„Gebete und konkrete Maßnahmen gehen Hand in Hand“
(LWI) – „Ich liebe die Slowakei. Ich lerne die Sprache, um Freundschaften zu schließen, und ich habe ein gutes Leben, denn ich habe ein Zuhause, eine Familie und Freunde.“ Jeremias spricht Slowakisch erst seit kurzem so gut, dass er sich wirklich verständigen kann. Als Geflüchteter aus der Ukraine besucht der junge Mann Sprachkurse als Teil einer örtlichen Integrationsinitiative der evangelischen Diakonie der Evangelischen Kirche der Augsburger Konfession in der Slowakischen Republik (ECAV), unterstützt vom Lutherischen Weltbund (LWB).
Überwältigende Gastfreundschaft
Als der Krieg in der Ukraine im Februar 2022 mit voller Wucht ausbrach, hat die Slowakische Republik mehr als eine halbe Million Geflüchtete aufgenommen. Die Menschen haben ihre Häuser geöffnet, und die Kirchen haben für Unterkünfte, Nahrung und Transportmöglichkeiten für die Familien gesorgt, die aus dem Nachbarland fliehen mussten. Die Menschen, die durch den Krieg vertrieben worden waren, wurden mit überwältigender Gastfreundschaft und Fürsorge aufgenommen. Die ECAV und ihr diakonisches Werk gehören zu den zahlreichen Akteuren, die den Geflüchteten helfen.
Zwei Jahre später hat die Regierung die Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine und hier besonders die Bereitstellung von Unterkünften eingeschränkt. Die ECAV und die slowakische Diakonie versuchen, das sich vergrößernde Unterstützungdefizit auszugleichen. Die Integration in lokale Gemeinschaften ist entscheidend, um die Abhängigkeit der Menschen von Regierungshilfen zu überwinden.
Ungleichheiten und Traumata ansprechen
Das Projekt „Förderung geflüchteter Kinder in der Slowakei“ wird vom LWB finanziert und von der ECAV und der slowakischen Diakonie durchgeführt. Das Projekt verfolgt eine ganzheitliche Strategie und unterstützt sowohl die Kinder als auch die betreuenden Personen. Projektziele seien der gleichberechtigte Zugang zu Bildung, Integrationshilfen für Kinder in der Gemeinschaft, Unterstützung von Betreuungspersonen (meistens alleinerziehende Mütter) und Verarbeitung von Traumata, berichtet die Direktorin der evangelischen Diakonie der ECAV in der Slowakei, Ľubica Szabóová Vysocká. Das Projekt lief von August 2023 bis Juni 2024.
Das Team hat Tutorbetreuungen und dem Therapiegedanken verpflichtete Bildungsdienste organisiert, um die Benachteiligung geflüchteter Kinder in der Schule auszugleichen. Zusätzlich zu den Sprachkursen für Slowakisch hat das Projekt ebenfalls Sprachkurse in der Muttersprache Ukrainisch angeboten, damit die Kinder ihre Identität nicht verlieren. Führungskräfte in den Gemeinschaften und Kirchenleitende haben die Eltern und Familien an Gruppenaktivitäten beteiligt.
Hand in Hand mit der pädagogischen Unterstützung geht die Prävention gesellschaftlicher Isolierung und problematischer Verhaltensweisen und Ungleichheiten im schulischen Umfeld und in der Gesellschaft.
die Direktorin der evangelischen Diakonie der ECAV in der Slowakei, Ľubica Szabóová Vysocká
„In den Diskussionen mit den Müttern ging es in erster Linie darum, wie wichtig die Integration der Kinder in das örtliche Schulsystem ist und wie wir sie im Umgang mit den lokalen öffentlichen Behörden unterstützen können. Wir haben Informationen über die Rolle der Sozial- und Gesundheitssysteme zur Verfügung gestellt und sie dabei beraten, wie sie möglichst schnell zu einem normalen Leben in der Aufnahmegemeinschaft finden können“, erklärt Szabóová Vysocká.
Vier Monate später bestätigen die meisten Eltern, dass die Kinder mit viel mehr Selbstvertrauen an ihre Schularbeiten gehen. „Ich bin so glücklich, dass ich diese guten Menschen hier getroffen habe“, berichtet ein Kind aus der Stadt Martin. „Ich kann nur allen in meiner Situation raten, die Sprache zu lernen und hier Freundschaften zu schließen.“
Fast 300 Kinder in sieben Gemeinschaften haben an Slowakisch-Sprachkursen teilgenommen, und 200 Kinder unter zehn Jahren haben Sprachunterricht in Ukrainisch erhalten. Szabóová Vysocká stellt in ihrem Abschlussbericht fest, dass fast 500 Kinder in Fächern wie Physik, Mathematik und Chemie unterrichtet wurden, Hilfe in Online-Kursen erhalten haben und auch nach der Schule noch in wichtigen Fragen beraten wurden. Hunderte Mütter haben an Kunsttherapien und Traumaberatungen teilgenommen und seien jetzt in der Lage, zuversichtlich nach vorn zu schauen und ihre Zukunft aktiv zu planen, erklärt Szabóová Vysocká.
„Hand in Hand mit der pädagogischen Unterstützung geht die Prävention gesellschaftlicher Isolierung und problematischer Verhaltensweisen und Ungleichheiten im schulischen Umfeld und in der Gesellschaft. Einige dieser erlernten Verhaltensweisen zeigen nicht nur später in der Lebensqualität der Kinder Wirkung, sondern auch in unserer Gesellschaft und in den Gemeinschaften, in denen wir zusammenleben“, fügt sie hinzu.
Lernen aus der Vergangenheit
Rebekka Meissner, LWB-Programmreferentin für Projekte der Mitgliedskirchen, verwies besonders auf die Bedeutung der ECAV-Gemeinden innerhalb des Projekts und für die Geflüchtetenhilfe insgesamt. „Die Stadt wäre erst einmal auf sich selbst gestellt gewesen und hätte auf Anweisungen vom Staat gewartet. Die Kirche und die Zivilgesellschaft konnten dagegen sofort helfen. Selbst die Initiative zu ergreifen, war besonders wichtig, da die Leitung der städtischen Katastrophenhilfe nicht darin ausgebildet war und keine Idee hatte, wie mit der Situation umzugehen war.
„Die Gemeinden haben gehandelt und die Menschen auch spirituell unterstützt; Gebete und Taten gingen Hand in Hand“, fügte sie hinzu. „Sie haben von der ‚Samtenen Revolution‘ in der Slowakei 1989 gelernt, als eine Massenbewegung erforderlich war, um Veränderungen durchzusetzen. Das Leben zahlreicher Menschen aus den Gemeinden, die diese Aktionen koordinieren, wurde durch die diakonische Arbeit ebenfalls verändert, und es wäre sicherlich spannend, ein Buch über alles zu schreiben, was sie gelernt und erfahren haben.“