Dokumentarfilm aus Äthiopien zeigt Risiken und Folgen irregulärer Migration
HADIYA, Äthiopien/GENF (LWI) – Ayelech Abosie war fest entschlossen, die Lebensumstände ihrer Familie zu verbessern. Also machte sie sich auf einen Weg, auf den sich viele junge Frauen und Männern aus Südostäthiopien machen, die in ihrer Heimat keine Arbeit finden. Sie wusste wenig über das Arbeiten im Ausland, aber ein Vermittler hatte ihre Reise nach Bahrain organisiert und ihr einen guten Job als Hausangestellte und einen angemessenen Lohn versprochen, mit dem sie ihre Familie aus dem Leben in Armut würde holen können.
Es kam aber alles anders als Abosie gedacht hatte. Sie bekam zwar einen Job, aber die Arbeitsbedingungen waren völlig anders als versprochen. „Ich arbeitete ohne Pause und nicht nur das – mein Arbeitgeber wurde mir gegenüber handgreiflich. Ob tagsüber oder nachts, meine Augen, meine Ohren und viele andere Teile meines Körpers wurden verletzt“, erinnert sie sich und zeigt dabei auf die Narben rund um ihre Augen.
Abosies Geschichte ist nur einer von vielen Erlebnisberichten, die in einer von der Kommission für Entwicklung und soziale Dienste (DASSC) der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY) im Rahmen ihres Projektes „Symbole der Hoffnung“ produzierten Dokumentation erzählt werden. Der Lutherische Weltbund (LWB) fördert das Projekt „Symbole der Hoffnung“ im Rahmen seines strategischen Ziels, die Kapazitäten der Mitgliedskirchen aufzubauen und zu stärken, um effektiver mit Problemen rund um irreguläre Migration umgehen zu können.
Abosie berichtet in der Dokumentation über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, schildert die Misshandlungen, die sie durch ihren Arbeitgeber erlitten hat, und erzählt von ihrer Entscheidung, in die Krankenstation Anna Balessa im Distrikt Hadiya zurückzukehren, der in der Region Southern Nations, Nationalities, and Peoples im Südosten Äthiopiens gelegen ist. Aber in der Heimat war das Leben nicht leichter, denn es gab einfach keine Jobs.
2018 sei sie dann einer Frauengruppe des Projektes „Symbole der Hoffnung“ beigetreten. Mithilfe einer Startfinanzierung von 10.000 Äthiopischen Birr (EUR 195) hat sie einen Lebensmittelstand auf dem örtlichen Markt eingerichtet und versucht damit ihre vierköpfige Familie zu ernähren. „Heute habe ich mein eigenes kleines Geschäft. Ich bin so dankbar für das Projekt ‚Symbole der Hoffnung‘ der DASSC von Mekane Yesus“, sagt die 28-Jährige. Auch wenn die COVID-19-Pandemie sie und ihr Geschäft schwer getroffen habe, steigen die Umsätze dank einer weiteren kleinen Finanzspritze durch das Projekt „Symbole der Hoffnung“ Ende 2020 nun langsam wieder.
Veränderung
Die DASSC der ÄEKMY setzt das Projekt „Symbole der Hoffnung“ bereits seit 2017 um. Es stützt sich auf Informationen der lokalen Verwaltungsstrukturen und teilt Rückkehrende und potenzielle Migrantinnen und Migranten in Selbsthilfegruppen ein, die dann als Alternative zu der oftmals lebensgefährlichen Arbeitsplatzsuche im Ausland vor Ort einkommensschaffende Tätigkeiten aufbauen. Das Projekt bietet Möglichkeiten, bestimmte Fertigkeiten zu erlernen, und schafft Bewusstsein für die möglichen Risiken einer Migration auf irregulären Wegen, die oftmals von Kartellen kontrolliert wird, die sich einzig für das Geld interessieren, dass Migrationswillige für die „Vermittlung“ eines Jobs im Ausland bezahlen.
Ashenafi Haile, Direktor in der Zweigstelle der Kommission für Entwicklung und soziale Dienste bei der Synode Zentral-Süd-Äthiopien der ÄEKMY, sagt, das Modell des Projektes funktioniere gut. Er verweist auf die veränderten Lebensbedingungen einer Gruppe von 15 Frauen im Distrikt Hadiya, die eine Grundausbildung in betriebswirtschaftlichen Kenntnissen und unternehmerischen Fertigkeiten erhalten haben und über bewährte Praktiken informiert wurden. Sie betreiben heute zum Beispiel Cafés, sind im Gartenbau tätig, oder produzieren Seife.
Das Projekt der ÄEKMY bildet zudem religiöse und örtliche politische Führungspersonen fort, damit diese die Informationen über die Risiken und Folgen irregulärer Migration in ihren Gemeinden und Gemeinwesen verbreiten können. Viele Familien wissen nun um die möglicherweise sehr negativen Folgen einer irregulären Migration und sind dankbar, dass ihre Liebsten gesund und munter zurückgekehrt sind.
Die meisten Geschichten, die die Zurückgekehrten aus ihrer Zeit als Migrantin oder Migrant und ihrem Leben im Ausland erzählen, zerrissen einem das Herz. Frauen seien einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, in die Hände von Menschenhandelnden zu fallen und in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen im Ausland zu landen, erklärt Marina Dölker, die LWB-Programmreferentin für Diakonie und Entwicklung.
„Es macht Mut zu sehen, dass die Kirche greifbare Zeichen der Hoffnung zur Verfügung stellen kann, die es den Rückkehrenden ermöglichen, ihre Würde und Kontrolle über ihr Leben wiederzuerlangen“, sagt sie weiter.
Erfahren Sie hier, wie Ayelech Abosie und andere Frauen genau dort ein Fünkchen Hoffnung fanden, wo sie zuvor nur Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung wahrnehmen konnten.