„Die Region braucht Gerechtigkeit und nicht noch mehr Waffen“
Genf, 3. August 2015 (LWI) – Auf seiner Tagung 2015 hat der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) eine Resolution über den Nahen Osten angenommen und seine Sorge über die Gewalt in der Region, über die hochgradig gefährdeten religiösen und anderen Minderheiten und über das Scheitern des Friedensprozesses zwischen Israel und Palästina geäussert.
„Mit der Religion wird ein grosser Teil der Gewalt in der Region legitimiert“, heisst es in der Resolution, die auf die Situation in Syrien und im Irak und auf den ungelösten Konflikt zwischen Israel und Palästina hinweist. Religiöse Gruppen sind das Ziel. In diesem Kontext müssen sich Versuche, eine religiös identifizierte politische Mässigung zu fördern, gegen den zunehmenden Extremismus in der Bevölkerung durchsetzen.
„Die Region braucht Gerechtigkeit und nicht noch mehr Waffen“, heisst es in der Resolution.
Millionen Vertriebene und Flüchtlinge
Die Resolution erwähnt auch die Millionen von Vertriebenen, die Zuflucht in Jordanien, der Türkei und andern Ländern gesucht haben. „Die Aufnahmeländer können diese Willkommenskultur dauerhaft nicht auf diesem Niveau aufrechterhalten“, stellt die Resolution fest.
Der LWB unterstützt die Menschen, die von diesen Konflikten betroffen sind. Im Nordirak hilft der LWB Binnenvertriebenen aus den Dörfern unterhalb des Sindschar-Gebirges, die jetzt in Flüchtlingslagern und Aufnahmegemeinschaften in Dohuk oder in Kirchen in der jordanischen Hauptstadt Amman leben.
In Jordanien unterstützt der LWB Flüchtlinge aus Syrien, die im Flüchtlingslager Za’atari und in benachbarten Aufnahmegemeinschaften Zuflucht gefunden haben. Mehr als 80.000 Menschen, darunter zahlreiche Kinder, sind gezwungen, sich auf unbestimmte Zeit mit diesem Flüchtlingsstatus abzufinden. Der Bürgerkrieg in Syrien geht in sein fünftes Jahr, die Zukunft der Flüchtlinge ist somit völlig ungewiss.
Die Resolution erwähnt ebenfalls den israelisch-palästinensischen Konflikt, der seit 67 Jahren auf eine Lösung wartet. Im Gaza-Konflikt 2014 wurden mehr als 2.000 Menschen getötet, die meisten waren palästinensische Zivilisten, darunter 490 Kinder“ stellt die Resolution fest.
Extreme Bedarfssituation
Als im August 2014 die Gewalt im Gazastreifen eskalierte, entsandte das vom LWB geleitete Auguste-Viktoria-Krankenhaus zwei freiwillige Ärzte-Teams mit sechs ÄrztInnen und sechs Krankenschwestern nach Gaza, die die ständig steigende Zahl von Verletzten in dem nicht enden wollenden Konflikt mit Israel versorgten. Zu dem AVH-Team gehörten FachärztInnen in Notfallmedizin, Intensivmedizin, Chirurgie, innerer Medizin und Pädiatrie, die von entsprechenden Fachpflegekräften begleitet wurden. Das Team brachte ebenfalls dringend gebrauchte medizinische Hilfsgüter und Medikamente in die betroffenen Gebiete. Fünf Krankenhäuser und 34 Kliniken waren aufgrund der unsicheren Lage in Gaza geschlossen worden.
Das medizinische Team berichtete über erschütternde Zustände in Gaza während der Luftangriffe. „Überall im Krankenhaus suchen Menschen Schutz, sie schlafen auf dem Boden, in den Korridoren, obdachlos und hoffnungslos, ohne Familie. Freiwillige im Krankenhaus wischen ständig das Blut von den Fussböden auf“, schrieb eine der Krankenschwestern. „Der Geruch von Blut ist allgegenwärtig“.
Kirchen sind zur Advocacy-Arbeit aufgerufen
Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus hat ebenfalls eine Station mit zwölf zusätzlichen chirurgischen Betten und vier Intensivbetten eingerichtet, um Verletzte und in Gaza eingeschlossene KrebspatientInnen besser behandeln zu können.
In seiner Resolution fordert der LWB-Rat die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, „die Konflikte in dieser Region durch Verhandlungen und nicht durch immer mehr Gewalt zu lösen“. Der LWB ruft die Mitgliedskirchen zur Advocacy-Arbeit gegenüber ihren Regierungen auf, „sich konstruktiv zu engagieren und sich mit den Ursachen des menschlichen Leids anstatt nur mit den Auswirkungen zu befassen.”