LWB richtet im Flüchtlingslager Za‘atari besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse der Kinder
(LWI) Asia (15) und Fatimah (13) sind zwei Schwestern aus einem Dorf in der Region Daraa im südlichen Syrien. Vor einem Monat kamen sie zusammen mit ihrer Familie – Vater, Mutter, die drei jüngere Brüder und die Grossmutter väterlicherseits – mit dem Auto in das Flüchtlingslager Za‘atari im Norden Jordaniens. Wie so viele andere verliessen sie ihr Dorf um der Gewalt und Zerstörung des bewaffneten Konflikts zu entkommen, der bereits mehr als zwei Jahre andauert und 1,6 Millionen Menschen zwang, in den Nachbarländern wie Jordanien Zuflucht zu suchen.
Die Familie lebt in zwei Zelten im Flüchtlingslager Za‘atari: ein Zelt für die Eltern und Kinder und eines für ihre Grossmutter, die auch Asia heisst. In den Zelten ist es staubig und das Trinkwasser, das sie aus den gemeinschaftlich genutzten Tanks zapfen, ist sandig. Pro Strasse, an der bis zu 80 Zelte stehen können, gibt es gerade einmal eine Küche und einen Waschraum.
Die stärker werdenden Kämpfe vertreiben immer mehr SyrierInnen aus ihrem Land. In Jordanien, wo sich momentan mehr als 470.000 syrische Flüchtlinge aufhalten, ist der Zustrom eine enorme Herausforderung für die Hilfsorganisationen wie den Lutherischen Weltbund (LWB) und die anderen Organisationen, die mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und der jordanischen Regierung zusammenarbeiten.
Durch ein von der LWB-Abteilung für Weltdienst (AWD) koordiniertes Nothilfeprogramm unterstützt der LWB die Flüchtlinge in Za‘atari seit August 2012, als die Zahl der Flüchtlinge noch 25.000 betrug. Der LWB unterstützt mit der Verwaltung des Flüchtlingslagers derzeit mehr als 142.000 Menschen. Weitere Hilfsangebote umfassen die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern, Bildungsangebote Schutzmassnahmen für Kinder sowie psychologische und psychosoziale Betreuung.
Weitere Familienangehörige
In die Heimat zurückzukehren ist momentan keine Option für Asias Familie. Die schwierige Flucht über Hinterwege und Umwege, wo sie Regierungssoldaten erzählten, sie wollen lediglich in ein anderes Dorf in der Region ziehen, ist gerade einmal zwei Monaten her, so Asia, die Grossmutter der Mädchen. Die Familie habe auf ihrer Flucht viele Kämpfe und zerstörte Häuser gesehen, schreckliche Geschichten von Gewalt und psychologischer Traumata gehört, Geschichten, in denen die Menschen „vor Angst starben“. Über ihre Mobiltelefone halten sie Kontakt zu Verwandten, die noch in Syrien sind, hören aber oft nur schlechte Nachrichten.
Fürs Erste haben sie sich in Za‘atari niedergelassen und bekommen Lebensmittelmarken, aber die Mengen sind begrenzt und die Hitze zu dieser Jahreszeit ist unerträglich. Obwohl sich die Familie danach sehnt, in die Heimat zurückzukehren, sehen sie kein Ende der Krise. „Ich bin so einsam und weine jeden Tag“, sagt die junge Asia. Ihre Freundinnen von zuhause, so fügt sie hinzu, seien über die ganze Region verstreut, sogar bis in die Türkei und den Libanon.
„Die Flüchtlinge, mit denen wir zusammenarbeiten, hoffen auf ein Ende des Konfliktes, so dass sie in die Heimat zurückkehren und ihre Häuser und ihr Leben wieder aufbauen können. Je länger die Vertreibung anhält, desto mehr bekommt es jeder und jede Einzelne zu spüren, insbesondere die Kinder und Jugendlichen“, sagt Roland Schlott, AWD-Programmreferent für Asien.
Kinderschutz und psychosoziale Betreuung
Kinder unter 18 Jahren stellen 55 Prozent der syrischen Flüchtlinge. „Die Zerstörung vieler Schulen während des Konfliktes und die anschliessende Vertreibung der Familien unterbricht den geregelten Schulbesuch der Kinder über Monate. In manchen Gebieten findet aufgrund der intensiven Kämpfe schon seit mehr als zwei Jahren kein Unterricht statt“, erklärt Nader Duqmaq, Koordinator des LWB-Nothilfeprogramms in Jordanien.
In Za‘atari gehen von schätzungsweise 36.000 Kindern im schulfähigen Alter nur etwa 10.000 zur Schule. Asia geht auf keine Schule im Flüchtlingslager und hat seit der Ankunft der Familie keine Freunde gefunden. Sie verbringt die Tage mit dem Putzen des Zeltes und geht mit ihrer Mutter oder Grossmutter Wasser holen. Sie sagt, sie wolle Informatikerin werden, aber in den wenigen Schulen im Flüchtlingslager gibt es keine Informatikkurse.
Fatimah besucht eine vom UN-Kinderhilfswerk UNICEF betriebene Schule, die nicht weit vom Zelt der Familie entfernt liegt. Den Mitarbeitenden des LWB erzählt sie stolz, dass sie in der Schule bereits viele Freunde gefunden habe und später einmal Ärztin werden möchte.
Durch die Besuche der LWB-Mitarbeitenden bei den einzelnen Flüchtlingsfamilien, bekommen Familien wie die von Asia Informationen zu den Hilfsmassnahmen für Flüchtlinge, die von den verschiedenen humanitären Organisationen im Lager angeboten werden.
Starke Einschränkungen
Schlott bekräftigt jedoch auch, dass die Arbeit des LWB in Za‘atari aufgrund fehlender finanzieller Mittel stark eingeschränkt ist und die Massnahmen nicht ausgedehnt werden können.
Er betont, dass das LWB-Länderprogramm in Jordanien durch psychosoziale Betreuung, wie Beratung, gemeinsame Aktivitäten für Kinder und Erwachsene, aber auch Schulungen für Friedensschaffung und Konfliktlösung weiterhin auf die Bedürfnisse der Flüchtlinge im Lager eingehen wird. Es ist geplant in den kommenden Wochen leichte Kleidung für das warme Wetter, Sandalen und Bettwäsche zu verteilen.
(Heather Patterson, Mitarbeitenden des LWB/AWD-Länderprogramms in Jordanien, trug zu diesem Artikel bei.)