Junge Menschen fördern interreligiöse Solidarität, Frieden und Sicherheit
GENF, Schweiz (LWI) – Junge Friedensstiftende aus unterschiedlichen Ländern und Religionsgemeinschaften haben am 1. Dezember ein Online-Brainstorming veranstaltet und Erfahrungen aus ihrer Arbeit während der COVID-19-Pandemie ausgetauscht.
Ein Webinar mit dem Titel „Youth as Agents of Change“ (Junge Menschen als Akteure des Wandels) hat exemplarisch die Problemstellungen und auch die besten Praktiken beschrieben, die in den letzten Monaten von drei interreligiösen Fachleuten entwickelt wurden – einem lutherischen Menschenrechtsaktivisten aus Indonesien, einem Mitglied des Muslimischen Jugendforums in Finnland und einer hinduistischen Vertreterin von Religions for Peace in Südafrika. Der Lutherische Weltbund (LWB), der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und das Netzwerk für religiöse und traditionelle Friedensstifter (NRTP) haben diese digitale Begegnung organisiert.
Die Moderatorin Jessica Roland, beim NRTP in leitender Funktion auf Themen des inklusiven Friedens spezialisiert, eröffnete die Diskussion und bekräftigte die wichtige Rolle, die junge Führungskräfte und Organisationen bei der Weitergabe genauer Informationen über die COVID-19-Pandemie übernommen und damit gleichzeitig den schädlichen Narrativen Paroli geboten haben, die über die sozialen Medien verbreitet wurden. Die drei jungen Webinargäste haben andere religiöse Menschen aufgefordert, über Solidarität und Zusammenarbeit zu berichten und auf diese Weise einen Gegenentwurf zu Hassreden und negativen Erzählungen entlang religiöser Spaltungen und Konflikte zu verbreiten.
Wechselseitige Verbundenheit der gesamten Menschenfamilie
Fernando Sihotang, beim Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes in Indonesien in koordinierender Funktion für Menschenrechte und Advocacy-Arbeit zuständig, sprach über die enormen Herausforderungen, die durch die Pandemie in seinem Land zu bewältigen sind. Zahlreiche Menschen haben ihr Leben verloren, die geschlechtsspezifische Gewalt hat zugenommen, und aufgrund des fehlenden Internetzugangs zahlreicher randständiger Gemeinschaften kam es auch zu Defiziten bei der Bildung.
Sihotang beschrieb aber ebenfalls, wie die Pandemie die Menschen in dem Bewusstsein der Verbundenheit der gesamten Menschheitsfamilie wieder einander nähergebracht hat. „Die Menschen haben sich die Hand gereicht und sich gegenseitig unterstützt“, sagte er. „Sie haben die unbestreitbaren Gemeinsamkeiten gesucht, anstatt nur unsere Differenzen zum Thema zu machen.“
Neben der Einrichtung von Begegnungsmöglichkeiten für Menschen unterschiedlichen Glaubens, um über „eine gemeinsame Sprache des Miteinanders“ zu diskutieren, würden junge Menschen, so Sihotang, auch praxisnahe interreligiöse Initiativen in vielen Bereichen wie Gerechtigkeit, Frieden, Klimaaktionen und anwaltschaftliche Menschenrechtsarbeit unterstützen. Dazu gehören Kampagnen für ein lange aufgeschobenes Gesetz gegen sexuelle Belästigung, kritische Auseinandersetzung mit der Korruption, Verstöße gegen Gesetze für Religionsfreiheit, Petitionen gegen Bergbauprojekte und Bildungsangebote zu Themen wie Diversität und Multikulturalismus in einer vorwiegend muslimischen Nation.
Praktische Zusammenarbeit mit Glaubensgemeinschaften
Kosar Mahmoodi, Projektkoordinatorin für das Muslimische Jugendforum, beschrieb die Situation in Finnland und erklärte, dass die Pandemie zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen säkularen Behörden und Glaubensgemeinschaften geführt habe, „denn wir alle haben den Wunsch, Frieden und Sicherheit in dieser Welt zu fördern.“ Zurzeit werde mit einer Studie untersucht, so berichtete Mahmoodi, ob ein neues Zentrum für den religiösen Dialog erforderlich sei.
Mahmoodi berichtete über mehrere Initiativen, an denen der jugendliche Führungsnachwuchs über das Nationale Forum für religiöse Zusammenarbeit in Finnland beteiligt war. Dazu gehörten Friedensmärsche, Webinare und gemeinsame Erklärungen, die einen Beitrag zur Weitergabe zutreffender Informationen über COVID-19 in unterschiedlichen Sprachen für Minderheitsgemeinschaften gleistet haben. Auch die Verbreitung eines Videos der örtlichen Behörden mit einem Grußwort an die muslimische Gemeinschaft anlässlich des Ramadans sei hier zu erwähnen, „das die Solidarität während der Pandemie gestärkt hat“.
Merylene Chitharai, Mitglied des Religions for Peace Youth Media Teams aus Südafrika, sprach über die Möglichkeiten von Online-Plattformen, sich mit Menschen in verschiedenen Teilen der Welt auszutauschen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie berichtete ausführlich über ein erfolgreiches Videokonferenzprojekt, das gemeinsam mit dem Netzwerk Africa Women of Faith entwickelt wurde und jungen Frauen auf dem gesamten Kontinent den Umgang mit sozialen Medien für unternehmerische Projekte oder andere Tätigkeiten näherbringen soll.
„Lebe den Wandel vor, dem die Welt folgen soll“
Alle drei Vortragenden sind sich der Problematik des „Technologie-Defizits“ bewusst, das in marginalisierten Gemeinschaften vorhanden ist, und wissen ebenfalls um die psychologischen Auswirkungen, die zu viel vor dem Bildschirm verbrachte Zeit mit sich bringt. Chitharai sprach auch über die Aufgabe junger Friedensstiftender, „die Webinare in konkrete Handlungen umzusetzen“ und mit positiven Beispielen voranzugehen, „um den Wandel vorzuleben, dem die Welt folgen soll.“
Die jungen interreligiösen Aktivisten und Aktivistinnen erinnerten an die 2015 vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution zum Thema Jugend, Frieden und Sicherheit mit der Aufforderung an alle Regierungen, der Jugend mehr Mitspracherechte auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung zu geben, und waren sich darin einig, dass mehr getan werden müsse, damit sich die Jugend nicht nur symbolisch, sondern auch konkret in Friedensprozesse einbringen kann.
Sivin Kit, LWB-Programmreferent für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen, sagte: „Dank ihrer Technologie-Kompetenzen und ihrer sich stetig vergrößernden Vernetzung sind junge Menschen in besonderer Weise in der Lage, anhand innovativer Ansatzpunkte Marginalisierung und Gewalt in der Gesellschaft zu verstehen. Ihre Mitwirkung an der Förderung interreligiöser Solidarität ist unverzichtbar.“