Inklusiv, der Gerechtigkeit verpflichtet und bedarfsgerecht: eine Vision für theologische Ausbildung

Die Verantwortlichen für theologische Ausbildung in den LWB-Mitgliedskirchen haben sich auf ihre Schwerpunktaktivitäten für die nächsten drei Jahre geeinigt, die den dringendsten Bedürfnissen der Kirchen in verschiedenen Regionen Rechnung tragen. 

11 Nov. 2024
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Teilnehmende an der Sitzung der TEF-Lenkungsgruppe vom 4. bis 6. November in Genf, Schweiz. Foto: LWB/S. Gallay

Teilnehmende an der Sitzung der TEF-Lenkungsgruppe vom 4. bis 6. November in Genf, Schweiz. Foto: LWB/S. Gallay

Lenkungsgruppe für theologische Aus und Weiterbildung legt Prioritäten für 2025-2027 fest 

(LWI) – Die Leitenden von theologischen Ausbildungsstätten der Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) der verschiedenen Weltregionen haben anhand der in allen Regionen festgestellten dringenden Bedürfnissen Schwerpunkte für die Netzwerkarbeit für die kommenden Jahre festgelegt: Öko-Theologie, Spiritualität, irreführende Theologien und Gendergerechtigkeit. 

Die globale Lenkungsgruppe des Netzwerks für Theologische Aus- und Weiterbildung und (TEF) ist vom 4. bis 6. November in Genf zu einem ersten persönlichen Treffen zusammengekommen. Beteiligt waren insgesamt 21 Vertreterinnen und Vertreter von theologischen Seminaren, Fakultäten, Akademien und kirchlichen Einrichtungen aus allen sieben LWB-Regionen. Die für 2025–2027 geplanten Aktivitäten sind u.a. monatliche Online-Treffen und die Entwicklung gemeinsamer Online-Kurse.

Die Dreizehnte Vollversammlung hatte eine stärkere Vernetzung zwischen theologischen Ausbildungsstätten gefordert und deren entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Bildung und Ausbildung zur Unterstützung der LWB-Mitgliedskirchen bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen betont, so Pfarrerin Dr. Eva Harasta, Leiterin des Programms für Globale Lutherische Theologie. „Das TEF-Treffen hat hierfür eine gute Grundlage für die kommenden Jahre geschaffen. Wir hoffen, dass sich viele der Lehreinrichtungen durch Vernetzung gegenseitig unterstützen und zur Stärkung der lutherischen Kirchengemeinschaft beitragen können“, fügte sie hinzu. 

Die Moderatorin der Lenkungsgruppe, Pfarrerin Dr. Kayko Driedger Hesslein, Studiendekanin am Evangelisch-Lutherischen Theologischen Seminar in Saskatoon (Kanada), sagte, eines der Themen, die bei dem Treffen deutlich geworden seien, sei das globale Ungleichgewicht beim Zugang zu Ressourcen. Für Hesslein komme es darauf an, wie theologische Institutionen den gegenseitigen Austausch und das Empfangen von Ressourcen erleichtern könnten. „Meiner Ansicht nach ist das ein kontinuierlicher Prozess des Teilens, der Bewertung und des Austauschs über die Frage, „wo brauche ich gerade Unterstützung, oder was habe ich gerade zur Verfügung?“.

Laut Hesslein gebe es weltweit einen Wandel in der theologischen Ausbildung hin zur Verbindung von Wissen mit dem Erzählen von Geschichten und dem „Lernen mit dem Herzen“. Es sei wichtig und hilfreich beim Verständnis für die eigene lutherische Identität, sagte Hesslein, mit ihren Studierenden die Geschichten von anderen Lutheranerinnen und Lutheraner weltweit zu teilen. „Wie verankern wir diese Geschichten in der lutherischen Identität und in der Bildungsarbeit. Und wie machen wir sie kontextbezogen relevant? Diese Fragen stellen wir uns alle. Es tut gut zu wissen, dass unser Seminar nicht das einzige ist, das versucht, eine Antwort darauf zu finden“, so die Moderatorin der globalen TEF-Lenkungsgruppe. 

Öko-Theologie und Klimagerechtigkeit 

Im Rahmen einer gemeinschaftsweiten Initiative mit theologischen Materialien aus mehreren Kirchen setzt sich der LWB weiterhin für den Kampf gegen die Klimakrise ein. Pfarrer Thomas Berbom, leitender theologischer Berater der Norwegischen Kirche, zitierte hierzu God‘s Creation – our home (Gottes Schöpfung – unsere Heimat), eine Liturgie der norwegischen Bischofskonferenz über die Begegnung zwischen christlichem Glauben, Schöpfung und Klimakrise. Die Norwegische Kirche bietet auch einen Kurs in Öko-Theologie für ordinierte Pfarrpersonen an. Das TEF wird sich u.a. der Aufgaben widmen, solches Material zusammenzutragen, Beiträge zu den Online-Ressourcen des LWB zum Thema Klimagerechtigkeit zu leisten und Initiativen wie beispielsweise die von den LWB-Jugendprojekten zur Klimagerechtigkeit angeregten Gartennetzwerke auf dem Campus zu fördern.“

