In Nigeria steht das Programm Symbols of Hope für Hoffnungen und neue Chancen
BENIN-STADT, Nigeria/GENF (LWI) – „Nein danke, ich bin nicht interessiert. Ich weiß, dass ich gut hier in meinem Land für mich sorgen kann.“ Canaan Osagie (26) ist unterwegs auf einer Mission, um jungen Arbeitssuchenden genau diese Antwort nahezulegen, wenn sie verlockende Angebote bekommen, auf illegalen und gefährlichen Routen auszuwandern, meistens nach Europa.
„Ich bin heute stolzer Besitzerin eines eigenen Geschäfts“, sagt die zurückgekehrte Migrantin, und zeigt ihr Geschäft für Haushaltswaren und Lebensmittel in Benin-Stadt im Bundesstaat Edo im Süden Nigerias. Die Lutherische Kirche Christi in Nigeria (LKCN) hat ihr geholfen, das Geschäft 2019 im Rahmen des Programms Symbols of Hope zu eröffnen. Symbols of Hope ist eine globale Initiative des Lutherischen Weltbundes (LWB) und ermöglicht den Mitgliedskirchen, den Herausforderungen der illegalen Migration wirkungsvoll zu begegnen. Das Programm läuft seit 2017 in Nigeria und Äthiopien. Vor kurzem ist Simbabwe als drittes Zielland mit an Bord gekommen.
Symbols of Hope in Nigeria bietet psychosoziale Unterstützung für Heimkehrende, arbeitet mit lokalen und globalen Partnern wie der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zusammen und zeigt Menschen nachhaltige Wege auf, wie sie ihren Lebensunterhalt im eigenen Land verdienen können. Osagie gehörte zu einer Reihe zurückgekehrter Migrierender in Benin-Stadt, die während einer Veranstaltung Mitte September Unterstützung für ihre unternehmerischen Initiativen bekamen. An dem Event nahmen der LKCN-Erzbischof und LWB-Präsident Dr. Panti Filibus Musa sowie weitere religiöse Führungspersönlichkeiten und Delegierte der lokalen Regierung teil.
Osagie beschreibt sich selbst als „lebendige Zeugin dafür, dass es Hoffnung gibt“, und will migrationswillige Menschen dazu motivieren, „nicht aufzugeben und nicht den Weg der illegalen Migration zu wählen, unabhängig davon, wie schwierig die Situation im eigenen Land auch sein mag.“ Ihre Geschichte ist vergleichbar mit dem Schicksal zahlreicher anderer junger Frauen und Männer in ihrem Land, die von Menschenhändlern dazu überredet werden, Arbeit im Ausland zu suchen und die Einreise in diese Länder auf illegalen Wegen zu versuchen.
Sie musste hilflos zusehen, als ihr Konvoi eine Frau zurückließ, die während der gefährlichen Passage durch die Sahara von Nigeria nach Libyen gestorben war. Schließlich scheiterte der Versuch ihrer Gruppe, nach Europa zu gelangen, nachdem ihr Schlauchboot im Mittelmeer in der Nähe der libyschen Hauptstadt Tripolis kenterte. Eine libysche Polizeistreife rettete sie, aber es folgten „elende Wochen in schmutzigen Internierungslagern und Gefängnissen, sexueller Missbrauch und andere Formen der Gewalt“, bevor sie etwas über die IOM-Programme für rückkehrwillige Migrierende erfuhr.
2019 hat diese internationale Organisation die freiwillige Rückkehr von fast 60.000 Migrierenden unterstützt. Laut Liste der IOM zählt Nigeria zu den zehn Ländern, aus denen die meisten dieser Menschen stammen.
