Slagtand während ihres vor kurzem erfolgten Besuchs in Genf)