Kirche sein in Zeiten von Corona

21 Juli 2020
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Der Präsident der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus, Pfr. Yonas Yigezu Dibisa, in seinem Büro in Addis Ababa (Äthiopien). Foto: ÄEKMY

Der Präsident der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus, Pfr. Yonas Yigezu Dibisa, in seinem Büro in Addis Ababa (Äthiopien). Foto: ÄEKMY

Interview mit Yonas Yigezu Dibisa, Präsident der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus

ADDIS ABEBA, Äthiopien/GENF (LWI) – Angesichts der täglich steigenden Zahlen von Neuinfektionen mit dem Coronavirus ermutigt Pfr. Yonas Yigezu Dibisa, Präsident der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY), die weltweite Kirchengemeinschaft, in diesen außergewöhnlichen Zeiten weiterhin für die ganze Kirche zu beten.

Welche Auswirkungen hat COVID-19 in Ihrem Kontext auf die Kirche?

Wir bereiten uns hier in Äthiopien auf weitere Monate der Restriktionen und eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten vor. Es heißt ja, dass die Infektionszahlen in Südafrika weiter steigen und dass die allgemeinen Prognosen davon ausgehen, dass sich das Epizentrum der Pandemie von den amerikanischen Kontinenten nach Afrika verlagern wird. Das Gesundheitssystem hier bei uns hat aber nur sehr begrenzte Kapazitäten, und auch die finanziellen Mittel sind begrenzt.

Unsere Kirchengebäude und -grundstücke sind seit drei Monaten geschlossen. Die Gläubigen und Geistlichen leiden, weil sie sich nicht zum Gebet und Gottesdienst versammeln können. Aufgrund der wirtschaftlichen Not unserer Mitglieder, die unter Einkommensverlusten leiden und deshalb auch der Kirche weniger geben können, ist die finanzielle Situation der Kirche katastrophal. 

Pfr. Yonas Yigezu Dibisa spricht über den kircheneigenen Fernsehsender zu den Menschen. Foto: ÄEKMY

Welches Angebot hat die Kirche als Ersatz für das persönliche Zusammenkommen zum Gebet und Gottesdienst gemacht?

Gottesdienste und Gebet wurde in die Häuser und Wohnungen der Menschen, in den familiären Kontext verlagert. Bisher wenig vertraute und neue Technologien werden genutzt, um das Wort Gottes durch Predigten, Gottesdienst, Bibelarbeit und Gebete in die Heime der Menschen zu tragen.

Der kircheneigene Fernsehsender Mekane Yesus TV überträgt Gottesdienste, und es werden die sozialen Medien, verschiedene Messengerdienste und Videokonferenz-Angebote genutzt, um die Menschen wenigstens virtuell zusammenzubringen. Wir finden neue Möglichkeiten und Wege, um zusammenzukommen und die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Abstandsregeln zu überwinden. Aber gleichzeitig stehen wir natürlich auch vor großen Problemen, wenn es zum Beispiel darum geht, die Menschen im ländlichen Raum und die ärmeren Menschen zu erreichen, die keinen Zugang zu Fernsehen oder Internet haben. Es gibt hier noch sehr viele Menschen, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind. 

Welche Beschränkungen hat das Gesundheitsministerium der Kirche auferlegt?

Die Zahl der COVID-19-Fälle in Äthiopien liegt Mitte Juli bei unter 9.000, und es gab bisher weniger als 200 Tote. Aufgrund der nur langsamen Ausbreitung des Virus ist es uns nun wieder gestattet, die Kirchen zu öffnen – aber natürlich mit einigen Beschränkungen: Es dürfen maximal 50 Menschen zusammenkommen, diese müssen sich die Hände waschen, Mund-Nasen-Schutz tragen und 2 Meter Abstand halten. Wir hoffen, dass diese Möglichkeit, wieder zum Sonntagsgottesdienst zusammenkommen zu dürfen, unseren Mitgliedern geistlich und sozial Kraft geben kann und wir auch die finanziellen Probleme unserer Ortsgemeinden etwas abmildern können.

Die Corona-Pandemie trifft auf eine sowieso schon angespannte politische Lage in Ihrem Land. Wie ist das politische Klima derzeit?

Die politischen Unruhen haben zu einer Abschaltung des Internets im gesamten Land geführt. Seit dem 1. Juli haben wir keinen Zugriff mehr auf unsere E-Mails oder andere Internetdienste. Die Kommunikation mit unseren Kirchenmitgliedern zu Hause und der Austausch mit unseren Partnern ist dadurch sehr schwierig geworden. 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie aufgrund präventiver Beschränkungen betreffen uns vor dem Hintergrund verschobener Wahlen und dem Konflikt mit Ägypten in Bezug auf den umstrittenen Großen Äthiopischen Renaissance-Damm (GERD).

Wofür beten Sie?  

Für Bemühungen um Frieden und Einheit und Unterstützung für alle, die sich für Versöhnung einsetzen. Wir beten, dass Gott Gnade walten lässt in Afrika und Äthiopien und allen Ländern der Welt. Wir hoffen, dass die weltweite Kirchengemeinschaft uns in diesem Gebet unterstützen wird. Wir brauchen in Zeiten wie diesen die Gnade und Barmherzigkeit Gottes, damit wir alle die Weisheit, Liebe und Kraft finden, die frohe Botschaft auch in dieser Krise zu verbreiten. 

 

Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.

 

LWF/OCS