Interview mit Pfarrerin Jongkolnee Sampachanyanon Sim
MUKDAHAN, Thailand/GENF (LWI) – Es war – körperlich und geistig – ein langer Weg für Pfarrerin Jongkolnee Sampachanyanon Sim. Aber seit April 2018 ist sie eine der ersten Frauen, die von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thailand (ELKT) ins Pfarramt ordiniert wurden.
Sim und ihre Kollegin, Pfarrerin Somporn Kullachote, wurden im April 2018 während der Synode der ELKT in Bangkok von Bischof Amnuay Yodwong ordiniert.
Sim stammt ursprünglich aus dem Ort Mukdahan am Mekong ganz im Osten Thailands an der Grenze zu Laos. Ihre Ordination war ein wichtiger Meilenstein für ihre Kirche in dem mehrheitlich buddhistischen Land. Im Gespräch mit der Lutherischen Welt-Information berichtet Sim über die Schwierigkeiten und Probleme, mit denen sie konfrontiert war, und über die Unterstützung, die sie aus anderen Teilen der weltweiten lutherischen Gemeinschaft erfahren hat.
Erzählen Sie uns von den ersten Schritten auf Ihrem Weg hin zur Ordination.
Ich wurde 1987 getauft und damit in die Kirche aufgenommen. Ich begann mit einem der Missionare zu arbeiten und nahm an täglichen Gebetskreisen teil. Damals war unsere Kirche ganz einfach bekannt als lutherische Mission in Thailand, die hauptsächlich von den lutherischen Kirchen in Finnland und Norwegen unterstützt wurde. 1994 wurde dann die ELKT gegründet und als Mitglied in den Lutherischen Weltbund (LWB) aufgenommen. Parallel dazu hat Gott immer zu mir gesprochen und so habe ich im Oktober 1999 beschlossen, mich am Lutherischen Institut in Thailand als Studentin einzuschreiben, um mehr über meine Religion zu lernen.
Nach Ihrem Studium in Bangkok sind Sie dann in Ihren Heimatort zurückgekehrt, nicht wahr?
Ja, genau. 2004 bin ich in meine Heimat zurückgekehrt, um mit den ländlichen und indigenen Gemeinschaften in Mukhadan am Ufer des Mekong zu arbeiten. Es gab dort damals kein Kirchengebäude, aber ich habe finanzielle Hilfen von der Norwegischen Kirche bekommen, um eines zu bauen. Die meisten Menschen, die in der Region leben, sind aus Laos über die Grenze gekommen und haben nichts – keine Arbeit und keine Ausweise. Viele der Frauen sind mit thailändischen Männern verheiratet.
Anfangs habe ich vor allem Nahrungsmittelspenden und Kleidung für sie gesammelt. Und wenn sie Kinder bekommen haben, aber keine Papiere hatten, habe ich sie zu den Behörden begleitet, damit sie dort einen DNA-Test machen konnten, um dann registriert zu werden. Mein Mann ist Rechtsanwalt und gemeinsam unterstützen wir diese Menschen und engagieren uns mit ihnen für ihre Menschenrechte und die Rechte ihrer Kinder.
Und viele von ihnen haben Sie auch zum christlichen Glauben gebracht?
Ja, wir haben gemeinsam in der Bibel gelesen und mit ihnen gebetet und auch durch unser Tun Zeugnis abgelegt für Gottes Liebe. Wir haben ihnen von unserer Abhängigkeit von Gott erzählt, dass wir alle Sünder sind und Gottes Vergebung bedürfen. 2006 haben wir mit dem Bau einer Kirche begonnen, in der bis zu 500 Menschen Platz finden, und einmal im Jahr – an Ostern – kam der Bischof, um Menschen zu taufen.
Sie haben also als Predigerin und Gemeindeleiterin gearbeitet, durften aber nicht die Sakramente verwalten?
Ganz genau. Die Kirche arbeitet seit vielen Jahren darauf hin, auch Frauen zu ordinieren, und in den Bibelschulen gab es immer viele Frauen. Ich habe mit gehörlosen Kindern gearbeitet und ihnen von Jesus erzählt, aber ich wollte auch gerne Pfarrerin werden und die Missionarinnen und Missionare aus Norwegen und Finnland haben mich in diesem Wunsch auch sehr bestärkt. 2015 hat der LWB mich zu einem Seminar in Kuala Lumpur eingeladen, in dem es um das „Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB“ ging und darum, wie dies für uns in unseren Kirchen eine Hilfe sein könnte.
Als ich wieder zu Hause war, habe ich Gesprächsgruppen mit Frauen organisiert und geleitet, damit wir versuchen können, uns gegenseitig zu unterstützen. Kurz danach wurde eine neue Generation von Führungspersonen in unseren Kirchenrat gewählt und im September 2017 hat die Kirche dann offiziell beschlossen, nach der Generalversammlung im April des folgenden Jahres auch Frauen zu Pfarrerinnen zu ordinieren.
Was hat das für Ihre Arbeit und Ihren Dienst konkret bedeutet? Was hat sich verändert?
Für mich war das sehr wichtig, weil ich in einem Gefängnis arbeite, wo ich immer nach meiner Ordinationsurkunde gefragt werde. In staatlichen Institutionen kann man nur arbeiten, wenn man ordiniert ist. Der Dienst dort aber ist sehr wichtig, weil die Menschen arm und stigmatisiert sind. Die eigenen Familien wollen den Menschen im Gefängnis nicht helfen und wenn sie entlassen werden, haben sie keine Arbeit. Daher hilft unsere Kirche ihnen und gibt ihnen Nahrung und Kleidung.
Ich bin eines von nur sieben Mitgliedern in unserem Kirchenrat und versuche deshalb auch, andere Frauen zu unterstützen, die sich berufen fühlen, dem Gott in diesem Amt zu dienen. Unsere Hauptverwaltung in Bangkok ist zwei Flugstunden entfernt, und es gibt immer viel für mich zu tun. Aber 80 Prozent der Mitglieder unserer Kirche hier in Thailand sind Frauen und die möchte ich gerne über ihre Rechte aufklären. Wir haben das Grundsatzpapier des LWB zum Thema Gendergerechtigkeit mit Hilfe der finnischen Missionare ins Thailändische übersetzt und inzwischen gibt es viele Frauen, die Theologie studieren und sich für den Pfarrdienst ausbilden lassen.
Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.
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