Nachdem die erste Woche der diesjährigen COP28-Klimakonferenz zu Ende gegangen ist und der Verhandlungsmarathon in die zweite Hälfte geht, ziehen die LWB-Delegierten eine Bilanz der bisher erreichten Fortschritte und befassen sich mit den Schwerpunkten zukünftiger Arbeit.
Bestandsaufnahme der LWB-Delegierten zur Halbzeit der COP28
(LWI) – „Ich spüre das Bedürfnis, für Mutter Erde zu kämpfen.“ Diese Worte von Sandra Kwamboka Ombese, einer jungen Führungsperson und Klimaaktivistin von der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, die Mitglied im Lutherischen Weltbund (LWB) ist, spricht sie anlässlich der Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs, Verhandlungsführenden, Menschen im Glauben und Delegierten der allgemeinen Zivilgesellschaft in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate.
Der LWB ermöglicht sowohl Online als auch vor Ort die Beteiligung von mehr als 60 Personen aus 29 Mitgliedskirchen in Asien, Europa, Lateinamerika und der Karibik, Afrika und Nordamerika.
Für die jungen Erwachsenen bietet sich hier die Möglichkeit, spirituell zu wachsen, sich auf Führungsaufgaben vorzubereiten und sich an Entscheidungsprozessen für Maßnahmen gegen den Klimawandel zu beteiligen und sich so für die Bewältigung einer Krise zu rüsten, die uns letztlich alle betrifft.
Nachdem die erste Woche der diesjährigen COP28-Klimakonferenz zu Ende gegangen ist und der Verhandlungsmarathon in die zweite Hälfte geht, ziehen die LWB-Delegierten eine Bilanz der bisher erreichten Fortschritte und befassen sich mit den Schwerpunkten zukünftiger Arbeit.
„Unsere Fürsprache für Klimagerechtigkeit beruht auf Fakten und Menschenrechten, beides wichtige Aspekte, um unsere Ziele Klimagerechtigkeit und Maßnahmen auf allen Ebenen schneller zu erreichen. Auf der COP28 geben wir den Sorgen der Gemeinschaften eine Stimme, die unmittelbar vom Klimawandel und seinen Folgen betroffen sind“, sagt Elena Cedillo, LWB-Programmreferentin für Klimagerechtigkeit, die die Arbeit der LWB-Delegation mitorganisiert.
Angesichts zunehmender Herausforderungen sucht die Welt nach Lösungen für den Klimanotfall.
Ein früher Erfolg der COP28 war die Entscheidung, den so genannten Fonds für Schäden und Verluste aufzulegen, der bereits auf der COP27 im vergangenen Jahr als signifikanter Meilenstein beschlossen worden war und sich mit den Bedürfnissen und Prioritäten der Länder befasst, die Schäden und Verluste infolge des Klimawandels erlitten haben.
Und doch bleibt offen, wie dieser Fonds finanziert werden soll – einschließlich der Frage, ob die jetzt von den Regierungen in Aussicht gestellten Mittel neue und zusätzliche Beträge sind, oder ob es sich hier lediglich um eine geänderte Zuteilung von bereits vormals für Anpassungs- und Schutzmaßnahmen zugesagten Mitteln handelt. In diesem Fall könnte der Schaden so hoch wie der Nutzen sein, der sich aus der Umwidmung für Schäden und Verluste ergibt.
Auf der COP28 gab es während der ersten Hälfte der Konferenz noch weitere Kontroversen.
Der Präsident der Konferenz, dessen Aufgabe darin besteht, die Verhandlungen mit dem Ziel eines robusten Ergebnisses zur Lösung einer eskalierenden weltweiten Krise zu führen, hat Berichten internationaler Medien zufolge behauptet, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der Ausstieg aus fossilen Energien erforderlich sei. Dieser Kommentar steht in direktem Widerspruch zu Erklärungen des UN-Generalsekretärs auf derselben Veranstaltung.
Dazu kommt, dass nach Medienberichten 2.456 Lobbyisten und Lobbyistinnen der Öl- und Gasindustrie zu den für dieses Jahr für die COP registrierten 110.000 Teilnehmenden gehören, das sind mehr als viermal so viel wie auf der COP27 in Sharm El-Sheikh. Von den Verhandlungsführern und -führerinnen zahlreicher Parteien und von den Delegierten der Zivilgesellschaft wurde dies als ernstes Problem angesprochen, da dies die Glaubwürdigkeit des gesamten Prozesses in Frage stellt.
Gleichwohl sind Glaubensgemeinschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen in vollem Einsatz und begleiten die weiteren Verhandlungen mit ihrer Advocacy-Arbeit.
