(LWI) - Vierundvierzig BibelforscherInnen und TheologInnen aus der ganzen Welt kommen vom 4. bis zum 10. September 2014 in der Lutheran School of Theology in Chicago zur dritten internationalen Hermeneutik-Konferenz des Lutherischen Weltbundes (LWB) zusammen. Auf der Grundlage des Matthäus-Evangeliums sieht sich die Konferenz als ein Forum für ein gemeinsames Lesen der Bibel unter Teilnahme lutherischer Wissenschaftler als Vorbereitung auf das 500. Reformationsjubiläum 2017.
„Die Vortragenden haben ihre Themenauswahl an globalen und lokalen Kontexten ausgerichtet, die sich mit der Bewahrung und Rettung der Schöpfung und interreligiösen Beziehungen befassen und die unsere Sicht auf das Matthäus-Evangelium bestimmen sollten“, erklärte Pfr. Dr. Kenneth Mtata, LWB- Studiensekretär für Lutherische Theologie und Praxis. „Auf jeden Fall bestimmt das Lesen der Heiligen Schrift und der Blick auf ihre eigenen Lebenssituationen ihre Perspektive. In Gesprächen ist deutlich geworden, wie umfassend unser Kontext unsere Wahrnehmung beeinflusst und wie wichtig es für uns ist, uns gegenseitig zuzuhören“, fügte Mtata hinzu.
Die Heilige Schrift transformiert Kontexte
Wie Bruk Ayele Asale von der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY ) anmerkte, haben „Martin Luther und die anderen Reformatoren die Fragen ihrer Zeit auf der Basis von Gottes ewigem Wort behandelt. Dabei haben sie darauf hingewiesen, dass das Wort Gottes dynamisch ist. Wie Luther und die Reformatoren müssen wir uns mit Fragen befassen, die relevant für unseren zeitgenössischen Kontext sind und uns dabei des dynamischen Wort Gottes bedienen, welches dasselbe ist – damals, jetzt und für alle Zeiten.“
Mtata von der LWB-Abteilung für Theologie und Öffentliches Zeugnis (ATÖZ) wies darauf hin, dass sich die lutherischen Wissenschaftler intensiv damit befassen, in welchem Ausmaß der Kontext für das Lesen der Heiligen Schrift bestimmend sein kann und dass die Art und Weise, wie die Heilige Schrift gelesen wird, ebenfalls den Kontext transformieren kann und soll. „Das hebt die kritische Rolle und Bedeutung des Dialogs hervor“, sagte Mtata.
Unter Verweis auf die Bibelforscherin Mercedes Garcia Bachman stellte der brasilianische Theologe Dr. Felipe Gustavo Koch Buttelli fest, dass die „Vielfalt der Stimmen und Auslegungen genau das ist, was die Identität unserer pluralistischen lutherischen Gemeinschaft ausmacht, die nach wie vor den einen Glauben bekennt, aber auf unterschiedliche Art und Weise.“
Gemeinsames Zeugnis ablegen
Mtata legte Wert darauf, dass sich bei den TeilnehmerInnen im Laufe der Gespräche ihre Überzeugung festigt, dass eine solche kontextuelle Sensibilisierung zwar für die Aneignung der heiligen Schrift von zentraler Bedeutung ist, dass es jedoch nach wie vor wichtig ist, gemeinsame und von der Reformation bestimmte interpretatorische Ressourcen zu finden.
„Dies bedeutet nicht das Ende der durch den Kontext bestimmten Besonderheiten, sondern wird die lutherische Gemeinschaft in ihren Bemühungen eher stärken, der Welt ein gemeinsames Zeugnis in den für uns alle wichtigen Bereichen abzulegen und mehr Solidarität bei Themen zu zeigen, die nur für bestimmte Gruppen von spezifischer Bedeutung sind“, sagte Mtata.
Nach Aussage von Prof. Bernd Oberdorfer, ist es „die permanente Aufgabe der theologischen Hermeneutik“, auf die Spannung zwischen Partikularität und Universalität in einer „reflektierten und verantwortungsvollen Weise hinzuweisen.“