Erneuerung der lutherischen Kirche in Afrika muss sich an den aktuellen Gegebenheiten orientieren

12 Juni 2015
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LKCN-Bischof Dr. Musa P. Filibus hält seinen Vortrag bei der Konferenz der afrikanischen lutherischen Kirchenleiter anlässlich des 60. Jubiläums der lutherischen Gemeinschaft in Afrika im Mai 2015 im tansanischen Moshi. Foto: LWB/Tsion Alemayehu

LKCN-Bischof Dr. Musa P. Filibus hält seinen Vortrag bei der Konferenz der afrikanischen lutherischen Kirchenleiter anlässlich des 60. Jubiläums der lutherischen Gemeinschaft in Afrika im Mai 2015 im tansanischen Moshi. Foto: LWB/Tsion Alemayehu

Nigerianischer Bischof Filibus betont die Notwendigkeit kritischer Reformen in den Bereichen theologische Bildung, Leitung, Liturgie und Gottesdienst

Moshi (Tansania)/Genf, 2. Juni 2015 (LWI) – Die fortlaufende Erneuerung der Kirche muss eine vorrangige Aufgabe der afrikanischen lutherischen Kirche sein, die in einem Kontext steht, in dem Fortschritt und Überfluss Hand in Hand gehen mit dem Kampf für Gerechtigkeit, Frieden, Versöhnung und ein menschenwürdiges Leben.

Dies sind die Schlüsselbotschaften der RednerInnen bei der regionalen Afrikakonferenz des Lutherischen Weltbundes (LWB), die anlässlich des 60. Jubiläums der lutherischen Gemeinschaft in Afrika vom 20. bis 24. Mai im tansanischen Moshi stattfand. Mehr als 200 Delegierte, darunter die KirchenleiterInnen der 31 Mitgliedskirchen des LWB, VertreterInnen von Schwesterkirchen aus aller Welt sowie leitende Persönlichkeiten des LWB aus aller Welt diskutierten die Vision der ersten Zusammenkunft afrikanischer LutheranerInnen im tansanischen Marangu im Jahr 1955. Zudem analysierten sie kritisch ihren Beitrag zur lutherischen Gemeinschaft und die Zukunft der afrikanischen lutherischen Kirche in Hinblick auf das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 und darüber hinaus.

Bischof Dr. Musa P. Filibus von der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LKCN) fasste in einem Vortrag die kritischsten Punkte in Hinblick auf eine Erneuerung der afrikanischen lutherischen Kirche im gegenwärtigen Kontext zusammen. Dazu zählen theologische Bildung, kirchliche Nachhaltigkeit, verantwortungsbewusste Leitung, Ökumene und interreligiöse Beziehungen.

In seinem Referat mit dem Titel „Eine reformierende lutherische Kirche im heutigen Afrika sein“ betonte Filibus, dass „Erneuerung der Kirche nicht Veränderung um der Veränderung willen bedeutet oder ein sich Richten nach gängigen Meinungen, um zu versuchen, mit modernen Tendenzen und Entwicklungen Schritt zu halten.“ Kirchen, so Filibus, „müssen einen Beitrag zu der Lebensrealität leisten, in der sie stehen.“

Theologische Bildung

Der Bischof der LKCN-Diözese Mayo Belwa forderte einen kreativeren Ansatz bei der theologischen Bildung, Ausbildung und pastoralen Schulung, um angemessene Antworten auf die Bedürfnisse der Kirche und ihrer Missionsarbeit zu finden. Er nannte sein eigenes Land, Nigeria, als Beispiel, um seine tiefe Besorgnis darüber zum Ausdruck zu bringen, dass die Lehrpläne der Seminare mit Kursen überfrachtet sind, die von angegliederten Hochschulen konzipiert werden. Den kirchlichen Institutionen bleibt somit wenig Zeit, auf dogmatische und geistliche Fragen intensiver einzugehen. „Wie sollen wir Pastorinnen und Pastoren so darauf vorbereiten, den Bedürfnissen der Kirchenmitglieder und der Gemeinden gerecht zu werden?“, fragte er.

Bezüglich der Notwendigkeit, die Liturgie und den Gottesdienst zu reformieren, sagte Filibus, viele lutherische Christinnen und Christen beklagten, dass die Liturgie und die alten Gesangbücher, die in den Kirchen immer noch verwendet werden, häufig sehr weit von der heutigen Realität entfernt seien. „Bei dem Versuch, die Traditionen unserer Gottesdienste zu verstehen, ist entscheidend, im Blick zu behalten, dass diese Lieder und Liturgien aus einer bestimmten Realität heraus entstanden sind.“

Der Bischof der LKCN forderte die afrikanischen Kirchen zudem auf, sich zu fragen, warum „wir immer noch unter dem sogenannten Abhängigkeitssyndrom leiden und unter mangelnder finanzieller Unabhängigkeit, die jedoch notwendig wäre, um dringend benötigtes Personal zu akquirieren sowie zahlreiche Dienste einzurichten.“

Gegen Korruption vorgehen

Er beklagte das allgemeine Fehlen von Verantwortung und Transparenz und deren negative Auswirkungen auf das Leben und den Dienst in der Kirche. „Wenn wir es mit der Erneuerung ernst meinen, sollten wir Korruption sowie Finanzskandale in der Kirche deutlich beim Namen nennen und dagegen vorgehen. Eine reformierende lutherische Kirche in Afrika kann sich gegenüber weit verbreiteten Gerüchten nicht taub stellen, die besagen, dass Kirchengelder zum Teil für persönliche Projekte abgezweigt werden und dass Korruption in Form von Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft in den Kirchen existiert.

Bezüglich der Erneuerung im Bereich der Kirchenleitungen erinnerte er die KirchenvertreterInnen an ihren christlichen Auftrag zur Dienerschaft. Er sagte, es sei „in der Tat traurig“, dass Menschen um Führungspositionen kämpften, nicht um zu dienen, sondern aus einem persönlichen Ehrgeiz heraus. „Wir müssen begreifen, dass christliche Gemeinschaften heute vor allem solche Leitungspersönlichkeiten schätzen, die mit positivem Beispiel vorangehen.“

Filibus merkte an, dass es trotz demokratischer Veränderungen und wirtschaftlichen Fortschritts seit den 1960er Jahren eine zunehmende Verarmung weiter Teile der afrikanischen Bevölkerung gebe, hohe Arbeitslosigkeit insbesondere bei Jugendlichen, eine mangelhafte soziale Infrastruktur und eine mangelhafte Grundversorgung sowie zunehmende extremistische Gewalt. „Wir leben in sehr traurigen Zeiten, in denen menschliches Leben immer weniger Wert hat, wie das sinnlose Töten und die Zerstörung menschlichen Lebens in der gesamten Region zeigen. Dies ist ein Teil unserer Geschichte, aufgrund der wir darüber nachdenken, die lutherischen Kirchen im heutigen Afrika zu reformieren“, fügte er hinzu.

Weitere auf der Konferenz diskutierte Themen waren der Beitrag der Menschen zu Ungleichheit und Umweltzerstörung, die öffentliche Verantwortung der Kirche hinsichtlich Gewalt gegen Frauen sowie die Bedeutung ökumenischer und interreligiöser Begegnungen im öffentlichen Raum.

Pauline Mumia