Pfarrerin Dr. Rospita Siahaan jüngst mit Aufgabe betraut, Beziehungen unter Mitgliedskirchen in der Region zu stärken
(LWI) – Die quirlige Stadt Pematang Siantar, unweit des Äquators in der indonesischen Provinz Nordsumatra gelegen, unterscheidet sich deutlich von Genf am Fuße der Schweizer Alpen, wo die Hauptverwaltung des Lutherischen Weltbundes (LWB) ihren Sitz hat. Aber es ist die Stadt, in der Pfarrerin Dr. Rospita Siahaan zur Welt kam, die meiste Zeit ihres Lebens lebte und wo sie nun ihr Büro als neue Regionalreferentin des LWB für die Region Asien einrichten wird.
Als jüngstes von zwölf Kindern, deren Vater – ein Polizist – starb, als sie gerade einmal acht Jahre alt war, erlebte Siahaan, dass ihre nun verwitwete Mutter Tag und Nacht arbeitete, um über die Runden zu kommen und genug Essen für ihre Kinder auf den Tisch zu bekommen. „Meine Mutter war eigentlich Hausfrau, aber als mein Vater starb, nahm sie alle möglichen Jobs an, um zu überleben und uns Kinder zu versorgen“, erinnert sie sich.
Diese strenge Arbeitsmoral färbte auf Siahaan ab, die sowohl in der Schule als auch im Katechismusunterricht immer eine sehr gute Schülerin war. Von ihrer Mutter lernte sie auch, täglich zu beten und ein aktives Mitglied der Protestantisch-Christlichen Batak-Kirche (HKBP) zu werden. „Meine Mutter hat uns beigebracht, ein Gebet zu sprechen, sobald wir die Kirche betreten. Auch heute noch erlebe ich diesen Augenblick als einen ganz besonderen Moment der Begegnung mit Gott, einen Moment, in dem man die Gegenwart Gottes zu spüren beginnt; meine beiden Töchter haben diese Gewohnheit von mir übernommen“, erzählt sie.
Der Weg zur Ordination
Mit 15 Jahren spürte Siahaan erstmals, dass sie zum ordinierten Amt berufen sei. Angesichts der enormen Kosten, die mit der fünfjährigen Ausbildung am Theologie-Seminar einhergingen, war ihre Mutter allerdings nicht besonders begeistert vom Berufswunsch ihrer jüngsten Tochter. Ihre Berufung, so berichtet Siahaan, „kam nicht in Form einer prophetischen Vision, eines Paukenschlags oder eines dramatischen Damaskus-Moments, sondern zeigte sich vielmehr in der Überzeugung, dass Gott mich rief und deshalb auch für mich sorgen würden.“
Zu Beginn des zweiten Jahres am Theologie-Seminar der HKBP lernte sie einen Pastor der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika kennen, der dort zu Besuch war und ein Vollstipendium für sie organisierte, das alle ihre Kosten decken würde. Weil der Dollar aufgrund der Finanzkrise in Indonesien damals so stark war, hatte Siahaan sogar noch Geld übrig und konnte ihre Mutter finanziell unterstützen. Diese Erfahrungen haben sie sehr geprägt: „In meinen Predigten spreche ich oft darüber, dass Gott durch gewöhnliche Menschen wirkt, dass Gott nicht nur Berge versetzt und das Meer teilt, sondern auch durch ganz gewöhnliche Menschen gewöhnliche Dinge bewirkt“, sagt sie.
Nach ihrem Abschluss arbeitete sie zwei Jahre als Vikarin in der indonesischen Hauptstadt Jakarta und wurde dort im Dezember 2003 zusammen mit vielen anderen jungen Pfarramtsanwärterinnen und -anwärtern der HKBP, die eine der 13 LWB-Mitgliedskirchen in Indonesien und die zahlenmäßig größte lutherische Glaubensgemeinschaft in Südostasien ist, ordiniert. Im darauffolgenden Jahr heiratete sie einen Kommilitonen vom Theologie-Seminar und schon kurze Zeit später wurde ihre erste Tochter geboren.
Ich bin überzeugt, dass Gott uns, wenn Gott uns auswählt, immer helfen wird, die Herausforderungen zu meistern, die sich uns stellen
Pfarrerin Dr. Rospita Siahaan, LWB-Regionalsekretärin für Asien
Nach dem Abschluss ihres Masters in neutestamentlicher Wissenschaft wurde ihr ein voll finanziertes Promotionsstudium am Lutherischen Seminar in Hongkong angeboten. Wegen ihrer zwei kleinen Töchter wollte sie das Angebot eigentlich ablehnen, aber ihr Ehemann überredete sie, „auf Gott zu vertrauen“ und ihm zu erlauben, sich um die beiden Kinder zu kümmern. „Mein Mann spricht nicht nur über Gendergerechtigkeit, sondern lebt die Gleichberechtigung der Geschlechter“, lacht sie.
Während ihres Promotionsstudiums hatte sie die Chance, ins Heilige Land, in die USA und nach Dänemark zu reisen und auf LWB-Konferenzen über biblische Hermeneutik zu sprechen. Das waren wichtige Lernerfahrungen für sie, denn sie erfuhr mehr über die weltweite Kirchengemeinschaft und lernte zwei deutsche Professorinnen kennen, von denen einer ihr Doktorvater wurde und der andere sie einlud, ein Forschungsprojekt an der Universität Münster durchzuführen.
Nach mehr als zwanzig Jahren Tätigkeit als ordinierte Pastorin und acht Jahren Lehre am Theologie-Seminar der HKBP freut sich Siahaan nun auf die Herausforderungen in ihrem neuen Job. Zu ihren Aufgaben zählt die Aufsicht über mehr als 50 Mitgliedskirchen in 17 Ländern von Australien und Neuseeland bis zur Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. „Ich lerne gerne neue Leute kennen und unterhalte mich gerne mit ihnen – vor allem aber lerne ich gerne von ihnen, erhalte gerne neue Informationen und informiere mich über ihre Kulturen. Ich könnte viele tolle Geschichte über erste Begegnungen mit großartigen Menschen in ganz unterschiedlichen Ländern erzählen, die immer alle meine Erwartungen übertroffen haben“, sagt sie.
„Natürlich gab es auch mal Schwierigkeiten“, gibt sie zu, „und ich will auch nicht die Schwierigkeiten und Herausforderungen im Zusammenhang mit religiöser und kultureller Vielfalt in unserer Region herunterspielen, aber ich weiß, dass die himmlischen Gaben für mich weitaus größer sein werden. Ich bin überzeugt, dass Gott uns, wenn Gott uns auswählt, immer helfen wird, die Herausforderungen zu meistern, die sich uns stellen“, sagt sie abschließend.