LWB Projekt unterstützt Rückkehrer und potenzielle Migranten
(LWI) – Harrison Amadi war 28 Jahre alt, als er Nigeria auf der Suche nach einem besseren Leben verließ. Fünf Jahre später kehrte er traumatisiert zurück: Er hatte unzählige Leichen entlang der Straßen durch die Wüste gesehen, auf kenternden Flüchtlingsbooten gesessen, unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis ausgeharrt und körperliche Ausbeutung über sich ergehen lassen müssen.
Harrison ist bei Weitem nicht der einzige junge Mensch aus Nigeria, der ein solches Schicksal erlitten hat, nachdem er sich auf den Weg in eine vermeintlich bessere Zukunft gemacht hat - nur um dann Opfer von Menschenhändlern zu werden, die andere Menschen für den eigenen Gewinn ausbeuten. Er ist aber auch nicht der Einzige, der sich als Überlebender um Heilung seines Traumas bemüht.
Harrison ist einer von mehr als 200 Menschen, die jedes Jahr von dem Projekt „Zeichen der Hoffnung“ unterstützt werden – einem Projekt des Lutherischen Weltbundes (LWB) in drei afrikanischen Ländern, das in Nigeria durch eine der örtlichen LWB-Mitgliedskirchen, die Lutherische Kirche Christi in Nigeria (LKCN), umgesetzt wird.
Durch das Projekt „Zeichen der Hoffnung“ werden Überlebende von Menschenhandel und potenzielle sowie bereits zurückgekehrte Migrantinnen und Migranten unterstützt. Ihre Geschichte wird dokumentiert, sie erhalten psychosoziale Unterstützung und Therapieangebote sowie eine Ausbildung und Hilfe beim Aufbau neuer Lebensgrundlagen.
Das ist ein Prozess, der seine Zeit braucht.
„Wenn wir mit Migrantinnen und Migranten arbeiten, die in ihre Heimat zurückgekehrt sind, müssen wir erst einmal ihr Vertrauen gewinnen“, berichtet Pfr. Emmanuel Subewope Gabriel von der LKCN, der Direktor des Projekts „Zeichen der Hoffnung“ in Nigeria.
„Zurückgekehrte Migrantinnen und Migranten vertrauen oftmals niemandem, weil ihr Vertrauen von Menschenhändlern missbraucht wurde – oftmals sogar mit Hilfe von jemandem, der ihnen nahestand. Manchmal gibt es hier in unserem Projekt auch Menschen, die selbst nach einem Jahr noch nicht sicher sind, ob und in welchem Maße sie uns vertrauen können. Aber mit viel Geduld und Gottes Hilfe können wir ihr Vertrauen gewinnen und sie bei ihrer Heilung unterstützen.“
Wir wissen, das jeder Mensch in Nigeria ein potenzieller Migrant oder eine potenzielle Migrantin ist, was mit den vielen Faktoren zusammenhängt, die Auswirkungen auf die jungen Menschen in unserem Land haben – beispielsweise Armut und große Unsicherheit in vielen Landesteilen.
Pfr. Emmanuel Gabriel, Direktor des Projekts „Symbole der Hoffnung“ in Nigeria
Irreguläre Migration ist ein weit verbreitetes Problem auf dem afrikanischen Kontinent, insbesondere in Nigeria.
„Wir wissen, dass jeder Mensch in Nigeria ein potenzieller Migrant oder eine potenzielle Migrantin ist. Das hat viele Gründe, die Auswirkungen auf die jungen Menschen in unserem Land haben – beispielsweise Armut und Gewalt in vielen Landesteilen“, erklärt Pfr. Gabriel.
„Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen geraten junge Nigerianerinnen und Nigerianer in die Hände von Schmugglern und Menschenhändlern, die sie Tag für Tag auf die schreckliche Reise durch die Wüste und über das Mittelmeer mitnehmen”, erzählt er weiter. “Sie zwingen sie zu häuslicher Dienstbarkeit, Zwangsarbeit, machen sie zu Opfern sexueller Gewalt und zuweilen sogar sexueller Sklaverei. Diese Menschen sind in höchstem Masse gefährdet. Diejenigen, die zurückkehren, werden stigmatisiert und sind entfremdet von ihren Familien, die sie zu Hause zurückgelassen haben.“
Und dennoch betont der Projektleiter im Land, dass „Zeichen der Hoffnung“ ein erfolgreiches Projekt ist. „Seit das Projekt 2017 in Nigeria aus der Wiege gehoben wurde, hat der LWB das Leben von inzwischen mehr als 2.000 jungen Menschen zum Positiven verändert. Viele von denen, die traumatisiert waren, haben psychosoziale Unterstützung erhalten. Sie hat ihnen Kraft gegeben, wieder auf die Beine zu kommen.“
Hoffnung schaffen: Von Heilung bis Existenzsicherung
Harrison hörte 2022 erstmals von dem Projekt „Zeichen der Hoffnung“. Ein Freund, der Unterstützung durch das Projekt erhalten hatte, erzählte ihm davon. Seitdem sei es ein wunderbares Verhältnis, sagt er. Er verdiene seinen Lebensunterhalt heute als Maler und Künstler – eine Fertigkeit, die er als Geschenk von Gott bezeichnet. „Das Projekt ‚Zeichen der Hoffnung‘ hat eine wichtige und positive Rolle gespielt; ich bin inzwischen geheilt, ich kann wieder lachen und ich danke Gott für mein heutiges Leben, weil so viele andere Menschen (die ausgewandert sind) den Tod gefunden haben.“
„Mein Leben soll anderen als Beispiel dienen“, sagt er weiter. „Deshalb habe ich keine Angst, überall zu erzählen, wie es mir ergangen ist. Stellen Sie sich einmal vor, morgen wäre mein Bruder oder mein Cousin in der gleichen Situation...“
Yetunde (auf Wunsch nur mit Vornamen genannt) kann seine Worte nur bestätigen. Yetunde war Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. „Als ich nach Libyen zurückkam, stand ich an der Schwelle des Todes. Durch das Projekt ‚Zeichen der Hoffnung‘ habe ich mein Leben zurückbekommen; der Herrgott hat mir durch das Projekt ein zweites Leben geschenkt.“
„Hoffnung heißt für mich: Leben und Freude; es ist an mir, mir eine Zukunft vorzustellen, mir eine Vision für meine Zukunft auszudenken und auszumalen, in der ich habe, was ich mir wünsche“, sagt Yetunde.
Und weiter sagt sie: „Ich habe immer gebetet, dass ich gerettet würde, dass ich eine Stimme für diejenigen sein kann, die keine Stimme haben. Ich will nicht, dass meine Geschichte verhallt. Meine Vision ist es, zu erzählen, was ich erlebt habe, damit nicht noch mehr Menschen auf die Menschenhändler reinfallen, die immer auf der Suche nach hilflosen Menschen sind. Ich will meine Geschichte erzählen.“
Auch wenn die Reise mit dem Projekt „Zeichen der Hoffnung“ oftmals mit psychosozialer Unterstützung beginnt, geht es um mehr als nur um Traumaheilung für zurückgekehrte Migrantinnen und Migranten.
Das Projekt richtet sich in erster Linie an drei Zielgruppen: Pfarrpersonen und Kirchen, Migrationswillige sowie zurückgekehrte Migrantinnen und Migranten. Es sensibilisiert, baut Kapazitäten auf und betreibt Advocacyarbeit. Die zurückgekehrten Migrantinnen und Migranten sind von besonderer Bedeutung für die Arbeit, weil viele von ihnen in den Gemeinschaften, in denen sie leben, mit den Menschen sprechen können. Ihre Erzählungen schaffen ein Bewusstsein dafür, was irreguläre Migration wirklich für die Betroffenen bedeutet.
Wenn es sich anbietet, können die Menschen, die von dem Projekt unterstützt werden, Fertigkeiten erlernen und Startkapitel für die Schaffung einer eigenen Existenzgrundlage bekommen.
„Das Projekt ‚Symbole der Hoffnung‘ ist ein großer Erfolg, weil es vielen jungen Menschen Hoffnung vermittelt und Würde zurückgibt. Viele junge Menschen konnten wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Viele junge Menschen wissen heute, was es heißt, fundierte Entscheidungen in Bezug auf das Thema Migration zu treffen“, sagt Projektleiter Gabriel abschließend.