LWB-Rat nimmt an Gottesdiensten in Evangelisch-Lutherischer Kirche Genf teil
(LWI) – Zahlreiche Mitglieder des Rats des Lutherischen Weltbundes (LWB) haben am Sonntag in der deutschsprachigen und der englischsprachigen Gemeinde der Evangelisch-Lutherischen Kirche Genf am Gottesdienst teilgenommen. Die Vertreterinnen und Vertreter der LWB-Mitgliedskirchen aus aller Welt haben am 4. Sonntag nach Pfingsten zusammen mit den Mitgliedern der lutherischen Ortsgemeinden fröhliche Gottesdienste mit Gebeten und Liedern in vielen verschiedenen Sprachen gefeiert.
Eine Reformation der Hoffnung
Pfr. Christian Ferber aus der deutschsprachigen Gemeinde rief angesichts der derzeitigen Entwicklungen in den europäischen Kirchen und Gesellschaften in seiner Predigt zu einer Reformation der Hoffnung und des Glaubens auf. Säkularisierung und Populismus stellten die Gemeinden in der Region vor große Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund bringe das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15,11-31) Gottes grenzenlose Liebe sehr schön zum Ausdruck.
LWB-Vizepräsidentin für die Region Mittel- und Westeuropa, Bischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, sprach in ihren Grußworten über das Thema der Ratstagung – „Reich an Hoffnung“ –, das Vertrauen darauf zum Ausdruck bringe, dass wir geborgen sind in Gottes Fürsorge wie ein Kind im Mutterleib.
Der Vizepräsident für die Region Mittel- und Osteuropa, Bischof Dr. Tamás Fabiny von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn, sprach über das internationale Reformationsdenkmal in Genf, die so genannte Mauer der Reformatoren, und erklärte, eine der Personen, denen hier ein Denkmal gesetzt worden sei, sei Stephan Bocskay. Bevor die Gegenreformation dazu geführt habe, dass viele Kirchen in Osteuropa zu Minderheitskirchen wurden, sagte er, seien von der Region verschiedene Initiativen für eine Reformation der Kirche ausgegangen.
LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt überreichte der Evangelisch-Lutherischen Kirche Genf als Geschenk und Zeichen der Verbundenheit eine Nachbildung des Lund-Kreuzes. Das Kreuz sei „ein Sinnbild für Hoffnung“, erklärte sie, das auf Jesus Christus als „Quelle unserer Hoffnung“ hindeute.
In dem englischsprachigen Gottesdienst, den der Assistierende LWB-Generalsekretär für ökumenische Beziehungen, Prof. Dirk Lange, leitete, sprach die Vizepräsidentin für die Region Nordische Länder, Pfarrerin Dr. Arnfriður Guðmundsdóttir, in ihrer Predigt über Katharina Zell, eine protestantische Autorin und Reformatorin, die Pionierarbeit leistete, und über die von Menschen definierte Ordnung dessen, „was als schwach und was als stark gilt, was als töricht und was als klug, was als hochangesehen und was als nicht hochangesehen“.
Sie erklärte, Zell, die Ende des 15. Jahrhunderts in Straßburg geboren wurde und aufgewachsen ist, sei sehr stark von Martin Luther beeinflusst worden und habe sich berufen gefühlt, „Dienerin Gottes zu sein, obwohl es Frauen damals nicht erlaubt war, das ordinierte Amt auszuüben“.
Gott und notleidenden Nächsten dienen
Stattdessen wurde Zell eine der ersten Frauen, die einen Pastor heirateten und sich aller Widerstände zum Trotz zusammen mit ihm aktiv im Dienst für die Kranken und Benachteiligten engagierten. In ihren Schriften und Worten verteidigte sie ihr Recht, Gott zu dienen, indem sie auf Luthers Grundsatz des Priestertums aller Gläubigen, sein Traktat zum ehelichen Leben und seine Kreuzestheologie verwies.
Guðmundsdóttir betonte, Zell sei „ein wichtiges Vorbild für alle unter uns, die sich berufen fühlen, Gott zu dienen – egal ob im ordinierten Amt oder in anderen Funktionen“. Sie erinnerte an Luthers Worte, dass „die Taufe die wahre Ordination“ sei, und unterstrich, dass der Grundsatz des Priestertums aller Gläubigen uns in Erinnerung riefe, dass „das ordinierte Amt in keinster Weise wichtiger sei als alle anderen Ämter oder Rollen, die wir in unserem familiären Umfeld oder in der Gesellschaft übernehmen“.
Es gebe zudem sichtbare und unsichtbare Hierarchien, so dass ordinierte Frauen mitunter nicht wie ihren ordinierten männlichen Kollegen gleichgestellt behandelt
Vizepräsidentin für die Region Nordische Länder, Pfarrerin Dr. Arnfriður Guðmundsdóttir
Guðmundsdóttir hob hervor, dass „Frauen auch heute noch gesagt würde, dass sie keine Dekaninnen, Pastorinnen oder Bischöfinnen sein könnten, schlicht weil sie Frauen und keine Männer seien, weil sie schwach und nicht stark, töricht und nicht klug und nicht hochangesehen seien“. Es gebe zudem „sichtbare und unsichtbare Hierarchien“, fügte sie hinzu, so dass ordinierte Frauen mitunter „nicht wie ihren ordinierten männlichen Kollegen gleichgestellt behandelt“ würden.
Sie erinnerte an das „sehr überzeugende Zeugnis“ polnischer Frauen im Rahmen der Vollversammlung in Krakau, die teilweise Jahrzehnte lang auf ihre Chance, gewartet hätten, „Gottes Berufung [zum ordinierten Amt] nachzukommen“. „Tief sitzende Gefühle zu Familie und der einzigartigen Rolle von Frauen haben keinerlei Bedeutung“, so schlussfolgerte sie, „wenn wir sie nicht als gleichberechtigte Partner im Leben unserer Kirche und unserer Gesellschaft verstehen.“