„Sister, carry on!“

15 Aug. 2017
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Bischöfinnen und andere Frauen in kirchlichen Leitungsämtern trafen sich in Wittenberg, Deutschland, um Erfahrungen, Rat und Unterstützung auszutauschen. Fotos: LWB/Marko Schoeneberg

Bischöfinnen und andere Frauen in kirchlichen Leitungsämtern trafen sich in Wittenberg, Deutschland, um Erfahrungen, Rat und Unterstützung auszutauschen. Fotos: LWB/Marko Schoeneberg

WICAS-Treffen von Bischöfinnen und Frauen in kirchlichen Leitungsämtern

WITTENBERG, Deutschland/GENF (LWI) – „Wir sind den Frauen, die den Weg in die Leitungsämter als erste gegangen sind, zu großem Respekt und Dank verpflichtet“, so das einhellige Votum von Bischöfinnen und kirchenleitenden Frauen an die Adresse derer, die diesen Weg vor zwei bis drei Jahrzehnten beschritten. Hierzu gehören beispielsweise Maria Jepsen aus der Nordkirche, die 1992 – vor 25 Jahren – zur ersten lutherischen Bischöfin weltweit gewählt wurde.

Im Rahmen der Veranstaltungen des Reformationssommers in der Lutherstadt Wittenberg hatten für den Lutherischen Weltbund (LWB) das Programm der Frauen in Kirche und Gesellschaft (“Women in Church and Society”, WICAS) und das Deutsche Nationalkomitee des LWB auf Initiative von Landesbischöfin Ilse Junkermann für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland zu einem Treffen von Bischöfinnen und Frauen in kirchlichen Leitungsämtern eingeladen. Vom 10. bis 14. August nutzten Frauen aus Deutschland, Norwegen, Grönland, Lettland, Indonesien, Suriname und Simbabwe die Gelegenheit, sich über Erfahrungen in ihren jeweiligen Kontexten sowie über Chancen und Schwierigkeiten für Frauen in kirchlichen Führungspositionen auszutauschen und sich gegenseitig zu beraten und zu unterstützen.

Unabhängig von ihrem Herkunftsland machen Frauen die Erfahrung, dass sie großen Vorbehalten gegenüberstehen. Die ersten Frauen in den oberen Leitungsämtern ihrer Kirchen  haben es dabei am schwersten, zumal sie keine weiblichen Vorbilder haben, an denen sie sich orientieren können. Dass es nach und nach leichter wird, bestätigt Ann-Helen Fjeldstad Jusnes, Regionalbischöfin aus Norwegen: „Heute ist es nichts Ungewöhnliches, in Norwegen Bischöfin zu sein. Aber vor vierzig Jahren mussten wir Frauen darum kämpfen, überhaupt ordiniert zu werden.“

Herausforderungen von Frauen in Leitungsämtern

Maria Jepsen, ehemalige Bischöfin in der heutigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, wurde 1972 ordiniert und wurde 1992 weltweit zur ersten lutherischen Bischöfin gewählt.

In einem Impulsreferat berichtete Altbischöfin Maria Jepsen von Kollegen und Pressevertretern, die nach ihrer Wahl zur Bischöfin jeden ihrer Schritte kritisch beäugten und entsprechend kommentierten. Es gab Situationen, da habe sie Rückendeckung und öffentliche Unterstützung vermisst, so Jepsen. Sie habe sich für einen transparenten Umgang mit kontroversen Themen eingesetzt und einen basisorientierten Leitungsstil angestrebt. Dass sie sich bei der Erarbeitung von Vorlagen für Gremienentscheidungen auch mit denen beraten habe, die von den Beschlüssen betroffen sein würden, habe in den Kirchenämtern viel Kritik ausgelöst. Transparente Kommunikation und transparentes Leitungshandeln habe für sie Priorität gehabt.

Margot Käßmann wurde 2009 als erste Frau zur Ratsvositzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt, nachdem sie 1999 die erste Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers geworden war.

Einige Jahre nach dem Amtsantritt von Maria Jepsen wurde Margot Käßmann 1999 in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers zur ersten Bischöfin gewählt. Anders als männliche Bewerber habe sie Fragen nach der Betreuung ihrer vier Töchter und ihrem Familienleben beantworten müssen, berichtet sie. Ermutigt habe sie die Erfahrung, dass Veränderungen akzeptiert werden, wenn dafür die nötigen Kompetenzen zur Verfügung gestellt oder angeworben werden.

2009 übernahm sie dann als erste Frau den Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Russisch-Orthodoxe Kirche, die keine Priesterweihe und Führungsrolle von Frauen erlaubt, stellte daraufhin die Fortsetzung ihres seit 1959 geführten Dialoges mit der EKD in Frage. 2012 - Käßmann war nicht mehr im Amt - nahm sie den Dialog wieder auf.

Luthers Unterscheidung von Amt und Person sei für sie ein hilfreiches und entlastendes Konzept, so Käßmann. Es ermögliche ihr, sich selbst auch ohne „Insignien der Macht“ treu bleiben zu können.

 

Ilse Junkermann ist seit 2009 amtierende Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Die Kirche war damals kurz vorher aus der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen neu gebildet worden.

Anders als ihre beiden Vorrednerinnen ist Ilse Junkermann derzeit aktiv im Bischofsamt tätig. Sie wurde 2009 als eine Frau aus Westdeutschland zur Landesbischöfin einer aus der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen neu gebildeten Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. „Im Osten Deutschlands sind die Kirchen eindeutig Minderheitskirchen“, weiß sie. Das bedeute, dass das staatskirchenanaloge Konzept der Amtskirche an sein Ende gekommen sei und sich die Kirche „neu erfinden“ müsse: „Eine alte Frauenkunst wird entscheidend dabei sein, diesen anderen Weg als Kirche zu gehen – die Hebammenkunst“, ist sie überzeugt.

„Das wird die vorrangige Aufgabe von Theologinnen und auch Theologen, von Gemeindepädagoginnen und -pädagogen sein: Den Getauften beistehen, dass ihre Begabungen zur Welt kommen und groß werden können. Sie begleiten, wenn diese sich ausbilden und formen. Mut machen, auch Schmerzen auszuhalten, die mit jeder Veränderung verbunden sind. Das Vertrauen in lebendige Prozesse stärken und beistehen, wenn es gefährlich wird.“

Ein Blick in die Bibel

Chiropafadzo Moyo ist Dekanin in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Simbabwe und die einzige promovierte Frau ihrer Kirche.

Mit dem Fokus auf die Themen „Familie“ sowie „Frauen und Leitung“ leitete Chiropafadzo Moyo, Dekanin in der Evangelisch-Lutherische Kirche in Simbabwe, eine Bibelarbeit zu 1. Samuel 1, 1-23 (Hannas Gebet und Samuels Geburt). Hanna sei eine Frau, die Entscheidungen selbständig traf, diese mit Ausdauer umsetzte, sich vom Verhalten und vom Spott Peninnas nicht beirren ließ, die mit ihrem Mann klar und transparent kommunizierte.

Was Hanna besonders auszeichnete: „Sie war sich ihrer Schwächen bewusst“, so Moyo. „Die meisten Menschen sprechen über ihre Stärken, wenn man sie nach ihren Schwächen fragt – aber für gelingendes Leitungshandeln ist es sehr wichtig, sich seiner Schwächen bewusst zu sein.“

LWF/OCS