LWB-Rat beschliesst Weiterarbeit mit Dokument zum Selbstverständnis
Genf, 20. Juni 2015 (LWI) – Der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) hat das Studiendokument zum Selbstverständnis der lutherischen Kirchengemeinschaft mit Anerkennung entgegengenommen und ein Verfahren beschlossen, das es den Mitgliedskirchen ermöglichen soll, sich in Vorbereitung auf die Vollversammlung 2017 mit dem Dokument vertieft auseinanderzusetzen.
Der Rat hat das Büro der Kirchengemeinschaft beauftragt, einen Ablaufplan mit Fragen und Rückmeldefristen für die weitere Rezeption des Dokuments in den LWB-Mitgliedskirchen zu erstellen. Das Büro wird das Papier den Kirchen zur Rezeption vorlegen und sie ermutigen, es in den vorbereitenden Konsultationen zur Zwölften Vollversammlung, die 2017 in Windhuk (Namibia) stattfindet, zu diskutieren.
Das LWB-Leitungsgremium würdigte überdies die Leistung der siebenköpfigen Arbeitsgruppe, die unter Leitung von Pfarrerin Dr. Minna Hietamäki von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands das Dokument in einem 18-monatigen Studienprozess erstellt hat. Die Arbeitsgruppe stützte ihre Reflexion auf den Austausch mit VertreterInnen der LWB-Regionen.
Der Rat hatte den LWB-Generalsekretär 2013 beauftragt, die Arbeitsgruppe einzurichten mit der Aufgabe, unter Einbindung der Mitgliedskirchen die Frage zu klären, wie mit Unterschieden umzugehen und gleichzeitig der Verpflichtung gerecht zu werden sei, als Kirchengemeinschaft zu leben.
Das Studiendokument definiert Kirchengemeinschaft als Geschenk und Aufgabe, die zugleich in Einheit und Vielfalt gelebt wird. Es führt aus, was diese Aufgabe beinhaltet, und erörtert die Themen Autonomie und wechselseitigeRechenschaftspflicht, gemeinsame Entscheidungsfindung, unterschiedliche Positionen in der Kirchengemeinschaft sowie mögliche Orientierungspunkte, die der Kirchengemeinschaft Wegweisung geben können bei der Klärung von Fragen, wie das Zusammenleben in Vielfalt aussehen kann.
Im Anschluss an die Vorstellung des Dokuments durch Hietamäki diskutierte das Plenum seine Relevanz für die Communio und ihre Mitgliedskirchen sowie das Verfahren zur Weiterarbeit mit dem Dokument in den unterschiedlichen Kontexten der einzelnen Kirchen.
Ein guter theologischer Rahmen
Zu der Frage, warum das Papier keinen praktischen Vorschlag dazu mache, wie es im jeweiligen lokalen Kontext erörtert und zur Anwendung gebracht werden könne, stellte Hietamäki fest, der Auftrag der Arbeitsgruppe habe sich nicht auf das weitere Verfahren nach Annahme des Dokuments durch den Rat bezogen, es sei vielmehr um die Erarbeitung von Diskussionsanstössen gegangen. Sie hoffe, so Hietamäki, der Rat werde konkretere Vorschläge machen, wie mit dem Dokument zu verfahren sei.
Pfarrerin Dr. Robin J. Steinke von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) erklärte, sie empfinde die Begeisterung mit, die in dem Papier artikuliert werde. Es biete Perspektiven für tragfähige Beziehungen innerhalb des LWB und werfe zudem die Frage auf, was dies konkret für die Mitgliedskirchen bedeute.
„Es ist ein guter theologischer Rahmen, der unserem theologischen Verständnis die Richtung weist“, stellte Pfr. Dr. Rafael Malpica-Padilla (ELKA) fest. Hinsichtlich der Betonung von „Wort und Sakrament“ als Erfahrungen, in denen sich Kirchengemeinschaft ereignet, befand Malpica-Padilla, es sei wichtig „das alltägliche Leben der Mitgliedskirchen“ zu berücksichtigen. Die Themen, bei denen das Dokument weiteren Diskussionsbedarf festgestellt habe, etwa die Frage der wechselseitigen Rechenschaftspflicht oder der Rolle des Büros der Kirchengemeinschaft, müssten genauer untersucht werden.
Dr. Ndanganeni P. Phaswana, Leitender Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika, schlug vor, das Dokument auch in theologischen Ausbildungsstätten für Geistliche zu verbreiten. Weiterhin sollte geprüft werden, wie Workshops dazu genutzt werden könnten, es allgemein bekannt zu machen: „Fangen wir jetzt damit an, es einzuführen, und arbeiten wir an einer kontinuierlichen Sensibilisierung der Kirchengemeinschaft für das Dokument. Ein Weg mit einer Million Schritten beginnt mit dem ersten Schritt vorwärts.“
Pfarrerin Dr. Gloria Rojas Vargas, Evangelisch-Lutherische Kirche in Chile, unterstützte den Vorschlag, die vorbereitenden Konsultationen zur Vollversammlung zu nutzen, „um die Reaktionen unserer Kirchen zu sammeln und sie der Vollversammlung 2017 zur Kenntnis zu bringen“.
Wechselseitige Rechenschaftspflicht in der Kirchengemeinschaft
Prof. Dr. Bernd Oberdorfer von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Deutschland) würdigte das Studiendokument und stellte fest, es rufe in Erinnerung, dass die Kirchengemeinschaft ein Geschenk sei. Die zentrale Frage, die sich die Kirchen stellen müssten, laute: „Wie wollen Sie [die Kirchen] Ihre Verantwortung in der lutherischen Kirchengemeinschaft leben und wie sollte die wechselseitige Rechenschaftspflicht in Ihren Entscheidungen und Ihrer Kommunikation zum Ausdruck kommen?“
Colleen E. Cunningham, Brüder-Unität in Südafrika, würdigte das Dokument insbesondere im Blick auf seine Aussagen „zu Konflikten und ihrer Lösung. Nehmen wir das Papier mit in unsere regionalen Tagungen. Das gibt uns Zeit, es zu reflektieren und aus der Innenperspektive unseres jeweiligen Kontextes zu betrachten.“
„Das Selbstverständnis der lutherischen Kirchengemeinschaft“ entwickelt einen theologisch fundierten Ansatz, wie das Geschenk der Kirchengemeinschaft gelebt werden kann. Es bekräftigt gemeinsame Überzeugungen auf der Grundlage der lutherischen Bekenntnisschriften und der Heiligen Schrift und arbeitet Themen heraus, die der weiteren Klärung bedürfen.