Mutiges Zeugnis angesichts von Rückzugstendenzen und Zersplitterung der Gesellschaft

09 Aug. 2019
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LWB-Präsident Panti Filibus Musa spricht zur Vollversammlung der ELKA. Foto: ELKA

LWB-Präsident Panti Filibus Musa spricht zur Vollversammlung der ELKA. Foto: ELKA

LWB-Präsident Musa spricht bei ELKA-Vollversammlung

Milwaukee, USA/Genf (LWI) – In Zeiten, die geprägt seien von gesellschaftlicher Zersplitterung, Rückzugstendenzen und „einer dramatischen Veränderung“ gemeinsamer Werte, müsse sich die Kirche sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene ihrem Zeugnis „voll und ganz verschreiben“. Diesen Aufruf hat der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Erzbischof Dr. Panti Filibus Musa, in seinem Grußwort an die Vollversammlung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) 2019 formuliert.

Das Thema der Vollversammlung, dem höchsten Entscheidungsgremium der ELKA, die vom 5. bis 10. August in Milwaukee (Wisconsin/USA) tagt, lautet „We are Church“ (Wir sind Kirche).

Musa dankte der LWB-Mitgliedskirche für ihr unbeirrbares Engagement und Bekenntnis zum LWB und ihren Beitrag zur Arbeit der weltweiten lutherischen Gemeinschaft in den Bereichen Mission, Theologie und ökumenische Dialoge, die Entwicklung einer Grundsatzstrategie für Gendergerechtigkeit und dem Dienst an bedürftigen Menschen in aller Welt. „Ihre Vorreiterrolle und die vielen Gaben und Ressourcen, die Sie zur weltweiten Gemeinschaft beitragen, sind Ausdruck Ihres globalen Zeugnisses“, sagte er.

 Will Nunnally/ELCA

Die Vollversammlung der ELKA findet alle drei Jahre statt. Ordinierte und Laien aus den 65 Synoden der ELKA nehmen als Delegierte daran teil. Neben den regelmäßigen Tagesordnungspunkten wie der Bewilligung des Haushalts und Wahlen, werden die 927 stimmberechtigten Delegierten in diesem Jahr in Milwaukee über eine Reihe von Empfehlungen abstimmen. In einer der ersten Sitzungen der diesjährigen Vollversammlung wurde Pfarrerin Elizabeth A. Eaton zur Leitenden Bischöfin der ELKA wiedergewählt. Darüber hinaus hat die Vollversammlung ein Memorandum verabschiedet, das die ELKA zu einer Kirche der Zuflucht und des Schutzes macht. Die ELKA ist damit die erste Glaubensgemeinschaft in Nordamerika, die sich selbst zu einer solchen Kirche erklärt. Als Kirche der Zuflucht und des Schutzes verpflichtet und bekennt sich die ELKA dazu, Migrantenkindern und Migrantenfamilien im ganzen Land helfen und sie unterstützen zu wollen.

Musa gratulierte Eaton in seiner Rede zu ihrer Wahl und dankte ihr insbesondere für die Rollen, die sie als Oberhaupt der ELKA und als LWB-Vizepräsidentin für die Region Nordamerika übernehme. Er betete für eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit dem LWB und der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria, deren Erzbischof und Oberhaupt er ist.

Menschenwürde

Der LWB-Präsident sagte, das Thema der Vollversammlung rufe die ELKA auf, sich in erster Linie in Bezug auf die Frage zu positionieren, wer sie für die Menschen im eigenen Land und für ihre eigenen Mitglieder sein wolle. Einerseits, so Musa, sei es Aufgabe der Kirche, auf lokaler Ebene Zeugnis abzulegen mit und für die vielen Menschen, die „sich nach einem Leben sehnen, in dem sie aufblühen können“, während sie der gottgegebenen Würde eines jeden Menschen Ausdruck verleihen. „Sie müssen hier vor Ort Kirche sein, Raum in Anspruch nehmen und herausfinden, mit welcher Stimme Sie sprechen und welches Zeugnis Sie im Namen Gottes ablegen wollen – Ihren eigenen Mitgliedern gegenüber und in Ihrem jeweiligen Kontext“, betonte Musa.

Auf der anderen Seite bedeute das allumfassende Wesen der Kirche, dass „sie nie nur für sich allein wahrgenommen werden kann, sondern auch immer die globale Ausdrucksform berücksichtigen muss“. Die Vollversammlung in Milwaukee sei ein Ausdruck dieser spirituellen Erkenntnis genau wie es der LWB auf globaler Ebene sei, so Musa.

Er verwies des Weiteren auf die potentielle Gewalt, die zum Beispiel von einer aggressiven Sprache und Hassreden ausgehen könnte, und rief die Kirche auf, sich diesen Trends zu widersetzen „wo auch immer sie aufkommen mögen“ und „auf ehrlichen Dialog zu bestehen“. Wenn „die öffentliche Diskussion von toxischen Ausdrucksweisen und einem toxischen Diskurs geprägt sei“, würden insbesondere die schwächsten Gesellschaftsgruppen „in eine noch prekärere Lage gebracht“.

Musa dankte Eaton und anderen religiösen Führungspersonen in den USA dafür, dass sie sich gemeinsam zur Frage der Festnahme und Inhaftierung von Migrantenkindern und der Trennung von Familien positioniert hätten, die über die südliche Grenze des Landes in die USA kämen, um hier Zuflucht zu suchen. Der LWB-Präsident erklärte, diese gemeinsame Advocacy-Arbeit sei Trost und Ermutigung für die ganze LWB-Gemeinschaft, „denn es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um von der uns anvertrauten Botschaft abzukommen, sondern aus ihr zu schöpfen und Zeugnis für sie abzulegen in unserer kaputten Welt“.

Musa hob hervor, wie wichtig solch ein globales Zeugnis angesichts der „Chöre der Verzweiflung, der Angst und der Wut“ sei. Er mahnte die Kirche, „weiterhin das kraftvolle, mächtige Lied von Gottes befreiender Präsenz in dieser Welt zu singen, die uns befreit, zu dienen, zu lieben, uns zu versöhnen und noch so viel mehr zu tun“.

Zu den weiteren Beschlüssen der ELKA-Vollversammlung zählen die Verabschiedung einer gesellschaftlichen Erklärung mit dem Titel „Faith, Sexism, and Justice: A Lutheran Call to Action“ (Glaube, Sexismus und Gerechtigkeit: Ein lutherischer Aufruf zum Handeln) und einer Grundsatzerklärung mit dem Titel „A Declaration of Inter-Religious Commitment“ (Eine Erklärung zum interreligiösen Engagement). Die stimmberechtigten Delegierten nahmen zudem eine an Menschen afrikanischer Abstammung gerichtete Erklärung der ELKA entgegen, die auch ein Schuldbekenntnis in Bezug auf die Sünden der Sklaverei, des Rassismus, der Diskriminierung, der White Supremacy (Überlegenheit der Weißen) und des Quietismus sowie eine Zusage umfasst, die Arbeit der Buße beginnen zu wollen
 

 Will Nunnally/ELCA

Die ELKA ist die größte christliche Glaubensgemeinschaft in den Vereinigen Staaten von Amerika. Sie hat in mehr als 9.100 Gemeinden in den 50 Bundesstaaten und der karibischen Region rund 3,5 Millionen Mitglieder. Oberhaupt der Kirche ist die Leitende Bischöfin Elizabeth A. Eaton. Die ELKA ist seit 1988 Mitglied im LWB.

LWF/OCS