Klimaanwälte des LWB informieren sich über die Initiativen der französischen Kirche zur Öko-Gerechtigkeit
Strassburg, Frankreich/Genf, 9. Dezember 2015 (LWI) – Sieben junge Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt sind Teil der Delegation des Lutherischen Weltbundes (LWB), die die Verhandlungen des UN- Weltklimagipfels in Paris beobachtet – alle mit ihren eigenen Geschichten über Umweltaktivismus in ihren Heimatgemeinschaften.
Sie sind jedoch auch nach Frankreich gekommen, um Erfahrungsberichte von lokalen Kirchen zu hören, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen und ihren Kirchen durch praktische örtliche Initiativen und durch ihre Anwaltschaft für Klimagerechtigkeit im Rahmen einer grenzüberschreitende Advocacy-Arbeit eine ökologische Ausrichtung geben.
In Paris trafen sich die LWB-Delegierten bis zum 11. Dezember anlässlich der 21 Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention (COP 21) mit französischen Kirchenleitenden und Aktivisten/innen.
Bei der Matthäusgemeinde in Strassburg erfuhren sie, wie eine Überprüfung der Energieverwendung in der Kirche (Aufzeichnung des Energieverbrauchs für die Heizung, Abwärme) die Gemeinde bei strategischen Entscheidungen zu Massnahmen der Verbesserung der Energieeffizienz unterstützt hat.
David Rudloff, der federführend an diesem Prozess beteiligt war, erklärte: „Wir wissen, was wir bewegen können, und wir gehen nacheinander den ersten, zweiten und dritten Schritt an“.
Beteiligung de gesamten Gemeinschaft
„Es ist ganz einfach und nichts Besonderes“, sagte er. „Indem wir der gesamten Gemeinschaft erklärt haben, dass es nicht nur um finanzielle Einsparungen, sondern um einen konkreten Schritt zur Verbesserung der Umwelt geht, ist sich die gesamte Gemeinschaft bewusst geworden, dass wir nicht allein sind und dass wir die Macht für konkrete Veränderungen haben.“
Die französischen Klimaaktivisten/innen berichteten, dass die Kirche die Schöpfung feiern wollte, indem sie eine spirituelle Gemeinschaft mit Wert auf technischen Aktivitäten wird. Der Impuls dazu stammt von Rudloffs tiefem persönlichen Glauben und seinem grundsätzlichen Bekenntnis zu ökologischem Handeln.
„Viele Jahre lang habe ich mich ein wenig geschämt, über Ökologie zu reden, wenn ich in der Kirche war, und über meinen christlichen Glauben zu sprechen, wenn ich mit Ökologen und Ökologinnen zu tun hatte. Ich dachte, dass sie mich ablehnen würden, wenn ich offen meine Meinung sagen würde. Deshalb hatte ich diese Blockade, diese Mauer in meinem Kopf“, sagt er rückblickend.
Rudloff sagte, er sei überrascht über die freundliche Akzeptanz der Kirche und der Umweltaktivisten/innen gewesen.
„Wenn ich nur als Ökologe agiere, dann verberge ich einen Teil von mir und umgekehrt. So habe ich herausgefunden, dass die Kirche viel offener gegenüber ökologischem Gedankengut ist, als ich ursprünglich gedacht hatte. Ich glaube, dass unser eigentlicher Feind unsere eigenen Ängste sind“, stellte er fest.
Angesichts solcher Ängste ermutigte Christian Albecker, der Präsident der Union Protestantischer Kirchen von Elsass und Lothringen (UEPAL), die Delegierten, sich bei ihrer Arbeit für Klimagerechtigkeit auch den Hoffnungsgedanken zu eigen zu machen.
„Wir als Christinnen und Christen haben die besondere Verantwortung zu sagen – ja, es ist möglich. Hoffnung ist nicht nur ein Traum, sie kann Realität werden. Natürlich gibt es auch viele pessimistische Stimmen, die sagen – es ist zu spät“, erklärte Albecker. „Christinnen und Christen müssen die Botschaft verkünden, dass Hoffen und Handeln immer möglich sind.“
Er wünscht sich mehr Engagement nach dem Vorbild der Kirchen, die am Pilgerweg für Klimagerechtigkeit teilgenommen haben. Unterschiedliche Gruppen aus Frankreich und Deutschland hatten sich gemeinsam zu Fuss auf den Weg nach Paris gemacht, um auf der COP21 Klimagerechtigkeit einzufordern.
„Das ist meine Kirche“
„Das war eine sehr wichtige Erfahrung für unserer Kirche, denn wir waren überrascht, wie viele Menschen sich daran beteiligt haben“, sagte Albecker. „Wir schätzen, dass ca. 1.500 Menschen an diesem Marsch teilgenommen haben – das ist für eine Kirche wie die unsere eine ziemlich grosse Zahl.“
„Es war sowohl eine spirituelle als auch eine körperliche Erfahrung“, sagte Albecker, der gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Kirchämtern an einem 23-Kilometer-Tagesmasch teilgenommen hat. Es war darüber hinaus auch eine politische Erfahrung.
Sie legten einem Vertreter des Europarates in Strassburg eine gemeinsame Erklärung vor, die vom UEPAL-Leitenden und mehreren örtlichen katholischen Bischöfen unterzeichnet worden war. Für ihn war der Pilgerweg ein Beispiel dafür, wie man Hindernisse überwindet und dabei gleichzeig ein einzigartiges treues Zeugnis ablegt.
„Die Medien haben sehr positiv über den Pilgerweg und die Aktion Fasten fürs Klima berichtet“, stellte er fest. „Oft wurden wir gefragt: ‚Warum engagieren sich Kirchen in dieser Frage der Klimagerechtigkeit? Das ist doch ein technisches oder politisches Problem. Was haben die Kirchen damit zu tun?‘“
Die Kirchenleitenden wiesen in ihrer Antwort darauf hin, dass die Bewahrung der Schöpfung ein wichtiges Thema für Christinnen und Christen und Angehörige anderer Glaubensrichtungen sei. Eine solche Antwort stelle einen „Brückenschlag“ zwischen der Kirche und der gesamten Gesellschaft dar, so Albecker.
Das Engagement religiöser Aktivistengruppen für Klimagerechtigkeit könne die Menschen ihren Kirchen wieder näherbringen. „Wir habe eine Frau in einem Dorf, die sich sehr stark für die Umwelt engagiert und die Kirchenmitglied wurde, weil es nach ihrer Aussage das erste Mal war, dass sich die Kirche für eine so wichtige Frage stark gemacht habe.“
„Das ist meine Kirche!“, sagte sie abschliessend.
UEPAL hat 250.000 Mitglieder und ist eine der drei LWB-Mitgliedskirchen in Frankreich.
(Von LWI-Korrespondent Ryan Rodrick Beiler in Frankreich)