Kanada: Junge ruft kanadische HochschulabsolventInnen auf zum Brückenbau
Waterloo (Kanada)/Genf, 18. Juni 2015 (LWI) – Junge HochschulabsolventInnen sollen Brücken bauen um des Friedens, der Gerechtigkeit und des Lebens in der modernen Welt willen. Diesen Appell formulierte der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrer Martin Junge, im Rahmen der Graduationsfeierlichkeiten in Waterloo (Kanada), bei dem ihm die Wilfrid Laurier University die theologische Ehrendoktorwürde verliehen hat.
Anlässlich des Festakts am 12. Juni lud Junge die AbsolventInnen ein, „danach zu streben, den Lernprozess hinsichtlich der Kunst des Brückenbauens fortzusetzen“.
Junge forderte sie auf, ihr fachliches Wissen dafür einzusetzen, „Verbindungen herzustellen zwischen Ihrer eigenen Berufung und Ihrem Fachgebiet und diesem in unserer Zeit am dringendsten benötigten Dienst: dem Bauen von Brücken. Die Welt braucht Menschen wie Sie … die etwas bewegen für das Wohl aller.“ Er betonte, esSchutzmauern zwischen unterschiedlichen Gruppen zu errichten, sei nutzlos. „Sie werden den beabsichtigten Zweck nicht erfüllen. Früher oder später werden sie fallen.“
In seiner Ansprache betonte Junge die Entschlossenheit des LWB, den Glauben in die Tat umzusetzen. Dies geschehe etwa durch die Fürsorge und das anwaltschaftliche Eintreten für mehr als zwei Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebene, die der Weltbund mit Unterstützung seiner Partner wie etwa Canadian Lutheran World Relief leiste. Nach Junges Einschätzung ist die Vielzahl langwieriger Konflikte in aller Welt die Ursache dafür, dass derzeit die meisten Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg - aktuell mehr als 50 Millionen - auf der Flucht sind. „Unsere Menschenrechte werden davon abhängen, dass die Rechte aller Menschen, insbesondere der Schwächsten, geachtet werden. Es gibt in diesem Zusammenhang kein ‚wir‘ und ‚die Anderen‘, sondern nur ein ‚wir‘.“
Die Laurier University würdigte Junges herausragenden Beitrag zur Arbeit des LWB. „Ich nehme diesen akademischen Grad an als Ermutigung, auch weiterhin die Prinzipien, Werte und Verpflichtungen zu vertreten, die ich schon bisher zu artikulieren versucht habe“, erklärte Junge.
Engagierter Dienst für den LWB
LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan beglückwünschte den Generalsekretär und stellte fest, Junge habe den Doktortitel durch seinen jahrelangen Dienst innerhalb der lutherischen Kirchengemeinschaft erarbeitet.
Junge trat sein Amt als erster lateinamerikanischer Generalsekretär des LWB im Jahr 2010 an, nachdem er bereits ein Jahrzehnt im Weltbund als Gebietsreferent für Lateinamerika und die Karibik gewirkt hatte.
„Unter Deiner Leitung hat der LWB das Engagement für seine Nächsten in aller Welt vertieft und ausgeweitet. Deine Entschlossenheit zu einer ganzheitlichen Mission, einschliesslich der prophetischen Diakonie, spiegelt sich überall in der Kirchengemeinschaft wieder“, führte Younan aus.
Am 11. Juni hatte Junge sich in einer öffentliche Vorlesung am Waterloo Lutheran Seminary, das der Laurier University als College angegliedert ist, befasst mit dem Thema: „Als WeltbürgerInnen handeln: die Rolle der Religionsgemeinschaften im öffentlichen Raum“. An der Verleihungsfeier nahmen hunderte Gäste teil, darunter Studierende, Lehrpersonal und weitere VertreterInnen der Öffentlichkeit, wie etwa Nationalbischöfin Susan C. Johnson von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kanada, die LWB-Vizepräsidentin der Region Nordamerika ist.
Glaube sollte kein Stolperstein sein
Junge forderte die Glaubensgemeinschaften auf, energisch an ihrer Aufgabe als „Quelle der Heilung“ festzuhalten, wo Religion manipuliert und missbraucht werde, um Gewalt zu fördern.
„Der Glaube ist nicht als Stolperstein gedacht für Menschen und Gruppen, die miteinander in Würde, Gerechtigkeit und Frieden leben wollen, sondern als Baustein, als Hilfsmittel, das Menschen und Gruppen dazu befähigt, dieses Ziel zu erreichen“, betonte Junge.
Der ehemalige Präsident der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile warf die Frage auf: „Wenn Gott der Menschheit barmherzig begegnet ist im Leben Jesu Christi, wie können die Kirchen sich dann aus dem öffentlichen Raum heraushalten?“
Er argumentierte weiter, werde die Botschaft Luthers hinsichtlich der Rechtfertigung allein aus Glauben in den Zusammenhang der liebenden Zuwendung zu jenen, die spirituell wie materiell leiden, gestellt, werde diese Erkenntnis dadurch noch relevanter.
Junge würdigte die kanadische Gesellschaft, da sie das multikulturelle Zusammenleben fördere. „Ich erkenne hier eine Eigenschaft wieder, die ich in vielen Kirchen und Religionsgemeinschaften weltweit ebenfalls gefunden habe: Ihre Fähigkeit, sich im öffentlichen Raum zu positionieren, geht Hand in Hand mit ihrer liebenden Zuwendung zur Welt und zu den Menschen.“
„Die Religionsgemeinschaften sind heute aufgerufen, im öffentlichen Raum als Brückenbauerinnen zu wirken, als gleichzeitig lokale und globale Akteurinnen und als engagierte Anwältinnen für Frieden und Gerechtigkeit“, so Junge abschliessend.