Delegierte des LWB bei CSW65: Patriarchalen Praktiken und Bräuchen entgegenwirken
NEW YORK, USA/GENF (LWI) – „Lasst uns prophetische Stimmen für Freiheit und Gerechtigkeit sein, auch wenn gesellschaftliche Normen nur schwer zu ändern sind.“ Das war der zentrale Handlungsaufruf von Angela del Consuelo Trejo Haager, einem Mitglied der Delegation des Lutherischen Weltbundes (LWB) bei der 65. Sitzung der Kommission der Vereinten Nationen (UN) für die Rechtsstellung der Frau (CSW65), die vom 15. bis 26. März stattfindet.
Trejo war eine der ersten Frauen, die von der Mexikanischen Lutherischen Kirche ordiniert wurden. Sie sprach im Rahmen einer Online-Veranstaltung, in der es darum ging, wie man gesellschaftlichen Normen entgegentreten und sie verändern kann, wenn sie Fortschritte auf dem Weg hin zu einer Gleichstellung der Geschlechter behindern. Trejo ist Professorin für feministische biblische Hermeneutik, Gender-Theologie und Kirchengeschichte und hat sich in ihrem Beitrag konkret mit dem Kampf der Frauen in ihrem Heimatland für das Frauenwahlrecht beschäftigt.
Die Veranstaltung am 17. März hatte der LWB in Zusammenarbeit mit dem ACT-Bündnis, Islamic World Relief, Side by Side, dem Ökumenischen Rat der Kirchen, Christian Aid, Religions for Peace und der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz organisiert. Es war eine der zahlreichen Parallelveranstaltungen von Nichtregierungsorganisationen, die an dieser 65. Sitzung der UN-Kommission teilnehmen; ihr thematischer Schwerpunkt lag auf der vollumfänglichen und wirkungsvollen Teilhabe von Frauen und ihrer Einbindung in Entscheidungsprozesse im öffentlichen Leben.
Patriarchalem Diskurs entgegentreten
Trejo, die auch Koordinatorin des LWB-Netzwerks für Gendergerechtigkeit in der Region Lateinamerika und die Karibik ist, berichtete, dass das Ringen um das Frauenwahlrecht in Mexiko bereits am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen hatte, auch wenn Frauen erst bei den Bundeswahlen im Juli 1955 zum ersten Mal ihre Stimme abgeben durften. Allerdings habe es auch 1955 immer noch verschiedene Einschränkungen für die Wählerinnen gegeben, erzählt sie. Von den Frauen wurde zum Beispiel erwartet, dass sie „auf den Rat ihrer Ehemänner hörten“ und ihren „häuslichen Pflichten“ stets eine höhere Priorität einräumten als der gesellschaftlichen oder politischen Teilhabe.
Im Laufe der Jahrzehnte seither, so Trejo, sind die mexikanischen Frauen einem derartigen „patriarchalen Diskurs“ weiterhin immer wieder entgegengetreten, haben „ihre Stimmen laut und deutlich erhoben, um diese Ungerechtigkeit anzuprangern“, und haben ihren Platz im öffentlichen Raum immer wieder eingefordert. Sie hätten gezeigt, dass es möglich ist, gesellschaftliche Normen zu verändern; bis zur Verwirklichung von Gendergerechtigkeit in ihrem Heimatland, in dem eine der höchsten Frauenmord-Raten der Welt verzeichnet wird, gebe es aber immer noch „sehr viel zu tun für Frauen des Glaubens“.
Eine weitere Delegierte des LWB bei der Online-Veranstaltung war Faustina Nillan, Nationale Direktorin für Frauen und Kinder bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania und Koordinatorin des tansanischen Kapitels von „Side by Side“, einer religiösen Bewegung für Gendergerechtigkeit. Nillan thematisierte, wie gegen tief verwurzelte gesellschaftliche Normen – wie zum Beispiel die weibliche Genitalverstümmelung – protestiert und diese verändert werden können. In ihrem Heimatland sei immer noch jede zehnte Frau von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen.
Die traditionelle Praxis würde als „integraler Bestandteil der Kultur des Landes“ verstanden, sei aber ein „entscheidendes Hemmnis für Gesundheit und Entwicklung, insbesondere für jugendliche Mädchen und Frauen im Allgemeinen“, erklärte sie. „Das Engagement für ein Ende der weiblichen Genitalverstümmelung zu fördern und mit den Mythen rund um diese Praxis aufzuräumen, ist wichtig, um das volle Potenzial und die volle Teilhabe von Frauen in der Leitung und den Entscheidungsprozessen des Landes sicherzustellen“, sagte sie.
Nillan analysierte zunächst die tieferliegenden Ursachen für die Praxis und sprach dann über Möglichkeiten und Wegen, Überlebende zu unterstützen und sich dafür einzusetzen, dass sich Einstellungen ändern und dann in der Folge Gesetze zum Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung erlassen werden. Es gebe in ihrem Heimatland bereits verschiedene Initiativen, die bestrebt seien, zum Beispiel alternative Riten zum Übertritt in das Erwachsenenalter für Mädchen zu etablieren, alternative Einkommensquellen für diejenigen zu schaffen, die die weibliche Genitalverstümmelung durchführen, die Unterstützung für die Sensibilisierungskampagnen in den Gemeinwesen zu stärken und multimediale Kommunikation anzubieten, um den Stimmen von marginalisierten Bevölkerungsgruppen mehr Raum zu geben.
Die Teilnehmenden an der Veranstaltung waren sich einig, dass es für eine Veränderung dieser patriarchalen Normen wichtig ist, effektive Partnerschaften zwischen Frauen und Männern zu formen, insbesondere auch zwischen Anhängerinnen und Anhängern unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften, die zusammen mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung vertreten. Mousumi Saikia, Manager für Partnerschaften und Programmentwicklung bei Islamic Relief Worldwide, betonte, dass religiöse Führungspersonen in ihren jeweiligen Gemeinschaften „großes Vertrauen genießen“ würden und daher „Vorkämpferinnen und Vorkämpfer für Wandeln“ sein könnten, wenn sie auf die kritischen Stimmen der Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt hören und eine von der Zivilgesellschaft ausgehende Antwort zum Schutz aller Frauen und Mädchen mobilisieren würden.
Der Lutherische Weltbund nimmt an der CSW mit einer Delegation von mehr als 70 Mitgliedern aus mehr als 30 Ländern teil und bringt dort die Stimmen der Frauen und Männer zu Gehör, die sich in verschiedenen Teilen der Welt für Gendergerechtigkeit einsetzen. Koordiniert vom Lutherischen Büro für Weltgemeinschaft in New York, nutzen die Delegierten die CSW für Advocacy-Arbeit bei Regierungsdelegationen und nehmen an zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen mit ökumenischen und interreligiösen Partnern teil.