Junge Frauen und Männer als interreligiöse Friedensbotschafter

11 Okt. 2017
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Eine Gruppendiskussion während des Trainings mit (v.l.) Hanna Wright-Osborn (Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika), Levi Joniel (Lutherische Kirche Christi in Nigeria) und Angelica Oquendo (Evangelisch-Lutherische Kirche Kolumbiens). Foto: LWB/Ben Gray

Eine Gruppendiskussion während des Trainings mit (v.l.) Hanna Wright-Osborn (Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika), Levi Joniel (Lutherische Kirche Christi in Nigeria) und Angelica Oquendo (Evangelisch-Lutherische Kirche Kolumbiens). Foto: LWB/Ben Gray

LWB-Training für junge Erwachsene in Jerusalem

JERUSALEM/GENF (LWI) – Junge Menschen christlichen und muslimischen Glaubens aus der ganzen Welt nahmen in Jerusalem an einem Training für die Friedensarbeit teil, das ihnen Fertigkeiten und praktische Hilfestellung vermittelte. Ihre Rückkehr nach Hause ist, wie sie selbst sagen, von dem Gefühl geprägt, dass junge Frauen und Männer an der Förderung von Konfliktbewältigung und globalem Frieden aktiv mitwirken können.

Der Lutherische Weltbund (LWB) organisierte sein erstes „Friedensbotschafter-Training“ mit dem Ziel, die Teilnehmenden zu befähigen, in ihren eigenen Gemeinschaften auf lokaler Ebene Schulungen zum Austausch von Fertigkeiten und Erfahrungen durchzuführen.

Während des Workshops, der vom 21. bis 28. September von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELCJHL) ausgerichtet wurde, erwarben die Teilnehmenden die Fähigkeit, verschiedene Konfliktarten zu analysieren, und gewannen ein tieferes Verständnis dessen, was Frieden bedeutet. Sie beschäftigten sich auch mit Instrumenten für Fürsprache (advocacy), Verhandlung und Mediation und damit, wie man diese Fähigkeiten mit individuellen Erfahrungen, Glaubensüberzeugungen und kulturellen Traditionen kombiniert, um sie für spezifische Kontexte relevant zu machen. Diskussionsthemen waren unter anderem gleiche Bürgerrechte (equal citizenship), Menschenrechte in Konfliktsituationen sowie Frauen in der Friedensarbeit. Darüber hinaus berichteten christliche, jüdische und muslimische Religionsführer aus dem Heiligen Land über ihre Erfahrungen.

Ähnlich wie im Heiligen Land, aber doch anders

Hiba Allati von der lutherischen Weihnachtskirche in Bethlehem sagte, sie habe nicht nur aus erster Hand Informationen über die LWB-Kirchengemeinschaft gewonnen, von der sie sehr wenig wusste, sondern auch darüber, wie Menschen verschiedenen Glaubens in anderen Teilen der Welt zusammenleben, und welche Themen sie beschäftigen. Die Berichte ihrer nigerianischen Kollegen, die wie die Palästinenser in einem multikulturellen Kontext leben, seien „eine ganz neue Erfahrung“, da Allati bei ihren Begegnungen mit anderen lutherischen Kirchen oft Pastoren, Jugendliche und andere Besucherinnen und Besucher aus Europa und Nordamerika, aber selten aus Afrika trifft.

„Ich habe gelernt, dass wir alle Menschen und ihre Meinungen respektieren sollten, denn bei Frieden geht es um die Einheit der Menschen“, betont Allati. „Dieser Satz bedeutet mir viel; besonders als Menschen aus verschiedenen Religionen und verschiedenen Ländern sollten wir überall Frieden stiften.“

Eine Plattform für Jugend in Nigeria

Isa Al-Musawi Umar erklärte, dass er sich bemühe, in seinem Heimatland Nigeria, in dem Menschen aus über 400 ethnischen Gruppen unter anderem das Christentum, den Islam, das Judentum oder die afrikanischen traditionellen Religionen praktizieren, eine Plattform zu gründen, in der die jüngere Generation gemeinsam an einem friedlichen Miteinander in der Gemeinschaft bauen kann. Der Grundschullehrer und muslimische Friedensaktivist sagte, dass der Workshop seine Überzeugung bekräftigt habe, dass „auch Geduld ein Werkzeug für das Stiften von Frieden in der Gesellschaft ist“.

Er berichtete, dass es sei für ihn wichtig gewesen sei, Leute wie den ELCJHL-Bischof Dr. Munib A. Younan zu treffen, da er den lutherischen Kirchenleiter als sein „Vorbild als Friedensstifter“ betrachte. Und obgleich Interaktion zwischen Muslimen und Christen in Nigeria alltäglich ist, sagte Umar, dass es ein neues Erlebnis für ihn gewesen sei, dass ein christlicher Bischof „dich zu seinem muslimischen Nachbarn führt, damit er dich zum Gebet [in der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem] begleiten kann“.

Umar sagte, dass er durch den Workshop Wichtiges über Friedensarbeit gelernt habe. Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten über verschiedene Ideen seien in jeder Familie oder Gemeinschaft unvermeidlich. Er erinnerte an islamische Lehren, denen zufolge „es keine Segregation oder Überlegenheit des einen über den anderen gibt, oder die Gelegenheit, sich gegenseitig zu bekämpfen, weil alle von Adam abstammen.“

Finnland: Von der Erklärung zum Handeln

Anna Sisko Tervahartiala aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands sagte, dass das Training den Schwerpunkt auf die Beteiligung junger Menschen an Fragen der Gerechtigkeit gelegt habe. „Für mich geht es bei der Friedensarbeit nicht nur darum, Frieden zu finden und zu sagen, Frieden ist wunderbar, sondern es ist das Handeln, das zählt.“

Tervahartiala, die für das „Netzwerk für religiöse und traditionelle Friedensstifter“ arbeitet, fragte sich, wie die Jugend dabei unterstützt werden könne, zusammenzukommen „und die alten Strukturen herauszufordern“, wenn es um die Suche nach Frieden auf der ganzen Welt geht. Unter Berufung auf den langjährigen israelisch-palästinensischen Konflikt sagte sie: „Ich weiß, dass sich viele Menschen in Finnland aus verschiedenen Gründen scheuen, klare Aussagen dazu zu machen, wie man den Frieden in die Tat umsetzen könnte. Statt nur Erklärungen abzugeben, sollten wir handeln und anfangen, daran zu arbeiten.“

Tervahartiala sagte, dass die Erfahrung anderer Lutheranerinnen und Lutheraner aus der ganzen Welt sie weiterhin in der Überzeugung bestärke, dass wir uns durch Unterschiede in der Religion oder in der christlichen Praxis nicht dabei stören lassen dürften, unser Hauptaugenmerk auf die wesentlichen Kernfragen zu richten. „Ich merke, dass es kein Recht oder Unrecht gibt, sondern dass es darum geht, die Gefühle der anderen zu respektieren; das muss ich ständig lernen. Lutherisch sein ist hier und in Finnland nicht dasselbe, aber wir beten zu demselben Gott.“

Das Training wurde von Marina Doelker, die derzeit mit Unterstützung des Mercator Kollegs für internationale Aufgaben beim LWB tätig ist, sowie von ELCJHL-Jugendpfarrer Ashraf Tannous und LWB-Jugendreferentin Caroline Bader geleitet.

Das Ergebnis des Workshops wird zu einem Handbuch für Friedensbotinnen und Friedensboten beitragen, das von Jugendlichen auf der ganzen Welt genutzt werden soll.

LWF/OCS