Was haben wir aus der Corona-Pandemie in Bezug auf Online- versus Präsenzunterricht gelernt und wie können diese Erkenntnisse die theologische Ausbildung verändern? Eine ökumenische Konsultation in Ghana setzte sich mit diesen Fragen auseinander.
Ökumenische Konsultation zu Herausforderungen und Chancen für theologische Ausbildung
(LWI) – Was können wir aus dem Trauma der Corona-Pandemie über unseren christlichen Glauben, der sich auf das „Kreuztrauma“ gründet, lernen? Wie wurde die theologische Ausbildung durch die unvorhergesehenen Erfahrungen von Isolation und Lockdown verändert? Wie können Seminare und andere Ausbildungsorte die neuen Möglichkeiten, die in Online- und hybriden Technologien liegen, für sich nutzen?
Dies waren die wichtigsten Fragen, die während der dreitägigen ökumenischen Konsultation zum Thema „Pädagogik und Pandemie“ im Trinity Theological Seminary in Accra, Ghana, diskutiert wurden. Mehr als 80 Theologinnen und Theologen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nahmen im Dezember an dieser Hybrid-Veranstaltung teil, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) zusammen mit der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, dem Ökumenischen Rat der Kirchen und der Evangelischen Mission Weltweit organisiert wurde.
Teilnehmende aus sechs der sieben LWB-Regionen stimmten darin überein, dass die Pandemie die Vorteile, Grenzen und Ungerechtigkeiten der theologischen Ausbildung in Präsenz deutlich machte. In diesem Sinne, so sagten sie, wirkte Corona als eine Art Weckruf und „Katalysator in der bereits vorher bestehenden Krise der theologischen Ausbildung in Präsenz.“
In ihrem Referat stellte Kayko Driedger Hesslein, assoziierte Studiendekanin und Leiterin der kontextbezogenen Ausbildung am Evangelisch-Lutherischen Theologischen Seminar in Kanada, die Frage in den Mittelpunkt, wie den Studierenden mittels Online-Lernen die Werte von Menschwerdung, Inklusion, Gemeinschaft und Dienst an den Nächsten vermitteln werden können. Sie merkte an, dass der plötzliche Übergang zum Online-Lernen „unser auf körperliche Nähe basierendes Beziehungsgeflecht“ zerriss „und unsere Gemeinschaften in eine digitale Diaspora zerstreute, was unsere Beziehungen in Christus belastete.“
In den Zeiten vor der Pandemie, sagte sie, wurde die theologische Ausbildung hauptsächlich als „eine geistige Tätigkeit“ angesehen; und dabei wurden „die Körper, die diesen Geist herumtragen, weitgehend vernachlässigt.“ Dagegen wurde während der Corona-Jahre am häufigsten darüber geklagt, wie sehr Studierende und Lehrende die physische Präsenz der anderen vermissten. Diese Einsicht führe zu wichtigen theologischen Erkenntnissen, sagte sie, denn „unsere Körperlichkeit ist Teil von Gottes Plan für unsere Existenz“, und dieses „Körperliche ist grundlegend für die Beziehung Gottes mit uns.“
Ist es möglich, so fragte Driedger Hesslein, dass die in jüngster Zeit angestiegene Entfremdung und Polarisierung auf die „entkörperlichten Online-Interaktionen“ zurückzuführen sind, was es uns andererseits wiederum „ermöglicht, andere Körper auszubeuten, herabzusetzen und sogar zu töten?“ Gleichzeitig ermögliche die Online-Ausbildung einen wichtigen Zugang „für diejenigen, deren Körper sich nicht physisch in einen Hörsaal begeben können“ aufgrund von Beeinträchtigungen, Fahrtkosten, Aufsichts- oder Pflegeverpflichtungen oder anderen Einschränkungen. Daher müssen Ausbilderinnen und Ausbilder stärker auf die physischen Bedürfnisse ihrer Studierenden und die Anwesenheit von Familienmitgliedern oder anderen „an der Peripherie“ achten, mit denen die Studierenden interagieren.
Geistliche Ressourcen zur Traumaverarbeitung
David Wang, Pastor und assoziierter Professor für Psychologie am Fuller Theological Seminary in Kalifornien, USA, sprach über Forschungsarbeiten, die während der Pandemie in verschiedenen Glaubensgemeinschaften in den Vereinigten Staaten durchgeführt worden sind. Die Ergebnisse, die die Muster in der breiteren Gesellschaft wiedergeben, zeigen einen beträchtlichen Anstieg bei Depressionen, Angst und posttraumatischen Belastungsstörungen.
Auch gläubige Menschen, stellte er fest, erleben „spirituelle Kämpfe wie Wut auf Gott“ und stehen immer mehr komplexen theologischen Fragen gegenüber. Allerdings verfügen Mitglieder von Glaubensgemeinschaften über Ressourcen, die ihnen helfen, die Wut abzuschwächen und Depressionen in den Griff zu bekommen, fügte er hinzu, einschließlich einem Verständnis für Werte wie Demut, Vergebung und Hinnahme sowie ein Zugehörigkeitsgefühl und einen sicheren Raum, in dem Traumata verarbeitet werden können. Gleichzeitig wiesen Teilnehmerinnen und Teilnehmer darauf hin, dass Studierende und Mitglieder der Kirchengemeinde manchmal auch in Seminaren und Kirchen Traumata erlebt haben.
Karla Koll, Leiterin der Schule für Theologie an der Lateinamerikanischen Biblischen Universität in San José, Costa Rica, stellte fest, dass die Pandemie „die Traumata von Rassismus und Ungerechtigkeit verstärkt hat“, die viele Menschen in der Region erleben. Während des Lockdowns richteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität, die Programme für Geistliche und Laien in Leitungsämtern in 17 Ländern anbietet, Online-Unterstützungsgruppen und andere Formen der seelsorgerischen Betreuung ein, um besser auf die psychischen Bedürfnisse der Studierenden reagieren zu können.
Koll informierte über einige wichtige Erkenntnisse aus der Pandemie, darunter das Bedürfnis, „unsere Verletzlichkeit und unsere Grenzen zu erkennen, um damit das Modell der Super-Seelsorger zu überwinden“, das die Kirchenverantwortlichen traditionsgemäß angestrebt haben. „Corona hat uns gelehrt, unsere gemeinsame Erfahrung der Hilflosigkeit zu benennen und zu erkennen, dass unsere Aufgabe eher darin besteht, Menschen, die mit Fragen kämpfen, zu begleiten, als alle Antworten parat zu haben“, sagte sie.
Chad Rimmer, LWB- Programmreferent und Co-Moderator der Konsultation, sagte: „Der LWB betont die Verbindung zwischen theologischer Ausbildung und Bildung, da Lernen unser ganzes Sein betrifft – Körper, Geist und Seele. Während die Corona-Pandemie diese Wahrheit auf vielerlei schmerzliche Art offenbarte, offenbarte sie auch das Versprechen neuer Chancen zur Entkolonialisierung der Lerninhalte und -methoden.“
In einer Schlussmitteilung betonten die Teilnehmenden die Bedeutung des Wandels in Lehre und Studium in der postpandemischen Welt. „Wir stehen nicht nur vor der Herausforderung, die etablierten Lernmodelle, die spirituelle Bildung und die Ausbildung für das Amt in neue Formate zu übertragen“, sagten sie, sondern „wir müssen überdenken, was theologische Ausbildung bedeutet, für wen sie ist, welche Ziele sie hat und was dafür erforderlich ist.“