Zugang zu zuverlässigen Informationen
Nach einer familiären Tragödie – der Tod ihrer Eltern – suchte Osagie im Ausland ein besseres Leben. Als ältestes von drei Kindern war sie gezwungen, das College zu verlassen und ihren Traum aufzugeben, sich zur Labortechnikerin ausbilden zu lassen. Sie konnte die Studiengebühren für das Offa-Polytechnikum im Bundesstaat Kwara nicht mehr bezahlen und musste sich zusätzlich um ihre beiden jüngeren Geschwister kümmern. „Meine Freundin in Europa hat über die sozialen Medien Fotos über ihr gutes Leben gepostet. Sie sagte mir, ich könnte innerhalb von drei Tagen dort sein, sie hat mir aber nicht gesagt, wie.“
Wenn Osagie heute auf ihr Martyrium von April bis Oktober 2019 zurückblickt, dann ist für sie der fehlende Zugang zu zuverlässigen Informationen über Migration das entscheidende Defizit, das Menschenhändler für ihre Zwecke nutzen. „Das ist eine Reise, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünsche. Erst als ich wieder nach Hause gekommen bin, wurde mir bewusst, dass das, was ich gerade erlebt hatte, als Menschenhandel bezeichnet wird“, sagt sie. Migration, so fügt sie hinzu, „ist nicht schlecht, sondern für uns gut, wenn sie geordnet stattfindet und unsere Menschenwürde wahrt.“
Der Bundesstaat Edo zählt in Nigeria zu den am stärksten von Migration betroffenen Regionen und gilt als Drehscheibe für illegale Migration nach Europa und in andere Länder. „Durch Menschenhandel werden Tausende unserer jungen Menschen überall auf der Welt in die Sklaverei verkauft. Symbols of Hope bietet eine Möglichkeit, Alternativen aufzuzeigen und dieses Übel zu bekämpfen“, sagt Pfr. Emmanuel Subewope Gabriel, der nationale Symbols of Hope-Koordinator in Nigeria.
Konkrete Unterstützung anbieten
Bis heute hat Symbols of Hope in Nigeria mehr als 400 Rückkehrenden und potenziellen Migrierenden mit Initiativen zur Förderung wirtschaftlicher Autonomie, psychosozialer und gesundheitlicher Versorgung geholfen. Darüber hinaus unterstützt das Programm eine besonders hilfebedürftige kleine Heimkehrergruppe aus Libyen finanziell mit monatlichen Zuwendungen. Andere Aktivitäten, die sich gezielt an junge Männer und Frauen richten, beinhalten Aufklärung durch Fernseh- und Radioprogramme, Seminare, Fußballvereine und öffentliche Versammlungen.
Während ihrer Besuche bei Rückkehrerfamilien bieten die Symbols of Hope-Teams psychosoziale Unterstützung, da viele dieser Menschen immer noch in ihren Familien stigmatisiert werden und nach wie vor denselben Migrationsdruck verspüren, der erst zur Auswanderung geführt hatte. „Wir bieten Beratung und Hilfe an, damit wir eine Beziehung zu diesen Menschen aufbauen können. Es geht nicht nur darum, ihnen zu sagen: ‚Jesus liebt dich‘, sondern diese Menschen brauchen konkrete Hilfe“, erklärt Gabriel.
Der nationale Symbols of Hope-Koordinator betont, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden sei, damit Rückkehrende und Migrationswillige Kontakt zu den wichtigen Agenturen für weitere Unterstützung bekämen.
Die Strategie, Rückkehrende wirtschaftlich autark zu machen, beinhaltet Business-Kurse für Migrationswillige und Rückkehrende und eröffnet neue Perspektiven in ihrem Heimatland. Symbols of Hope besteht darauf, dass die Teilnehmenden selbst einen Geschäftsvorschlag unterbreiten, und unterstützt dann jede einzelne Person bei der Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit und beim Kauf der Erstausstattung. Außerdem werden die Fortschritte regelmäßig überprüft.
Allerdings stellt der Neuanfang einige Rückkehrende wie den 38 Jahre alten Josiah Stanley vor große Herausforderungen. Der Vater von zwei kleinen Jungen ist nach einem Unfall in Libyen erblindet. Symbols of Hope in Nigeria unterstütze ihn, soweit dies möglich sei, erzählt Gabriel, aber er brauche weitere medizinische Behandlungen, damit eine Wiederherstellung seines Sehvermögens versucht werden könne.