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Die erste Präsenzsitzung der Lenkungsgruppe. Auf dem Foto leitet Pfarrerin Dr. Eva Harasta, Programmleiterin für Globale Lutherische Theologie, eine der Sitzungen. Foto: LWB/S. Gallay

Die erste Präsenzsitzung der Lenkungsgruppe. Auf dem Foto leitet Pfarrerin Dr. Eva Harasta, Programmleiterin für Globale Lutherische Theologie, eine der Sitzungen. Foto: LWB/S. Gallay

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Pfarrer Dr. Ho-Yin Kenneth Tsang (Hongkong) (mit Mikrofon) und Pfarrer Dr. Binsar J. Pakpahan (Indonesien) stellen Themen aus der asiatischen Region vor. Foto: LWF/S. Gallay

Pfarrer Dr. Ho-Yin Kenneth Tsang (Hongkong) (mit Mikrofon) und Pfarrer Dr. Binsar J. Pakpahan (Indonesien) stellen Themen aus der asiatischen Region vor. Foto: LWF/S. Gallay

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Weibliche Mitglieder der TEF-Lenkungsgruppe und Mitarbeitende des LWB bei der Sitzung in Genf. Foto: LWB/E. Harasta

Weibliche Mitglieder der TEF-Lenkungsgruppe und Mitarbeitende des LWB bei der Sitzung in Genf. Foto: LWB/E. Harasta

Irreführende Theologien  

Die Gruppe sprach über die Notwendigkeit von klaren Strategien, Definitionen, Kriterien und praktischen Instrumenten, um festzustellen, was irreführende Theologien sind und wie Kirchen damit umgehen können. „Wie können wir das Evangelium aus unserem lutherischen Verständnis heraus mit Bedeutung füllen, durch Theologien, die unterdrückten Menschen wie etwa den Dalits in Asien Freiheit bringen?“, fragte Pfr. Dr. Songram Basumatary, Leiter des Gurukul Theological College & Research Institute in Chennai, Indien. Für ihn komme es darauf an, einen praktischen Ansatz zu verfolgen, der die Befreiung aller Menschen in den Mittelpunkt stelle.

Gendergerechtigkeit 

Die Teilnehmenden entwarfen Strategien zur Förderung der Gendergerechtigkeit, beispielsweise die Einrichtung eines Netzwerks weiblicher Fakultätsmitglieder, die stärkere Einbeziehung von Frauenforschung in die theologische Ausbildung und die Einbindung von Männern in die Arbeit für Gendergerechtigkeit in allen Regionen und unterschiedlichen Kontexten. Pfarrerin Dr. Ángela Trejo Haager, Leiterin des Evangelischen-Augsburgischen Lutherischen Seminars (Seminario Luterano Augsburgo - SEMLA) in Mexiko-Stadt, erklärte, dass Lehrmaterialien zu den Rechten von Frauen und zur Frauenordination für das Seminar, an dem auch Studierende aus Chile, El Salvador, Honduras, Peru und Venezuela ausgebildet werden, von entscheidender Bedeutung seien. In unseren „stark patriarchalisch geprägten Ländern“ wünschen wir uns einen Süd-Süd-Dialog über unsere lateinamerikanischen Theologien und wollen weiterhin eine prophetische Stimme für Gerechtigkeit sein“, sagte sie. 

Spiritualität, ökumenische Theologie und öffentliches Zeugnis 

Alle LWB-Regionen äußerten den Wunsch nach mehr Sensibilisierung für ökumenische Möglichkeiten. Die Materialsammlung des TEF soll daher Ressourcen zu ökumenischen Dialogen zum Austausch auf der LWB-Lernplattform, sowie einen Erfahrungsaustausch für Studierende, Lehrende und Pfarrpersonen umfassen. Darüber hinaus sollen Schulungen entwickelt werden, die Studierende auf die Rolle des öffentlichen Zeugnisses in ihren Gemeinden vorbereiten sollen. Diese können u.a. Einrichtungen wie das United Lutheran Theological Seminary Paulinum in Namibia nutzen. Der Leiter des Seminars, Pfr. Dr. Daniel S. Ndemuweda, sprach von dem Ziel, „die Theologie von Land, Frieden und Gerechtigkeit zu einem Teil unseres Lehrplans zu machen“, in einem Kontext, in dem der Großteil des Landes im Besitz der Mächtigen ist und die Kluft zwischen Arm und Reich gleichzeitig immer größer wird. 

Zum Thema Spiritualität diskutierten die Teilnehmenden die Frage, ob es um das lutherische Verständnis von Spiritualität oder vielmehr um die Bedeutung lutherischer Spiritualität gehe. Für einen weiteren Reflexionsprozess wird das TEF eine „Spiritualitätsgruppe“ einrichten, die auch online und Resilienz-orientiert arbeiten wird. Mit dieser Initiative soll das spirituelle Wachstum und die Ausbildung von ordinierten und nicht-ordinierten Leitungspersonen in einer vielfältigen theologischen Landschaft gestärkt werden.

Abgesehen von diesen wichtigen Themenfeldern wird die globale TEF-Lenkungsgruppe Modelle für die Einbindung von jungen Menschen an den Entscheidungsprozessen des Netzwerks entwickeln, um die Generationengerechtigkeit weiter zu fördern.

LWB/P. Mumia