Lutherische Kirchen unterstützen Dorfbevölkerung im Kampf für den Regenwald
(LWI) – Die Menschen aus Pandumaan in der indonesischen Provinz Nordsumatra ernten und verarbeiten seit 300 Jahren in einem der letzten unberührten Regenwälder der Region Benzoeharz. Diese Tradition geben sie von Generation zu Generation weiter.
Unterschiedliche Arten von Weihrauchbäumen liefern das Harz, das seit Jahrtausenden als Bestandteil von Düften und Heilmitteln Verwendung findet und Kaufleute in die Region lockt.
Die Einheimischen glauben, der Weihrauch, den die Weisen aus dem Morgenland dem Jesuskind in der biblischen Erzählung als Geschenk überreicht haben, sei Benzoeharz aus ihrem Dorf gewesen.
„Das ist nicht nur eine Geschichte, wir glauben und bewahren diese Überzeugung schon seit Generationen“, sagt Weihrauchbauer Sinambela.
Neben der religiösen Bedeutung des Baumes hat sein wirtschaftlicher Nutzen es den Menschen ermöglicht, ihre Kinder an die Universität zu schicken, Lebensmittel für ihre Familien zu kaufen, Häuser zu bauen und mit den NachbarInnen zu feiern.
Doch jetzt sind ihre Lebensgrundlage und ihre Lebensweise bedroht.
Umwelt und Rechte der Landbevölkerung
Es gibt Pläne, etwa 5.000 Hektar Wald, in dem Benzoeharz gewonnen wird, abzuholzen und durch Eukalyptusplantagen zu ersetzen, die eine Papierfabrik in Nordsumatra versorgen sollen. Die bäuerlichen Familien laufen damit Gefahr, ihre einzige Einkommensquelle zu verlieren.
Durch die Vergabe einer Konzession durch das Forstministerium erhält das Unternehmen, dem die Papierfabrik gehört, das Recht, den Regenwald in Nutzwald umzuwandeln. Dadurch würden sich auch anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen Möglichkeiten eröffnen, ein seit Generationen von der örtlichen Bevölkerung genutztes Gemeingut auszubeuten.
Die Einheimischen leisten Widerstand gegen diese Veränderung und haben mehrfach gegen das Unternehmen demonstriert. Die Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Indonesien, darunter die Protestantisch-Christliche Batak-Kirche (HKBP), die Christlich-Protestantische Kirche in Indonesien (GKPI) sowie die Indonesische Christliche Kirche (HKI), haben ihre Besorgnis über die Situation der bäuerlichen Familien und die Umweltzerstörung zum Ausdruck gebracht, die mit der Zerstörung der traditionell von der Dorfbevölkerung genutzten Wälder einhergehen würde.
Gemeinsam mit der Gemeinde der HKBP in Pandumaan und dem Nationalen Komitee des LWB sprechen sich auch Kirchenleitende gegen die staatlich geplante Ausbeutung des betroffenen Waldes aus und betonen, ein solches Vorgehen würde den Menschen Schaden zufügen, die von diesem Ökosystem abhängig sind. Im Februar 2013 nahm die Polizei nach einem Zusammenstoss mit dem Unternehmen eine Gruppe von 16 Protestierenden fest. Auf die Vermittlung lutherischer Kirchenleitender hin wurden die Inhaftierten einen Monat später wieder freigelassen.
Patut Sipahutar, Bischof der GKPI, setzte sich damals für die Freilassung ein und erklärte gegenüber der Polizei, die Menschen aus dem Dorf – darunter auch Mitglieder der lutherischen und anderer Kirchengemeinden, seien keine Kriminellen, sondern stellten sich lediglich schützend vor den Wald, um ihr eigenes Überleben zu sichern.
„Sie haben Unrecht erfahren von dem Unternehmen, das auf ihrem Lanfd ihren Wald abholzt, Schaden verursacht und Menschenrechte verletzt, und das ihnen ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verweigert“, betonte Sipahutar.
Zivilgesellschaft und Kirchen engagierten sich auch gegen die mit der Abholzung verbundene Umweltzerstörung und forderten eine Änderung der Forstgesetze.
Im Mai wurde schliesslich das national geltende Recht revidiert. Nun wird der Anspruch indigener Gruppen auf die Bewirtschaftung der Wälder anerkannt, für die sie seit Generationen traditionell Sorge tragen. Weihrauchbäume sind nun vom Gesetz geschützt.
Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen appellieren aber weiterhin an die lokalen Behörden, dem Gesetz Geltung zu verschaffen.
„Es ist beinahe unmöglich, ohne die Weihrauchbäume zu leben. Nur durch sie können wir unsere Familien ernähren und unseren Kindern Bildung ermöglichen“, so das Fazit der Einheimischen.
Bergbau und Plantagen
Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation KSPPM, die sich für die Rechte der Menschen vor Ort einsetzt, konnte eine bäuerliche Familie jährlich bis zu 500 Kilogramm Harz ernten, bevor die derzeitigen Versuche, die ursprünglichen Wälder abzuholzen, einsetzten. Ein Kilogramm erstklassiges Harz erbringt 120.000 Indonesische Rupiah, so kann eine Familie jährlich bis zu 60 Millionen Rupiah (fast USD 5.000) verdienen. Andere Waldprodukte – Rattan, Honig und Wildfrüchte – sowie landwirtschaftliche Produkte – etwa Kaffee, Reis und verschiedene Knollengewächse - ergänzen das Einkommen. Sie alle sind Teil des Ökosystems, das nun von Abholzung bedroht ist.
Nach Schätzungen des indonesischen Umweltforums WALHI verlor das Land bis 2013 40 Millionen Hektar Wald von einer Gesamtfläche von etwa 140 Millionen Hektar, vor allem auf Java, Sumatra, Kalimantan, Sulawesi und Papua. Das Umweltforum weist darauf hin, dass Bergbau- und Plantagenunternehmen inzwischen die Hauptverursacher von Umweltzerstörung sind.
Die 12 LWB-Mitgliedskirchen in Indonesien vertreten über 6 Millionen ChristInnen, die hauptsächlich in der Provinz Nordsumatra leben.
(Ein Beitrag von LWI-Korrespondent Fernando Sihotang.)