Botschaft der LWB-Tagung in Windhuk
Windhuk (Namibia)/Genf, 9. November 2015 (LWI) – Eine Theologie, die zum gesellschaftlichen Wandel beitragen will, muss einen Bezug haben zu den Kontexten, in denen sie angewendet wird, kritische und kreative Ansätze anbieten und konkrete Probleme ansprechen.
TheologInnen aus der lutherischen und anderen christlichen Traditionen sehen vier Charakteristika – Kontextualität, Kreativität, kritische Wahrnehmung und den konkreten Bezug – als wesentlich für die Vorbereitungen des Lutherischen Weltbundes (LWB) auf das 500. Reformationsjubiläum 2017.
In einer Botschaft zum Reformationstag (in englischer Sprache) am 31. Oktober forderten die 70 WissenschaftlerInnen, der LWB müsse die Fähigkeit seiner Mitgliedskirchen stärken, Politik, Wirtschaft und Theologie zu vereinen in dem Bemühen, die Gesellschaft entsprechend der Vision Gottes von einem Leben in Fülle für alle zu wandeln.
Die Tagung unter dem Thema „Reformation in globaler Perspektive – Wechselwirkungen zwischen Theologie, Politik und Ökonomie“ fand vom 28. Oktober bis 1. November in Windhuk (Namibia) statt.
In ihrer Botschaft betonen die Teilnehmenden: „Sind wir sensibel für den Kontext, so offenbart sich die Notwendigkeit der kritischen Reflexion über die eigenen verallgemeinernden Sichtweisen sowie über den Kontext selbst. Eine kritische Reflexion führt zu der Erkenntnis, welche Dynamik von Macht und Privilegien überwunden werden muss, was Kreativität freisetzt, die wiederum zu konkretem Handeln führt.“
Ist Theologie kontextuell, hat sie Raum für unterschiedliche Ansätze, das Wort Gottes zu hören, auf die Gegenwart Gottes Bezug zu nehmen und sich den vielfältigen Nöten der Welt theoretisch wie praktisch zu stellen. Weiter gehören hierzu auch unterschiedliche Formen der Auseinandersetzung mit anderen Religionen, so die Tagungsbotschaft.
Die TheologInnen heben hervor, dass die kritische Dimension der Theologie ein Hinterfragen von Gewissheiten sowie von Machtzentren beinhaltet, die den öffentlichen Raum blockieren oder Menschen ausgrenzen. Eine kritische Theologie ist sich ihrer eigenen Grenzen, Voreingenommenheit und ihres Eigeninteresses bewusst, so ihre Analyse.
Eine kreative Theologie wiederum ist gekennzeichnet von dem Mut, Neues zu denken, das Verständnis vom Willen Gottes zu vertiefen und dynamische liturgische und biblische Materialien hervorzubringen. Sie bietet praktische Lösungen und Alternativen an, um Theologie, Politik und Wirtschaft in dem Bemühen um Wandel in der Gesellschaft zu vereinen.
Die Tagungsteilnehmenden waren sich darüber einig, dass Theologie, wenn sie konkret sein will, sich aktiv positionieren muss gegen Unrecht im ökonomischen Bereich, in den Geschlechterbeziehungen sowie im Blick auf das Klima, dass sie Strukturen, Prinzipien und eine Praxis reformieren muss, die Unrecht zementieren, und Geistliche wie LaiInnen befähigen muss, sich mit dem politischen und wirtschaftlichen Bereich auseinanderzusetzen.
„Eine Wandel bewirkende Theologie erfordert und ermöglicht das Sehen mit neuen Augen, das Aussprechen der Wahrheit über die Realität, mit der wir konfrontiert sind. Mit neuen Augen zu sehen wird möglich durch die Kirchengemeinschaft und die in ihr bestehenden Unterschiede. Tiefe und vertrauensvolle Beziehungen innerhalb der Communio befähigen uns, die Realität durch die Augen der anderen zu sehen“ so die Botschaft.
„Deswegen sind wir zutiefst dankbar für die Unterschiede zwischen uns“, lautet das Fazit der VertreterInnen von Kirchen und theologischen Einrichtungen aus Afrika, Asien, Europa sowie Nord- und Lateinamerika. „Genau so funktioniert Communio, genau das ist Communio.“