Berater des LWB-Rates berichtet über Massnahmen zur Überwindung der Gewalt gegen Frauen
Genf, 3. Juli 2014 (LWI) – Die Gründung eines Netzwerks von Juristinnen, die Opfern von geschlechtsspezifischer Gewalt beistehen, ist Teil einer ganzen Reihe von Massnahmen, die indische LutheranerInnen zur Umsetzung des LWB-Grundsatzpapiers zum Thema Gendergerechtigkeit ergriffen haben. Bischof Dr. Busi Suneel Bhanu vom Gurukul Lutheran Theological College in Kilpauk (Indien) berichtete, die Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Indien (VELKI) hätten ihr Engagement zur Überwindung der Gewalt gegen Frauen verstärkt.
Angesichts der öffentlichen Proteste nach dem Tod einer Studentin, die im Dezember 2012 Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden war, schalteten sich die Kirchen in die Debatte über die Rechte und den Schutz von Frauen ein. In einem Schreiben an die VELKI, den Dachverband der indischen LWB-Mitgliedskirchen, hatte LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge die Kirchen ermutigt, die Zivilgesellschaft bei ihrem „mutigen Schritt“ zu einem tiefgreifenden Wandel zu unterstützen, damit Situationen, wie sie die junge Frau erlebte, „auf immer überwunden werden“.
„Zivilgesellschaft und Kirchen appellierten an die Regierung“, berichtete Bhanu. „Die Gerichte hatten bereits gewisse Richtlinien zum Schutz von Frauen aufgestellt. Im Anschluss an diesen Fall haben die Gerichte sogar ein Gesetz erlassen.“
Bewusstsein wecken
Zwar setzen sich die christlichen Kirchen in Indien seit mehr als einem Jahrzehnt für Frauenrechte ein, der tragische Tod der Studentin weckte jedoch ein neues Bewusstsein, so der Bischof. „In Indien werden Frauen traditionell als Lustobjekt angesehen. Ihre Würde gilt weniger als die Würde des Mannes.“
Als Dekan des Gurukul Lutheran Theological College, wo die landesweite Ausbildung von Geistlichen angesiedelt ist, arbeitet Prof. Dr. Bhanu darauf hin, das Grundsatzpapier Gendergerechtigkeit „den Leuten in der Kirchenbank“ nahezubringen.
Das Dokument „wurde an alle Kirchenleitenden verteilt und wir haben sie gebeten, es in die regionalen Sprachen zu übersetzen“, erläuterte Bhanu. In den meisten ländlichen Gemeinden würde die englische Fassung nicht gelesen, daher habe man die Geistlichen ermutigt, in eigenen Worten in der Ortssprache über Frauenrechte und Gendergerechtigkeit zu reden, etwa in Predigten, offiziellen Kirchenversammlungen und örtlichen Veranstaltungen.
Die veränderte Sicht „muss langsam bis zu den Massen durchdringen“, erklärte Bhanu. „Ich bin froh, dass einige unserer Geistlichen ein starkes Bewusstsein für diese Argumente haben und den einfachen Gläubigen sowohl Informationen vermitteln als sich auch für einen Wandel ihres Bewusstseins einsetzen.“
„Theologische Inkraftsetzung“
Gendergerechtigkeit ist nicht nur Bürger- und Menschenrecht, sondern auch fest in der Bibel verankert, betonte Bhanu. „Jesus war immer bemüht, den Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, denen sie vorenthalten wurde.“
Diese „theologische Inkraftsetzung des Gesetzes“, wie der Bischof sie nennt, werde in Kursen mit Geistlichen aus ganz Indien diskutiert.
„Wir laden sie immer einmal wieder ein, für drei Tage in unser Seminar zurückzukommen, und wollen mit ihnen diskutieren, was in der Zivilgesellschaft vor sich geht und welche Verantwortung den Kirchen zukommt.“
Das wichtigste Projekt des Seminars ist allerdings ein Netzwerk von Juristinnen. „Wir haben eine landesweite Tagung angedacht, bei der Rechtsanwältinnen insbesondere aus den christlichen Kirchen, aber auch ausgewählte Juristinnen mit anderem Glaubenshintergrund zusammentreffen können, wobei die Möglichkeit einer Vernetzung im Mittelpunkt steht“, erläuterte Bhanu.
Ein solches Netzwerk solle in allen grossen indischen Städten eine Vertretung haben und Opfern von geschlechtsspezifischer Gewalt Unterstützung und juristischen Beistand bieten. Die Tagung ist für Anfang 2015 geplant.
Es gebe eine Liste mit 30 Namen, aber der Bischof erwartet, dass die Zahl deutlich steigen werde, sobald die Tagung auf der regionalen Ebene beworben werde. „Die Durchsetzung der Frauenrechte erfordert viel Zeit, Indien ist eine sehr traditionelle Gesellschaft“, so Bhanu. „Aber wir freuen uns sehr darauf, sie Wirklichkeit werden zu lassen.“