Tagung zum Thema Religion im öffentlichen Raum würdigt Dialog an der gesellschaftlichen Basis

14 Sep 2015
Image
Der japanische Theologe Pfr. Dr. Arata Miyamoto (li.) und Prof. Dr. Noto R. Thelle (Norwegen), der zur Offenheit für die Weisheit und Erfahrung anderer Religionen ermutigte. Foto: LWB/I. Benesch

Der japanische Theologe Pfr. Dr. Arata Miyamoto (li.) und Prof. Dr. Noto R. Thelle (Norwegen), der zur Offenheit für die Weisheit und Erfahrung anderer Religionen ermutigte. Foto: LWB/I. Benesch

Hongkong/Genf, 11. September 2015 (LWI) – Eine internationale Tagung, die die Rolle der Religion im öffentlichen Raum im asiatischen Kontext beleuchtete, hat die EntscheidungsträgerInnen im religiösen Bereich aufgefordert, für eine Theologie einzustehen, die „nicht nur mit unserem Kopf, sondern auch mit unserem Herz und unserem Körper voll und ganz in der Welt steht.“

Der Lutherische Weltbund hatte die Tagung mit dem Thema „Religiöses Leben und öffentlicher Raum in Asien“, die vom 3. bis 7. September stattfand, gemeinsam mit dem Tao Fong Shan Christian Center und Areopagos, einer norwegischen Missionsorganisation, organisiert. In einem Kommuniqué (in englischer Sprache) betonten die 30 teilnehmenden TheologInnen und ReligionswissenschaftlerInnen, wie wichtig ein Dialog zwischen Angehörigen unterschiedlicher Glaubensrichtungen sei, der spontan an der Basis der Gesellschaft entstehe und Menschen im Engagement zu bestimmten sozialen Fragen zusammenführe.

Dieser Ansatz biete benachteiligten Gruppen die Chance, „ihre Stimme zu erheben und den Diskurs zu beeinflussen“, und stärke gleichzeitig die nachbarschaftlichen Beziehungen, „trotz sehr unterschiedlicher religiöser Überzeugungen.“

Reiche spirituelle Quellen

Unter den ReferentInnen der Tagung war Prof. Dr. Dr. Anselm Min von der Claremont Graduate University (Kalifornien, USA), der auf die reichen spirituellen Quellen der Region und deren Potenzial verwies, Menschen einen tieferen Bezug zu ihrer Alltagsrealität zu vermitteln.

Min ermunterte die Glaubensgemeinschaften in Asien, ihre tiefe Spiritualität aufzubieten, um den Menschen dabei zu helfen, über Identitätsvorstellungen auf der Grundlage von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Ideologie und Kultur hinauszukommen. Es sei notwendig, den Dialog zu vertiefen, so Min, um Missverständnisse zu vermeiden und stattdessen das gemeinsame Engagement zur Überwindung von Leid zu stärken.

Schöpfung und Erlösung – zwei getrennte Aspekte?

Prof. Dr. Notto Thelle (Universität Oslo, Norwegen) forderte dazu auf, die Differenzierung zwischen Schöpfung und Erlösung aus lutherischer Sicht zu überprüfen mithilfe einer Schwerpunktsetzung bei der trinitarischen Struktur beider Konzepte.

„Das Problem entsteht, wenn Schöpfung und Erlösung isoliert erscheinen als zwei getrennte Aspekte des Wirkens Gottes in der Welt.“ Die Überwindung dieser Trennung eröffne den Ausblick auf die Weisheit und Erfahrung anderer Religionen, so Thelle, der in den letzten drei Jahrzehnten an mehreren LWB-Dialogen mitgearbeitet hat.

Konflikt als Chance

Als allgemeingültiger Wert der vielfältigen kulturellen, religiösen und politischen Landschaft Asiens wurde die Achtung der Koexistenz herausgearbeitet. Hinterfragt wurde dieses Ergebnis allerdings von Jugenddelegierten, die die LWB-Mitgliedskirchen in Indonesien vertraten. Bisweilen böten auch Konflikte Chancen zur Vertiefung von Beziehungen.

Prof. Dr. Saw Hlaing Bwa vom Myanmar Institute of Theology in Rangun ergänzte, es sei nicht genug, „im passiven Sinne friedlich zu koexistieren.“ Vielmehr müsse auf den Aufbau gesunder Beziehungen im öffentlichen Raum hingearbeitet werden, die für das Recht aller Menschen auf Leben einstehen, „mit gegenseitigem Verständnis, Respekt und Vertrauen, die uns voll und ganz schützen können vor allen spaltenden und Leben zerstörenden Kräften.“

Prof. Dr. Lai Pan-Chiu (Chinese University of Hong Kong) bezog die christliche Heilslehre auf chinesische Kulturen und Religionen. Seine These lautete, die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben impliziere eine bedingungslose Annahme des jeweiligen Gegenübers, „die sich auf das eigene Sein, nicht auf das Haben stützt“ und deshalb Menschen davon befreie, ihren Wert durch den Konsum beweisen zu müssen.

Öffentliche Dimension spiritueller Praxis

ChristInnen können öffentlich Zeugnis geben, indem sie sich an gemeinsamen Initiativen mit anderen Religionsgemeinschaften beteiligen. Professorin Dr. Kajsa Ahlstrand von der Universität Uppsala (Schweden) beschrieb als Beispiel eine christlich-buddhistische Wallfahrt von Göteborg nach Karlskoga in Schweden, die die öffentliche Dimension einer zutiefst spirituellen Handlung aufgezeigt habe.

ReferentInnen aus Festlandchina, Hongkong, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, Myanmar und von den Philippinen behandelten verschiedene Aspekte des religiösen Lebens, des interreligiösen Dialogs, der öffentlichen Theologie und der christlichen Präsenz im öffentlichen Raum.

Abschliessend betonte Pfarrerin Dr. Simone Sinn, Studienreferentin des LWB für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen, wie wichtig eine gemeinsame Positionierung zu gesellschaftspolitischen Fragen sei, die Rückwirkungen besonders auf Schwache haben. Unter Verweis auf einen Beitrag von Bischof Ben Chang von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Hongkong bekräftigte Sinn, solche Begegnungen seien wertvoll, die „uns dazu herausfordern, uns aus dem christlichen Raum in unseren eigenen vier Wänden hinauszubegeben in einen offenen Raum.“

 

Pauline Mumia