Lutherische Gläubige in Europa „Teil einer größeren Familie“

23 Juni 2023

Delegierte von lutherischen Kirchen aus ganz Europa sind mit weiteren Teilnehmenden in Tallinn, Estland, zur Generalversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) zusammengekommen. Unter der Überschrift „Unter Gottes Segen – die Zukunft gestalten“ haben die Teilnehmenden aus 113 Kirchen in 40 europäischen Ländern die Herausforderungen für die Ökumene im europäischen Kontext erörtert.

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CEC conference 2023 - worship

Eröffnungsgottesdienst der KEK in der Sankt-Johannes-Kirche (Jaani Kirik) im Zentrum von Tallinn, Estland. Die KEK-Generalversammlung 2023. Foto: Albin Hillert/CEC

Konferenz Europäischer Kirchen verbindet lutherische Gläubige mit ökumenischer Familie

(LWI) – Eine Konfession in ganz unterschiedlichen Kontexten: Unter den vielen Teilnehmenden an der Generalversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in Tallinn, Estland, waren auch viele Delegierte von lutherischen Kirchen aus ganz Europa. Unter der Überschrift „Unter Gottes Segen – die Zukunft gestalten“ haben Vertreterinnen und Vertreter von 113 Kirchen in Europa die Herausforderungen für die Ökumene im europäischen Kontext erörtert. 

Die Hauptreferentinnen und -referenten sprachen aus politischer, soziologischer, ökumenischer und theologischer Perspektive über das übergeordnete Thema der Veranstaltung. Während Swetlana Tichanowskaja, Anführerin der Demokratiebewegung in Belarus, die prophetische Stimme der Kirchen im Engagement für Gerechtigkeit betonte, berichteten Kirchenleitende aus der Ukraine welch große Herausforderung es sei, das Evangelium mitten im Krieg und in einer säkularisierten Gesellschaft verkündigen zu müssen.

Der deutsche Soziologe Hartmut Rosa skizzierte, wie die Kirchen seiner Ansicht nach Räume und Rahmen bieten könnten, um dem europäischen Narrativ vom permanenten Wachstum entgegenzuwirken, das nur zu Aggression und psychischen Gesundheitsprobleme führen würde. Seine Allheiligkeit der ökumenische Patriarch Bartholomäus stellte schwierige Fragen zur Zukunft der Ökumene in Europa.

Öffentliche Fürsprachearbeit ist lutherische Charaktereigenschaft

„Für uns ist es ganz wichtig, hier zu sein“, sagte Pekka Huokuna, Generaldirektor der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands (ELKF). Das ökumenische Netzwerk sei besonders interessant für die Advocacyarbeit mit den europäischen Institutionen, fügte Elina Hellqvist von der ELKF hinzu. „Es ist eine gute Plattform, um sich darüber auszutauschen, wie genau wir in den europäischen Institutionen aktiv sein können.“ Die finnischen Delegierten waren auch dankbar für die Gastfreundschaft der estnischen Kirchen und für ihre Erfahrungen, als Minderheitenkirchen in einem säkularisierten Kontext Zeugnis abzulegen. „Wir können viel von ihnen lernen“, sagten sie.

Zwar sei die KEK in erster Linie ein ökumenisches Forum, aber für die lutherische Glaubenstradition seien die Themen öffentliche Theologie und Advocacyarbeit sehr wichtig, erklärte Lea Schlenker von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. „Für mich ist es Teil meiner lutherischen Identität, dass sich christliches Leben nicht nur in den Kirchen selbst abspielt, sondern auch in der Welt da draußen.“ Ihre Kirche verändert sich und sie lässt sich dafür von anderen Kirchen in Europa inspirieren: „Wenn wir darüber nachdenken, welche Rolle Kirchen in einer bunten Gesellschaft und mit begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen spielen können, können wir von anderen Kirchen in Europa sehr viel lernen.“

Verbundenheit statt Konkurrenzkampf

Eine dieser Kirche ist die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in der Slowakischen Republik (EKABSR). Evangelisation und Mission sei für eine Generation, die „verlernt hat, Teil einer Kirche zu sein“ eine der größten Herausforderungen“, sagte Eva Guldanová, Referentin für Außenbeziehungen der EKABSR. Gleichzeitig brauche die Gesellschaft in ihren Augen aber psychologische und spirituelle Unterstützung. Sie war dankbar für die Hauptreferate, die „uns zu einer anderen Art des Seins eingeladen haben“, die dazu eingeladen hätten, Verbundenheit mehr Bedeutung beizumessen als dem Konkurrenzkampf. „Als Kirchen sollten wir uns nach der Pandemie mit dem Thema psychische Gesundheit auseinandersetzen“, erklärte sie.

Größere Verbundenheit

„Netzwerkarbeit ist wichtig. Wir müssen mit einer Stimme sprechen. Nur so werden wir gehört und können überleben“, sagte auch Ulrich Rüsen-Weinhold von der Vereinigten Protestantischen Kirche Frankreichs. Er koordiniert eine Gruppe von Kirchen in romanischsprachigen Ländern Südeuropas.

Zwar habe der Krieg in der Ukraine einen wichtigen Platz auf der Tagesordnung eingenommen, aber auch die Kirchen in Südeuropa würden sich weiterhin für Migrantinnen und Migranten, Asylsuchende und Flüchtlinge im Mittelmeerraum einsetzen. Viele von ihnen hätten wenig Ressourcen, aber die Bedürfnisse seien enorm. Advocacy-Initiativen seien nur mit der Unterstützung von Gremien wie der KEK möglich. „In unseren Gemeinden sind normalerweise nur die Pastorinnen und Pastoren angestellte Mitarbeitende. Kirchenmusik und Jugendarbeit wird nur von ehrenamtlichen Mitarbeitenden geleistet“, betont er.

„Tagungen wie die KEK-Generalversammlung 2023 helfen uns, uns in Erinnerung zu rufen, dass unsere lutherische Kirchenfamilie Teil einer größeren Familie ist“, sagte Magnea Sverrisdottir von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Islands. „Wir müssen diese Verbindungen ausbauen. Sie lädt uns ein, unsere Gemeinsamkeiten zu feiern und gleichzeitig unsere Identität zu bewahren.“

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CEC conference 2023 - plenary

Im Namen des Lutherischen Weltbundes überbringt Ireneusz Lukas Grüße an die KEK-Generalversammlung 2023. Foto: Albin Hillert/CEC

LWB/C. Kästner-Meyer