Kolumbien: Aufruf an die Regierung, Leben zu schützen und friedlich zuzuhören

14 Mai 2021
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Pfarrpersonen der IELCO. Foto: Melissa Gómez Yepes/IELCO

Pfarrpersonen der IELCO. Foto: Melissa Gómez Yepes/IELCO

Gewalt gegen Demonstrierende beenden, Menschenrechtsverletzungen untersuchen

BOGOTA, Kolumbien/GENF (LWI) – Die leitenden Gremien der Evangelisch-Lutherischen Kirche Kolumbiens (IELCO) haben in einem Schreiben ihre tiefe Besorgnis wegen der in letzter Zeit überall in Kolumbien aufflammenden Unruhen geäußert. 26 Menschen starben, Tausende wurden verletzt, und Hunderte werden vermisst. Die Proteste brachen am 28. April in Bogota, Medellin und anderen Städten in Kolumbien aus.

Die Staatsmacht reagierte auf Demonstrationen gegen eine geplante Steuerreform der Regierung mit Gewalt und heftigen Übergriffen, in deren Folge es zu Vandalismus und der Zerstörung von Regierungseinrichtungen kam.  

Die kolumbianische Kirche hat die Regierung nachdrücklich aufgefordert, „für den Schutz des Lebens zu sorgen und die Rahmenbedingungen für friedliche soziale Proteste zu garantieren. Das kolumbianische Volk verdient und erwartet es, durch seine Institutionen geschützt und nicht durch sie verletzt zu werden.“ Die Kirche hat weiterhin an die Regierung appelliert, den Protestierenden zuzuhören, die „mit ihren Anliegen auf die Straße gehen und Veränderungen einfordern, die der Staat ihnen seit Jahrzehnten schuldet.“

„Wie sind besorgt und beunruhigt, dass die Forderungen des kolumbianischen Volkes mit Gewalt unterdrückt werden. Wir müssen eine Kultur des Friedens aufbauen, in der Dialog und Konsensfindung möglich sind“, sagte Sonia Skupch, LWB-Regionalsekretärin für Lateinamerika, die Karibik und Nordamerika.

Regierungsoffizielle ließen verlauten, dass die Steuerreform den „weiteren Anstieg“ der Haushaltsdefizite vermeide und Menschen zu einem „Grundeinkommen“ verhelfe, die von der Wirtschaftskrise infolge der Pandemie betroffen sind. 

Die IELCO-Kirchenleitenden warnten davor, dass die Methode der „direkten Einnahmen“ zur Beschaffung der „erforderlichen Mittel“ zu einer weiteren Belastung der Mittelklasse und der in Armut lebenden Familien führen werde. „Das hat die weitere Vertiefung der gefährlichen sozialen Spaltung im Land zur Folge und befeuert Proteste und sogar Gewalt“, schrieben die Kirchenoberen.

„Stattdessen schlagen wir die Anwendung des Solidaritätsprinzips und der sozialen Gerechtigkeit sowie höhere Einkommens-, Dividenden-, und Vermögenssteuern für diejenigen vor, deren Wohlstand entsprechend groß ist. Auf Steuererleichterungen für große Wirtschaftsunternehmen sollte verzichtet werden“, heißt es in dem Brief weiter.

Nach den Unruhen hat die Kirche nationale Behörden aufgerufen, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die verschwundenen Menschen zu legen. Außerdem sollte der Zugang zu medizinischer Versorgung, Arzneimitteln, Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern vereinfacht werden.

Die Kirche hat die Gemeinden ebenfalls aufgefordert, „unserer lutherischen Identität zu folgen“, um die gesamte Gesellschaft in „Wort und Tat“ zu unterstützen, die Verpflichtung der Kirche zur Friedensarbeit zu bekräftigen, sich für Gerechtigkeit einzusetzen, das Leben zu verteidigen und darum zu bitten, dass das Land „durch das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus inspiriert werden möge.“

„Wir beten zum Gott des Lebens, dass er Stärke und Trost all den Familien spende, deren geliebte Menschen ihnen während der Tage des Protestes gewaltsam entrissen wurden.“

Das Schreiben schließt mit dem Wunsch und der Hoffnung, dass es zu Gesprächen kommen möge, die „zu einem deutlichen Wandel führen und den schutzbedürftigsten Menschen in unserem Land ihre Würde geben.“

 

LWF/OCS