CSW66: Junge Menschen fordern Taten statt Worte

25 März 2022
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Demonstrierende auf einem „Tag der Jugend und der öffentlichen Teilhabe“ während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow im vergangenen November. Foto: LWB/A. Hillert

Demonstrierende auf einem „Tag der Jugend und der öffentlichen Teilhabe“ während der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow im vergangenen November. Foto: LWB/A. Hillert

„Investiert in die Zukunft, um Klimagerechtigkeit zu erreichen“

GENF, Schweiz (LWI) – Fünf junge Klimaaktivisten und -aktivistinnen haben die Staats- und Regierungschefs weltweit dazu aufgefordert, zuzuhören und sich sinnvoll mit Frauen und jungen Menschen auseinanderzusetzen, die am härtesten vom Klimawandel betroffen werden. Diese Forderung wurde auf einer Veranstaltung am 21. März erhoben, an der Delegierte der 66. Sitzung der Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen teilgenommen haben. Sie befasste sich mit der Ermächtigung von Frauen im Kontext des Klimawandels und umweltpolitischer Entscheidungen. Die Veranstaltung wurde vom Lutherischen Weltbund (LWB), der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, dem Roten Kreuz Kenia und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika organisiert.  Dieses Online-Event hatte den Titel „Investitionen in die Zukunft: Jugend führt Aktionen für Klimagerechtigkeit an.“

Die jungen Delegierten aus Afrika, Europa, Lateinamerika und der Region Pazifik berichteten darüber, wie der steigende Meeresspiegel und sich verändernde Klimamuster bereits das Leben und die Existenzgrundlage der Menschen zerstören. Deren Stimmen werden aber so gut wie nicht gehört, wenn politische Entscheidungen getroffen werden. So erzählte zum Beispiel Daphney Leola Kiki, die aus Papua-Neuguinea stammt und am Pacific Theological College in Fidschi studiert, dass alte Kulturen und traditionelle Praktiken in ihrer Region verschwinden, da die Inselbewohner und -bewohnerinnen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen und sich einen neuen Lebensmittelpunkt zu suchen. 

„Wenn die indigene Bevölkerung das Land ihrer Vorfahren verlassen muss, dann verliert sie auch ihre Spiritualität, und junge Menschen wachsen ohne Verbindung zu ihrer Kultur auf“, sagte Kiki, die Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Papua-Neuguinea ist.  Sie koordiniert die Jugendsektion eines Projekts mit der Bezeichnung „Reweaving the Ecological Mat“, das Menschen dazu motivieren soll, zu traditionellen und nachhaltigeren Lebensweisen zurückzukehren und ihr Land zu bewirtschaften. 

Zuzanna Welman von der Evangelischen Kirche der Augsburger Konfession in Polen betonte die Bedeutung kleiner, lokaler Initiativen und wies darauf hin, dass „jede große globale Bewegung zunächst auf lokaler Ebene beginnt.“ Als Mitglied der LWB-Delegation auf dem COP 26-Gipfel in Glasgow im November berichtet sie, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen ihre Sorgen auf dieser globalen Veranstaltung zu Gehör bringen konnten. Jetzt sind sie wieder zurück in ihren lokalen Kontexten und arbeiten mit jungen Menschen in den Kirchen, um etwas auf regionaler und nationaler Ebene zu bewirken.

Doris Mwikali, Leiterin des nationalen Klimaaktionsprogramms des Jugendrotkreuzes Kenia, wiederholte, dass „Aufklärungsarbeit zum Klimawandel eine fundamentale Voraussetzung für die Bewältigung der Klimakrise ist.“ Leider wissen aber zahlreiche jungen Menschen in ihrer Region nichts über das Pariser Abkommen oder wie sie mit eigenen Aktionen dazu beitragen können, die „politischen Führungskräfte zur Verantwortung zu ziehen.“ Eine signifikante Herausforderung, so sagte sie weiter, sei das Problem des „Tokenismus“ – das bedeutet, dass junge Menschen keinen Platz am Entscheider-Tisch bekommen, sondern an einen „Kindertisch“ gesetzt werden, der sich außerhalb der Foren befindet, auf denen Klimalösungen debattiert und beschlossen werden.  

Romario Andrés Dohmann, ehemaliger Jugendkoordinator der Evangelische Kirche am La Plata in Argentinien, berichtete aus seinem lateinamerikanischen Kontext.  Er erzählte über die Dürren und Waldbrände, die vor kurzen Tausende Hektar Regenwald in seiner Region zerstört haben. Dort befindet sich das zweitgrößte Flussgebiet Südamerikas.  Als Leiter eines von der Kirche durchgeführten Wiederaufforstungsprojekts ist er für die ambitionierte Initiative junger Freiwilliger zuständig, die bis Ende 2022 rund 180.000 Bäume pflanzen wollen. Auf Umweltworkshops werden junge Menschen ebenfalls dazu motiviert, „sich mit kleinen Aktionen gegen den alles verschlingenden Kapitalismus zu wehren“, indem sie lokale Lebensmittel und Produkte kaufen. 

 

LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt sprach ebenfalls auf der Veranstaltung und forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, „dafür zu sorgen, dass Wissen, Erfahrungen, spezielle Bedürfnisse und Fähigkeiten von Frauen, Mädchen und jungen Menschen bei der Ausarbeitung, Gestaltung und Durchführung von Programmen gegen den Klimawandel berücksichtigt werden.“  Sie betonte, dass der LWB Klimagerechtigkeit als eine generationsübergreifende Gerechtigkeit ansehe und sich dafür einsetze, die von Gott gegebene Würde jedes Menschen und die Integrität der Schöpfung zu bekräftigen. „Die Klimakrise wirkt sich unverhältnismäßig stark auf junge Menschen und ihre Zukunftsaussichten aus, und trotzdem werden sie oft von den Diskussionen ausgeschlossen, wenn es um nachhaltige und gerechte Klimalösungen geht“, sagte sie.

Ein anderer bekannter Klimaaktivist, Khulekani Magwaza von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im südlichen Afrika, war der Diskussionsleiter auf der Veranstaltung. Er ist Mitglied des LWB-Rates, war Jugenddelegierter auf den letzten beiden COP-Gipfeln und arbeitet als Koordinator für Klimagerechtigkeit am Umweltinstitut der Glaubensgemeinschaften des südlichen Afrikas. Er befürwortete die Appelle der Podiumsgäste, die die Staats- und Regierungschefs der Welt nachdrücklich aufforderten, „Stolz und persönliche Interessen außen vor zu lassen“ und dringend erforderliche Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen.

„Entscheidungen müssen auf der Grundlage von Wissen und praktischen Erfahrungen derjenigen getroffen werden, die unter den Auswirkungen der Krise leiden“, insistierte Dohmann. Junge Menschen handeln bereits, um diese Probleme zu lösen. Die Kirchen seien, so Mwikali, gut aufgestellt, um die Situation in diesen lokalen Gemeinschaften zu verstehen und dort Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Er forderte die Regierungen auf, „Geld in die Hand zu nehmen und diese besten Praktiken weiter auszubauen.“ „Jetzt müssen wir handeln“, sagte Kiki abschließend: „Wir leiden hier und heute, deshalb brauchen wir Ihre Taten und keine politische Rhetorik.“

 

Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken