WICAS-Tagung der Region Mittel- und Westeuropa diskutiert über Frauen in Führungspositionen
Hannover, Deutschland/Genf (LWI) – Bessere Bedingungen für Frauen in kirchlichen Leitungsämtern, Beteiligung an kirchlichen Entscheidungsgremien und eine frauenfreundlichere Arbeitswelt waren die Hauptthemen bei der jährlichen Regionaltagung von Frauen aus Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) vom 14. bis 16. Februar zur in Hannover.
Zu der dreitägigen Tagung des LWB-Netzwerkes „Frauen in Kirche und Gesellschaft“ (Women in Church and Society – WICAS) trafen sich in diesem Jahr Frauen aus Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien trafen. Nach dem Reformationsjahr 2017 und der Zwölften Vollversammlung in Windhuk, Namibia, standen Rückschau und Auswertung, vor allem aber die Planungen für die kommenden Jahre im Mittelpunkt des Treffens.
„Wir sind stolz darauf, dass wir es in den letzten Jahren geschafft haben, dass aus fast allen Kirchen unserer Region – ob groß oder klein – eine Delegierte benannt wurde“, berichtet Pfarrerin Ulrike Hansen, die seit 2011 Regionalkoordinatorin desWICAS-Netzwerkes ist.
„Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Frauen und ihrer Kirchen ist für unser Netzwerk eine große Bereicherung.“ Schon deshalb fanden die jährlichen WICAS-Regionaltagungen in den letzten Jahren immer in einer anderen Kirche statt. „Gegenseitige Besuche fördern die Wahrnehmung unserer unterschiedlichen Situationen und Arbeitsweisen.”
“Außerdem nehmen Leitungspersonen der gastgebenden Kirche WICAS und seine Anliegen dann in besonderer Weise wahr“, fügte Hansen hinzu. Diesmal standen Gespräche mit Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers und Norbert Denecke, Geschäftsführer des Deutschen Nationalkomitees des LWB, auf der Tagesordnung.
Die Stimme der Frauen hören
Als besonderen Erfolg verbuchen die Frauen ihre Vorarbeit für die Zwölfte LWB-Vollversammlung und die „starke Stimme der Frauen“, die sich in den dort gefassten Beschlüssen niederschlägt. „Dennoch liegt noch viel Arbeit vor uns“, so Hansen, „allein um die LWB-Quoten 40:40:20 – 40 Prozent Frauen, 40 Prozent Männer und 20 Prozent junge Menschen unter 30 Jahren – in unseren Kirchen vor Ort umzusetzen.“
Ähnliches gilt für das „Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB“. Als Querschnittsthema des LWB sei Gendergerechtigkeit kein „Frauenthema“, sondern erfordere die aktive Beteiligung und ein Umdenken aller.
Beispielsweise müssten bei der Konzeption von Stellen und der Definition von Anforderungen die Anliegen von Frauen mehr berücksichtigt werden. „Es darf nicht selbstverständlich sein, dass die Frau die Teilzeitstelle übernimmt oder Leitungsaufgaben nicht mit Familienaufgaben vereinbar sind – hier brauchen wir noch viel Bewusstseinsbildung,“ so die Delegierten.
Verantwortung in Kirche und Gesellschaft tragen
Von den 145 Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes ordinieren 82 Prozent Theologinnen ins Pfarramt. Während die lutherischen Kirchen in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Österreich keine einzige Bischöfin hätten, gibt es bei den Lutheranern in Estland zwei Bischöfinnen und einen Bischof.
Um Frauen zu ermutigen, solche Leitungsaufgaben anzunehmen, nimmt sich das WICAS-Netzwerk vor, Coaching-Programme „Woman to Woman“ zu initiieren, durch das Frauen mit Leitungserfahrung ihr Wissen an jüngere weitergeben können. Auch die theologische Arbeit zur Gendergerechtigkeit soll vermehrt im Fokus stehen.
Anknüpfend an „Menschen – für Geld nicht zu haben“, einem der drei Unterthemen der Zwölften LWB-Vollversammlung, soll ein weiterer Schwerpunkt in den nächsten Jahren auf fairen Lebens- und Arbeitsbedingungen für Frauen liegen. In vielen Bereichen wird es vor allem Frauen schwer oder unmöglich gemacht, ein angemessenes und menschenwürdiges Auskommen zu erwirtschaften, beispielsweise in der Betreuung und Pflege von Angehörigen. Die Kirchen hätten Möglichkeiten, verschiedene gesellschaftliche Akteure zusammen zu bringen, um diese Fragen konkret anzugehen, so der Ansatz der WICAS-Delegierten.
„MeToo“-Debatte begrüßt
Im Rahmen der Diskussion um sexualisierte Gewalt begrüßten die Teilnehmerinnen der Tagung auch die aktuelle „MeToo“-Debatte über Sexismus und sexuelle Gewalt. "Es ist mutig, dass die Frauen jetzt sprechen", sagte die Gleichstellungsbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Kathrin Wallrabe. Dadurch sorgten sie dafür, dass sich die Täter für das Unrecht schämen müssten und die Opfer nicht noch die Schuld bei sich selbst suchten.
Das Schweigen müsse gebrochen werden, sagte die Gleichstellungsbeauftragte der hannoverschen Landeskirche, Hella Mahler. In den Kirchen gebe es mittlerweile eine Reihe von Schutzkonzepten und Hilfsangeboten, erläuterte die Pfarrerin, die auch die Ansprechstelle der Landeskirche zur Prävention sexualisierter Gewalt betreut. Immer noch litten aber auch die Opfer an Schuldgefühlen. "Das ist ein so tiefes Thema, dass wir noch Jahre brauchen, um damit umzugehen."
Da die Amtsperiode von Ulrike Hansen mit dieser Tagung zu Ende ging, wurde eine neue WICAS-Regionalkoordinatorin für die Region Mittel- und Westeuropa gewählt. Kathrin Wallrabe von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wird dieses Amt für die nächsten drei Jahre übernehmen. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in diesem internationalen Netzwerk und auf die Begegnungen mit den Schwestern aus anderen LWB-Mitgliedskirchen“, so Wallrabe.