„Es ist noch zu früh für eine Prognose, wohin die Verhandlungen führen und welches Ergebnis wir bekommen“, sagt Cedillo. „Es finden immer noch zahlreich informelle Begegnungen statt, und die Texte, in denen es um die Ergebnisse der COP geht, sind noch weit von den Texten entfernt, über die in der kommenden Woche verhandelt wird. Es ist noch viel Arbeit zu leisten, um erneuerbare Energie und Energieeffizienzziele zu einem Teil der verhandelten Ergebnisse und zu einem klar definierten Pfad zu ambitionierten nationalen Klimabeiträgen (NDC) in der diesjährigen weltweiten Bestandsaufnahme zu machen.“
„Es hat bisher einige gute Nachrichten gegeben, aber wir erwarten noch viel mehr“, fährt sie fort. „Wir müssen uns für genügend finanzielle Mittel stark machen, um die Klimakrise bekämpfen zu können; das gilt auch besonders für den Fonds für Schäden und Verluste. Noch wichtiger ist aber, dafür zu sorgen, dass diese Gelder den Gemeinschaften, die sie brauchen, schnell zur Verfügung stehen.“
Klimaengagement ist eine Glaubensfrage: Wir sind „Gottes Hände in der Welt“
Die LWB-Delegationen auf der COP sind jetzt seit mehr als zehn aufeinanderfolgenden Jahren für junge Erwachsene die Gelegenheit, sich federführend für die Initiativen der Gemeinschaft zu engagieren und sowohl Einfluss auf die Klimapolitik auf globaler Ebene zu nehmen als auch ein Momentum für Klimagerechtigkeit innerhalb der örtlichen Gemeinschaften und auf nationaler Ebene überall auf der Welt aufzubauen.
Wenn die Delegierten sich mit der COP28 und der vor ihnen liegenden Arbeit auseinandersetzen, wird der Zusammenhang zwischen lutherischer Identität und den Initiativen für Klimagerechtigkeit evident.
Erick Boniphas Kapira und Anania John Ndondole – beide von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania – sprechen über die lokale und die globale Dimension der COP28.
„Durch mein Engagement auf der COP28 kann ich mit vollem Einsatz mehr junge Menschen in meiner Kirche dazu motivieren, sich unseren Netzwerken anzuschließen“, sagt Ndondole.
„Mit den vom Klimawandel betroffenen Menschen leben wir in örtlichen Gemeinschaften zusammen. Wir brauchen deshalb junge Erwachsene, um unsere Fähigkeit zur Veränderung nutzen zu können und sie dabei zu unterstützen, in einer schönen Welt zu leben“, fügt Kapira hinzu.
Für den LWB-Delegierten Ole Andreas Grøtte Børnes, Theologe und Mitglied des Jugendrates der Norwegischen Kirche, der persönlich vor Ort an der COP28 teilnimmt, ist das Engagement für den Klimaschutz durch den Aufruf der Kirche begründet, Gottes Hände in der Welt zu sein.
„Ich glaube, dass Gott uns berufen hat, unseren Nächsten zu lieben, und das schließt nicht nur die Menschen in unserer Nachbarschaft ein, sondern auch unsere Nachbarn überall auf der Welt, die die Folgen des Klimawandels erleben“, sagt Grøtte Børnes.
„Es liegt der Kirche am Herzen, den Menschen zu dienen. Jedes Engagement für den Klimaschutz und für Klimagerechtigkeit ist ein kleines Samenkorn in der Hand Gottes. Ob es um das Recycling von Kunststoffen, den Wechsel von einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu einem E-Auto, um die Einflussnahme auf die Politik oder das Ende der Ölförderung geht – ich betrachte jede dieser Maßnahmen als einen Akt der Liebe für uns als individuelle Menschen, für die Gesellschaft und für den Planeten“, fügt er hinzu.
Carine Josiéle Wendland, Delegierte der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien und Mitglied des Forums für Klimagerechtigkeit in Lateinamerika und der Karibik, fährt fort: „In diesem Augenblick brauchen wir konkrete Aktionen, um uns den verletzlichsten Mitgliedern unserer Gemeinschaft, den indigene Völkern, Frauen, jungen Menschen und Kindern, anzunähern und ihnen zuzuhören.“ Wendland fügt hinzu: „Die spirituelle Dimension ist für Klimagerechtigkeit besonders wichtig, da sie zu Aktionen führt. Mein Glaube bewegt mich dazu, für ein gemeinsames Anliegen zu arbeiten, für unser gemeinsames Haus.“
„Als Lutheraner und Lutheranerinnen glauben wir, das wir durch den Glauben allein erlöst werden“, sagt Haposan Sinaga von der Protestantisch-Christlichen Batak-Kirche (HKBP), ein junger Dozent am Seminarium Sipoholon im Norden Sumatras. „Aber dieser Glaube muss in gute Aktionen umgesetzt werden und Themen wie Menschenrechte, Gendergerechtigkeit und Klimagerechtigkeit für alle und besonders für die schutzbedürftigsten Menschen ansprechen“, sagt er abschließend.
Der LWB nimmt an der 28. UN-Klimakonferenz (COP28) teil, die vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023 in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet. Die Teilnahme an der Konferenz gehört zum anhaltenden Engagement des LWB für einen stärkeren Klimaschutz und für mehr Klima-Advocacy auf allen Ebenen. Junge Erwachsene sind wichtige Akteure des Wandels und stellen den größten Teil der Delegation, die der LWB zur COP28 entsendet.