Pfr. Junge erläutert den Inhalt der Publikation „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ während der jährlichen Scherer-Lecture in Chicago
Chicago, USA/Genf, 14. Oktober 2015 (LWI) – Indem Menschen lutherischen und römisch-katholischen Glaubens gemeinsam die Geschichte der Reformation erzählen, legen sie einer fragmentierten Welt ein beeindruckendes Zeugnis ab, sagt Pfr. Dr. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB).
Während seiner Rede in der Lutheran School of Theology in Chicago, USA, erklärte Junge, dass gemeinsame Betrachtungen zur Geschichte der Reformation der Kirche im 16. Jahrhundert in der Publikation Vom Konflikt zur Gemeinschaft einen wichtigen Beitrag dazu leisteten, die lutherisch-katholischen Beziehungen zu einem gemeinsamen Zeugnis in der Welt zu transformieren.
Veröffentlicht im Jahre 2013 von der lutherisch/römisch-katholischen Kommission für die Einheit, ist diese Publikation der erste Versuch von LutheranerInnen und KatholikInnen, gemeinsam die Geschichte der Reformation zu beschreiben, deren 500. Jahrestag im Jahre 2017 zu begehen ist.
Während die Globalisierung die Menschen und die Gemeinschaften auseinanderzutreiben scheint, empfinden die Menschen überall auf der Welt das tiefe Verlangen nach einer gemeinsamen Humanität, die gekennzeichnet ist durch Inklusion und Interdependenz, sagte Junge.
„Ist es zu anmassend zu glauben, dass die deutliche Botschaft in der Publikation Vom Konflikt zur Gemeinschaft eine Antwort auf die Sehnsucht der Menschen ist?“, fragte Junge während der Scherer-Lecture 2015 auf seinem Seminar am 13. Oktober.
„Ist es zu optimistisch zu denken, dass die Selbstverpflichtung der Menschen katholischen und lutherischen Glaubens, mit Vorsatz alle Konflikte hinter sich zu lassen und eine tiefere Ebenen der Beziehungen der Gemeinschaft erreichen, eine machtvolle Vision, Hoffnung und Zuspruch für Menschen sein kann, die sonst nur Zerstörung und Gewalt erleben?“
In seiner Ansprache Vom Konflikt zur Gemeinschaft – ein prophetisches Zeugnis in einer fragmentierten Welt hat Junge Wert auf die Feststellung gelegt, dass das Reformationsjubiläum 2017 keine Triumphfeier sein wird.
„Ein Reformationsgedenken ohne die tief empfundene Klage über den gebrochenen Leib Christi in den Gemeinschaften und Familien und ohne das Eingeständnis einer blinden politischen Interessenausrichtung wäre ein historischer Fehler“, fügte er hinzu.
Neues Kapitel einer tieferen Gemeinschaft
In seiner Beschreibung der zu erwartenden Rezeption der Veröffentlichung durch lutherische und römisch-katholische Gemeinden stellte Junge fest, dass der LWB und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen am 31. Oktober 2016 in Lund, Schweden eine gemeinsame ökumenische Veranstaltung organisieren. Dort wurde der LWB einst gegründet.
Es soll ein gemeinsames Gebet stattfinden, das auf die Gaben der Reformation und die Klagen über die Brüche eingeht. Die beiden Institutionen sind „dem gemeinsamen Zeugnis für eine verwundete und fragmentierte Welt verpflichtet“. Der Generalsekretär äusserte die Hoffnung, dass die lutherischen Gemeinden diese Ressource gemeinsam mit ihren katholischen Nachbarn nutzen werden.
Junge sagte, es sei wichtig, die Erwartung zahlreicher getaufter Menschen katholischen und lutherischen Glaubens zu erkennen (die „getreu Gottesdienste besuchen, sich für die Armen einsetzen und sich für Gerechtigkeit stark machen“), dass die Einheit der Kirche letztlich in einer gemeinsamen Heiligen Kommunion zum Ausdruck kommen kann.
„Unsere Botschaft lautet, die nächste Seite aufzuschlagen, Konflikte hinter uns zu lassen und das nächste Kapitel einer tieferen Gemeinschaft zu schreiben. Alles, was wir als gemeinsames Zeugnis in unserer gebrochenen Welt anbieten, wird unweigerlich dort zu finden sein müssen, wo es in seiner tiefsten und innigsten Weise zum Ausdruck kommt – am Tisch des Herrn“, fügte er hinzu.
Er beschrieb die gemeinsame Verantwortung, den Bericht verfügbar zu machen und hinzuweisen auf seine Bedeutung als „kühner, prophetischer Schritt des Konfliktverzichts, damit unsere Hände, unsere Köpfe und unsere Herzen offen sind, die Gemeinschaft als Gottes Gabe zu empfangen“.