COVID-19: Existenzgründungen und Leitungsverantwortung für Frauen

23 Juli 2020
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Eine Unternehmerin im Dorf Kyauk Tan Gyi im Distrikt Sittwe im Bundesstaat Rakhine in Myanmar näht Gesichtsmasken aus Stoff. Foto: LWF/Nu Nu Aye

Eine Unternehmerin im Dorf Kyauk Tan Gyi im Distrikt Sittwe im Bundesstaat Rakhine in Myanmar näht Gesichtsmasken aus Stoff. Foto: LWF/Nu Nu Aye

Frauen in Myanmar erwirtschaften Familieneinkommen mit Schneidereien

SITTWE, Myanmar/GENF (LWI) – Kleinstbetriebe, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) in Myanmar initiiert wurden, steigern ihre Produktion, um die wachsende Nachfrage nach wiederverwendbaren Gesichtsmasken in Lagern für Binnenvertriebene und in anderen Gemeinschaften erfüllen zu können. Das Projekt wird gefördert vom LWB, der finnischen Hilfsorganisation Finn Church Aid und UN Women. Es verbessert die Lebensqualität der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen und eröffnet Perspektiven für eine sichere Existenz.

„Das Virus und die COVID-19-Pandemie treffen die schutzbedürftigsten und ärmsten Haushalte am härtesten. Gleichzeitig werden in Myanmar bezahlbare wiederverwendbare Gesichtsmasken gebraucht, um die Ausbreitung des Virus in den dichter besiedelten Orten zu verhindern, in denen der LWB arbeitet“, sagt David Mueller, LWB-Länderrepräsentant in Myanmar. „Da die Nachbarstaaten von Myanmar einen schnellen Anstieg der COVID-19-Infektionen beobachten, ist es von größter Bedeutung, die global empfohlenen Präventionsmaßnahmen auf lokaler Ebene umzusetzen.“

Unterstützung für Unternehmerinnen

Das Länderprogramm des LWB in Myanmar und dessen Partner arbeiten seit mehreren Jahren im Bundesstaat Rakhine zusammen, um für die am schwersten betroffenen Menschen in den Lagern für Binnenvertriebene und in den dazugehörenden Gemeinschaften Möglichkeiten für Existenzgründungen zu schaffen. Dazu gehören die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten, Ausbildungsgänge im Schneidern und Nähen sowie die Unterstützung von Frauen, die kleine Bekleidungsgeschäfte eröffnen.

Der LWB und seine Partner begleiten mittlerweile 25 Unternehmerinnen aus den Aufnahmegemeinschaften in Rakhine und den Lagern für Binnenvertriebene. Frauen, die diese Kleinstbetriebe gegründet haben, profitieren von der steigenden Nachfrage nach hochwertigen, dabei aber bezahlbaren wiederverwendbaren Gesichtsmasken und steigern deshalb deutlich ihre Produktion.

Die Frauen haben vom LWB finanzielle und technische Unterstützung bekommen, damit die Masken den Vorschriften der US Centers of Disease Control and Prevention sowie des Ministeriums für Gesundheit und Sport von Myanmar (MOHS) entsprechen. Die Produktion lief Anfang April an, nachdem (unter Wahrung der erforderlichen Abstände) eine Schulung über die Herstellung von Stoffmasken stattgefunden hatte.

Existenzgründungen

 „Zu Beginn der Pandemie war die finanzielle Lage meiner Familie äußerst angespannt“, berichtet Ma Myint Than (40), eine Näherin und Betriebsgründerin, die in einer der Aufnahmegemeinschaften im Distrikt Sittwe lebt. Ihre Familie besteht aus zwei Kindern im Teenageralter und ihrem Ehemann, der als Rikscha-Fahrer arbeitet. Während der Pandemie hat er fast seine gesamte Kundschaft und sein Einkommen verloren. „Die Menschen sind zu Hause geblieben, und meine Kundschaft ist nicht vor die Tür gegangen. Ich habe keine Aufträge mehr bekommen, Kleider für Hochzeiten oder Geburtstage zu liefern. Ich habe mir sehr viele Sorgen um meine Familie gemacht und mich gefragt, wie wir diese Pandemie wohl überstehen würden“, so Than.

„Ich habe im Mai mit der Herstellung von Masken begonnen und innerhalb von zwei Monaten 700 Stoffmasken verkauft. Damit habe ich rund 300 Kyats (EUR 0,19) pro Stück verdient (das sind insgesamt EUR 134,00). Damit bin ich sehr zufrieden, denn das deckt unseren Grundbedarf, und ich kann meine Familienmitglieder mit guten Lebensmitteln versorgen, damit sie gesund bleiben“, erzählt Than.

Ende Juni hatten Than und andere Unternehmerinnen bereits mehr als 10.000 Masken an UN-Agenturen, internationale und örtliche NGOs und andere Abnehmer geliefert. Die Unternehmerinnen bieten die Masken auch den Mitgliedern ihrer Gemeinschaften an, die nichts dafür bezahlen müssen. Mittlerweile haben die Frauen die Produktion weiter gesteigert und konnten deshalb Aufträge für weitere 14.000 Gesichtsmasken annehmen, die von mehreren örtlichen Apotheken bestellt wurden. Auf diese Weise haben die Haushalte dort im Durchschnitt jeweils 144 600 Myanmar Kyat (EUR 93,00) mit der Produktion der Gesichtsmasken verdient.

Frauen in Führungspositionen und sozialer Zusammenhalt

„In einer Gesellschaft, die die Bedeutung von Frauen in Führungspositionen in hohem Masse unterschätzt, eröffnen diese Verdienstmöglichkeiten auch die Chance für Frauen zu demonstrieren, welche Führungsqualitäten sie haben und so ihren Familien und Gemeinschaften zu helfen“, erläutert Greg Irving, LWB-Programmkoordinator für Myanmar. Jetzt, da sich die Produktion der Masken eingespielt hat und reibungslos läuft, hat eine Gruppe von Unternehmerinnen schon weitergehende Pläne: Die Teilnehmerinnen planen die Ausbildung von Trainern und Trainerinnen im Austausch zwischen den einzelnen Gemeinschaften, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Die geforderten Abstandsregelungen werden dabei eingehalten.

Darüber hinaus haben sich die Unternehmerinnen als Zeichen ihrer starken Solidarität zusammengeschlossen und vereinbart, dass jede von ihnen 100 Myanmar Kyat (EUR 0,64) in einen revolvierenden Sozialfonds einzahlt, der Kleinkredite vergibt und damit bedürftige Haushalte während der COVID-19-Krise unterstützt.

 

 

LWF/OCS