Zivilgesellschaftliche Räume schützen, Gendergerechtigkeit fördern

12 Okt. 2023

Aus dem Glauben handelnde Organisationen erörtern Möglichkeiten, etwas gegen die jüngsten Rückschläge bei der Verteidigung von Menschenrechten von Frauen zu unternehmen. 

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Teilnehmende der Podiumsdiskussion über den Schutz des zivilen Raums und die Verbesserung der Gendergerechtigkeit.

Teilnehmende der Podiumsdiskussion über den Schutz des zivilen Raums und die Verbesserung der Gendergerechtigkeit. Foto: LWB/E. Wolf

Sich gegen die Angriffe auf die Menschenrechte von Frauen zur Wehr setzen

(LWI) – 75 Jahre nach der Verkündigung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen sprechen aus dem Glauben handelnde Organisationen darüber, wie wir mit neuen und kreativen Ideen diejenigen Gruppen schützen können, die sich für Menschenrechte einsetzen und die sich besonders für Geschlechtergerechtigkeit überall auf der Welt engagieren. 

Während der 54. Sitzung des Menschenrechtsrates haben der Lutherische Weltbund (LWB) gemeinsam mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen, dem ACT-Bündnis, der Dänischen Kirchenhilfe, dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, UN-Frauen und der dänischen Regierung auf einer Nebenveranstaltung erörtert, wie glaubensorientierte Organisationen dem Problem der zunehmenden Einschränkung der Handlungsräume von Menschenrechtsgruppen begegnen wollen. 

Die LWB-Advocacy-Referentin für Gendergerechtigkeit, Sikhonzile Ndlovu, sagte: „Die kleiner werdenden zivilgesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten erfordern eine grundlegende Änderung unserer Arbeitsweisen – wir müssen unsere traditionellen Handlungsmodelle überdenken und uns alternative Räume für die Advocacy-Arbeit erschließen.“ Das bedeutet eine bessere Nutzung der neuen Möglichkeiten, die uns die digitale Technologie bietet, sowie die Stärkung unserer Kapazitäten durch Ausbildung, Lernen in Gruppen, gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Aufbau besserer Beziehungen zu Regierungen und nationalen, regionalen oder lokalen Menschenrechtsinstitutionen. 

Herausforderungen in virtuellen Räumen 

Karina Pultz, leitende Beraterin bei der Dänischen Kirchenhilfe, wies darauf hin, dass Frauen auch in virtuellen Räumen beträchtlichen Anfeindungen ausgesetzt sind und nach einem im Jahre 2022 erschienenen Bericht der Organisation „27 mal öfter das Ziel von Online-Belästigungen sind als Männer.“ Während der Erstellung des Berichts, so sagte sie, „war es erdrückend, Geschichten über sexistische Kommentare und Deep Fakes zu erfahren, mit denen Frauen gedemütigt werden sollten. Dazu kamen noch Vergewaltigungs- und Todesdrohungen, um diese Frauen von ihrem politischen Engagement abzuhalten.“ 

Felipe Koch Butelli, Pfarrer der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB), sprach über die wichtigen Fortschritte, die sein Land in den Jahren von 2014 in diversen Bereichen erzielt hatte, dazu gehören „Gleichstellungspolitik, Gesetze gegen geschlechtsspezifische Gewalt und Debatten über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte.” Nach dem Vorbild des LWB, so Butelli, habe die Lutherische Diakonie-Stiftung der IECLB im Jahre 2014 eine eigene Politik für Geschlechtergerechtigkeit entwickelt und eingeführt „und damit die Grundlage für die Kirche geschaffen“, im vergangenen Jahr diesem Beispiel zu folgen. 

Während der vergangenen zehn Jahre, so Butelli, sei die Religion jedoch „instrumentalisiert“ worden, um die „frauenfeindliche Politik und Ideologie“ der Regierung  und damit einen immensen Rückschritt im Hinblick auf Frauenrechte zu rechtfertigen. „Die öffentlichen Investitionen in Frauenpolitik waren gleich Null“, sagte er, „und die symbolische und diskursive Gewalt“ von Amtsträgern „hat die Öffentlichkeit infiziert und alle möglichen Formen von Gewalt gegen Frauen beeinflusst und normalisiert.“ 

Im derzeitigen Kontext, so Butelli, „ist die brasilianische Gesellschaft traumatisiert durch das Wiederaufflammen von Gewalt in all ihren Formen.“  Das Land brauche „einen Prozess der Versöhnung und der Wiederherstellung familiärer, gemeinschaftlicher und sozialer Beziehungen“, so Butelli weiter, damit „die Würde aller Menschen und ihr Recht auf ein menschenwürdiges und friedliches Leben wieder als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden.“ 

Die Kirchen können eine wichtige Aufgabe bei der „Herstellung von Räumen für einen Dialog“ übernehmen, fügte er hinzu, und so dazu beitragen, „Themenkataloge wieder aufzugreifen, die aufgegeben wurden, und an Fortschrittsziele anzuknüpfen, die nicht weiter verfolgt wurden.“ Der Wiederaufbau von Beziehungen „erfordert Gespräche, Vertrauen und Begegnungen von Menschen ohne Furcht vor schwierigen Themen“, erklärte Butelli mit Nachdruck. 

Adriana Quinones, im Genfer Büro für Menschenrechte und Entwicklung zuständig, sprach auf der Veranstaltung am 11. Oktober für UN-Frauen und wies darauf hin, dass „der Schutz zivilgesellschaftlicher Räume und Geschlechtergerechtigkeit keine separaten Ideen sind, sondern vielmehr zwei Seiten derselben Münze.“ Abschließend sagte sie: „Der Erhalt zivilgesellschaftlicher Räume ist für die Geschlechtergerechtigkeit unverzichtbar.“ 

LWB/P. Hitchen
Land:
Schweiz
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