Menschen unterwegs – Konzepte für eine konvivente Theologie

04 Nov. 2020
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Im Dezember 2018 besuchten Teilnehmende des ersten Konvivenz-Workshops, der in Sibiu (Rumänien) stattfand, eine für die Gegend typische Kirchenburg. Hier das Schild zur Kirchenburg in Grossau. Foto: Peter Szynka/Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg

Im Dezember 2018 besuchten Teilnehmende des ersten Konvivenz-Workshops, der in Sibiu (Rumänien) stattfand, eine für die Gegend typische Kirchenburg. Hier das Schild zur Kirchenburg in Grossau. Foto: Peter Szynka/Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg

Diakoniefachleute aus ganz Europa thematisieren Umgang der Kirchen mit Vielfalt

GENF, Schweiz (LWI) Der letzte Workshop eines auf drei Jahre angelegten Zyklus, den eine Gruppe von im diakonischen Bereich Tätigen aus den drei europäischen Regionen des Lutherischen Weltbundes (LWB) koordiniert hat, diente der Bearbeitung von Materialien, die in der Kirchengemeinschaft insgesamt einen Lernprozess zum Thema „konvivente Kirche“ anstoßen sollen.

Der Abschluss-Workshop unter dem Titel „Menschen unterwegs – Konzepte für eine konvivente Theologie“ fand am 20. Oktober statt. Dort wurden vier von dem Diakonie-Netzwerk entwickelte Hefte diskutiert, die Beispiele für Konvivenz in der Kirche vorstellen.

Die aktuelle Workshop-Phase ist eingebettet in den europäischen Diakonieprozess. Initiiert hat diesen der LWB in Zusammenarbeit mit der Internationalen Akademie für Diakonie und soziales Handeln, Mittel- und Osteuropa (interdiac), die ihren Sitz in der Tschechischen Republik hat.

Der Workshop-Zyklus beleuchtete den diakonischen Umgang der Kirchen mit der wachsenden Vielfalt in Europa und stellte die Ergebnisse dieser Untersuchungen dar. Das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft sowie ihre Mitgliedskirchen in Europa arbeiten gemeinsam mit interdiac aktiv an der Entwicklung des Konzepts „konvivente Kirche“.

Den Workshopteilnehmenden wurde zunehmend deutlicher, welch große Vielfalt Europa prägt und dass diese bisweilen in Spaltungen und Polarisierung zum Ausdruck kommt.

„In einem solchen Kontext haben die Kirchen die Aufgabe, nach praktischen Möglichkeiten zu suchen, wie wir friedlich zusammenleben können. Nicht in Abgrenzung zueinander, sondern als Menschen, die trotz vieler Unterschiede auf kreative, von gegenseitigem Respekt geprägte Weise miteinander Wirklichkeit gestalten“, erklärte dazu der LWB-Europareferent Pfr. Dr. Ireneusz Lukas, der den Diakonieprozess seit 2016 koordiniert.

Was bedeutet „Konvivenz“?

Das Diakonie-Netzwerk definiert Konvivenz als „Kunst und Praxis des Zusammenlebens“. Aus dieser Definition erwächst die Frage: „Wie kann das Zusammenleben in einem zunehmend von Vielfalt und Ungleichheit bestimmten Europa funktionieren?“

Im Rahmen der Workshops suchten die Teilnehmenden nach möglichen Kennzeichen einer konviventen Kirche. Anhand von sechzehn missionalen Beispielen aus laufenden kirchlichen Programmen, die in den vier Heften vorgestellt werden, wurde der Referenzrahmen für eine diakonische Kirche definiert, die um Konvivenz, also die Kunst und Praxis des Zusammenlebens, bemüht ist. Dieser Referenzrahmen soll zu einem späteren Zeitpunkt in einem fünften Heft vorgestellt werden.

„Alle diese Beispiele stammen aus der persönlichen, alltäglichen Arbeit von Angehörigen der europäischen LWB-Mitgliedskirchen. Sie wurden eingebracht als Teil des gemeinsamen Lernprozesses und als Ausgangspunkt für die Reflexion“, erläuterte Pfr. Tony Addy, Leiter der Bildungsabteilung von interdiac.

Die Workshopteilnehmenden hoffen, dass sich die Leserinnen und Leser mit den Beispielen auseinandersetzen und sie als „Spiegel“ nutzen, „in dem sie ihren eigenen Kontext betrachten können“.

„Ich hoffe sehr, dass die Kunst, in Konvivenz zusammenzuleben, die die LWB-Mitgliedskirchen in Europa entwickelt haben und praktizieren, weiterwächst und viele inspiriert“, erklärte Lukas. „Beim gemeinsamen Leben geht es nicht einfach um die Einhaltung strikter Regeln, vielmehr wird es zur Kunst, hat also mit Schönheit und Freude zu tun und bedarf kontinuierlich der Kreativität.“

Bei der im Rahmen des Workshops vorgenommenen Auswertung waren sich die Teilnehmenden einig, dass eine konvivente Kirche „auf Gegenseitigkeit angelegte, sichere Räume“ bieten sollte, in denen Menschen „voneinander lernen“ und radikale Konvivenz erfahren können, die auf einem spirituellen Fundament steht.

„Diakonie ist nicht einfach ein Arbeitsbereich der Kirche, sondern eines ihrer Kennzeichen. Das heißt, dass jede Gruppe, jede Aktivität in der Gemeinde von einem diakonischen Ansatz geleitet sein kann“, ergänzte Pfr. Martin Urdze von der Lettischen Evangelisch-Lutherischen Kirche im Ausland.

 

LWF/OCS