LWB-Generalsekretärin Burghardt spricht auf regionaler Kirchenleitungskonferenz
(LWI) – In einer Gemeinschaft von Kirchen, deren Lebensrealitäten so unterschiedlich seien wie die Regionen, Länder und Gemeinwesen, in denen sie aktiv sind, hätten Kirchenleitende die Aufgabe, die Stimmen der Menschen, denen sie dienen, „in diesen Raum zu tragen, damit wir gemeinsam über kontextbezogene Themen nachdenken können“.
Das sagte die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Anne Burghardt, heute in ihrer Ansprache an die Führungspersonen von LWB-Mitgliedskirchen in Afrika, die vom 27. Juni bis 1. Juli in Addis Abeba, Äthiopien, zur Konsultation lutherischer Kirchenleitender in Afrika (ALCLC) zusammengekommen sind.
Mit Blick auf die Herausforderungen in den aktuellen Lebenskontexten lenkte sie die Aufmerksamkeit der Kirchen auf den zunehmenden Individualismus und die Unfähigkeit vieler Menschen, empathisch zu sein für die Bedürfnisse anderer Menschen, und damit die eigene Verantwortung in der Gesellschaft zu ignorieren. „Das alles sind beunruhigende Entwicklungen, die die Kirchen auffordern, der pastoralen Fürsorge mehr Beachtung zu schenken und Pfarrerinnen und Pfarrer und Seelsorgende mit besseren seelsorgerischen Kompetenzen auszustatten.“
Die Generalsekretärin ging in ihrer Ansprache außerdem auf das Thema der Dreizehnten Vollversammlung – „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ – und den Dienst der Kirchen in den heutigen Lebenskontexten ein. Sie wies darauf hin, dass die meisten Gründe für das Leid und die Ungerechtigkeit in der Welt auf gesellschaftliche Spaltung zurückzuführen seien. In einer zersplitterten und polarisierten Welt hätten die Kirchen zwei Aufgaben: In den Kirchen, aber auch außerhalb der Kirchen Zeugnis abzulegen. „Unsere Botschaft von Einheit muss in dem Lebensatem und der spirituellen Einheit Widerhall finden, die wir erleben, wenn wir die verschiedenen Teile des Leibes vereinen, der der LWB ist.“
Aus dem Blickwinkel des Glaubens nachdenken
Burghardt sprach über spirituelle Narrative wie das Wohlstandsevangelium und andere Narrative, die durch eine Lehre über die Bedeutung wirtschaftlichen Erfolgs in Gesellschaft und Kirche und das Predigen darüber Spaltungen innerhalb der Kirche beförderten. Sie erinnerte die Kirchen an ihre Aufgabe, aus der Perspektive des Glaubens zu einem Urteil zu finden und zu argumentieren. „Wir sind aufgerufen, eine prophetische Stimme zu erheben gegen all jene, die Ungerechtigkeit herbeiführen und Bedingungen entgegentreten, die förderlich für das Leben sind“, sagte sie.
Sie berichtete von ihrer tiefen Überzeugung, dass der LWB auch weiterhin in gute theologische und spirituelle Grundfeste und eine gute theologische und spirituelle Ausbildung investieren müsse, um kritisches Denken zu fördern. Das sei der beste Weg, um „den destruktiven Narrativen“ entgegenzutreten und „einander zuzurüsten, dass wir Brücken und Türen bauen können, die uns den Weg zu einem neuen Leben eröffnen“.
Mit Blick auf die Botschaft der Hoffnung ermutigte Burghardt die Kirchen, auf ihren Glauben zurückzugreifen, um sich rückzuversichern, dass Gott, der Schöpfer, Erlöser und Bewahrer allen Lebens, seine Schöpfung kennt und liebt. Sie sagte, die lutherische Glaubenstradition „nimmt die Verletztheit der Menschen ernst“. Gleichzeitig aber betone sie „die Vorrangstellung der Gnade und Liebe Gottes für die Menschen, die uns aufruft, unser Bestmögliches zu tun, um die neue Schöpfung in der Welt um uns herum allen Widrigkeiten zum Trotz sichtbarer zu machen“.
Die Kirche im öffentlichen Raum
Bezugnehmend auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, unter denen viele Menschen noch immer litten, brachte Burghardt ihre Dankbarkeit für die Solidarität in der lutherischen Kirchengemeinschaft zum Ausdruck, durch die viele Mitgliedskirchen konkrete Hilfen erhalten hätten und so tausende Menschen in Ortsgemeinden und lokalen Gemeinwesen Entlastung erfuhren. Sie berichtete von ihrem jüngsten Besuch in Tansania und Uganda, wo wie in vielen anderen Ländern die Zahl der Teenager-Schwangerschaften während der Pandemie rapide zugenommen hätte. „Es war gut zu sehen, dass unsere LWB-Mitgliedskirche in Tansania sich sehr aktiv dafür einsetzt, dass diese jungen Mütter wieder in die Schule gehen dürfen.“
Die Generalsekretärin verlieh ihrer Freude Ausdruck, dass die ALCLC in Präsenz stattfinden könne, denn das verkörpere „ein zutiefst christliches Bedürfnis“. Nichtsdestoweniger sei auch unsere verkörperte Realität wichtig und den Menschen in den Kirchen dürften die Lebensrealitäten um sie herum nicht gleichgültig sein. „Wir sind aufgerufen, Möglichkeiten und Wege zu finden, unseren Worten bestmöglich Taten folgen zu lassen, sind aufgerufen, Botschafterinnen und Botschafter der Hoffnung und Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit zu sein und der Stimme der Kirche im öffentlichen Raum Gehör zu verschaffen“, sagte Burghardt.
An der Konsultation lutherischer Kirchenleitender in Afrika (ALCLC) nehmen Delegierte von allen Leitungsebenen der LWB-Mitgliedskirchen in Afrika teil. Die alle zwei Jahre stattfindende Veranstaltung will die Kirchen dabei unterstützen, ihre Beziehungen zu vertiefen, ein gemeinsames theologische Verständnis zu entwickeln und gemeinsam zu überlegen, wie sie in schwierigen Zeiten resiliente Kirchen sein können. Die Konferenz vom 27. Juni bis 1. Juli in Addis Abeba wird gemeinsam ausgerichtet von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Kameruns (ELKK) und der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY).