Regionales Netzwerk beleuchtet Beitrag von Frauen zum Reformationsjubiläum 2017
(LWI) Der Beitrag der Frauen zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 und ihre Rolle beim Aufbau lutherischer Kirchen in der Region Lateinamerika waren die Hauptthemen, mit denen sich eine Gruppe von Theologinnen im brasilianischen São Leopoldo beschäftigte.
Die 25 Theologinnen aus neun LWB-Mitgliedskirchen in der Region Lateinamerika und die Karibik (LAK) tagten im Rahmen des Netzwerks für Frauen und Geschlechtergerechtigkeit des Lutherischen Weltbundes (LWB) und wiesen auf die Bedeutung der „Frauengeschichten“ und die Erfahrungen von Frauen in der Geschichte der Kirchen der Region hin.
Die Vernetzung von Theologinnen und die Bewusstseinsbildung für ihre Anliegen sind Teil der vom LWB-Referat „Frauen in Kirche und Gesellschaft“ (FKG) koordinierten Arbeit in der Region. Wie in der Geschichte vom verlorenen Groschen im Lukas-Evangelium, in dem eine Frau ein Licht anzündet, um den Groschen zu suchen, wurden im Rahmen der FKG-Tagung, die vom 24. bis zum 27. Juni stattfand, die Geschichten der zahlreichen Frauen gesucht und beleuchtet, die im Leben der Kirchen Lateinamerikas eine wichtige Rolle gespielt haben.
Die brasilianische Bibelwissenschaftlerin Ivoni Richter Reimer unterstützte die Theologinnen und lehrte sie Methoden, die Arbeit vergessener Frauen in der Bibel zu finden und ihre Bedeutung herauszuarbeiten. Thematisiert wurden auch die Beteiligung von Frauen an der Reformation der Kirche im 16. Jahrhundert sowie die möglichen Pläne des LAK-Netzwerks, mit den kürzlich verabschiedeten Gender-Richtlinien des LWB zu arbeiten.
Der LWB-Rat hatte die Gender-Richtlinien des LWB im Rahmen seiner Tagung im Juni gebilligt. Das endgültige Dokument wird ab September verfügbar sein.
Wichtiges Hilfsmittel für die kirchliche Arbeit
Elizabeth Arciniegas Sanchez, FKG-Regionalkoordinatorin für die Anden-Region und Mitglied des LWB-Ausschusses für Weltdienst, brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, die LWB-Richtlinien könnten als wichtiges Hilfsmittel für die Mission und den Dienst der Kirchen fungieren.
„Die Tatsache, dass die Gemeinschaft der LWB-Mitgliedskirchen die Richtlinien gebilligt hat, ist ein Hinweis auf die grosse Bedeutung der Gender-Gerechtigkeit und motiviert uns, das Thema in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen unserer Kirchen zu berücksichtigen.“
Sie betonte, wie wichtig es sei, auf eine einheitliche Interpretation der LWB-Richtlinien hinzuarbeiten, die die verschiedenen kulturellen Hintergründe innerhalb der weltweiten LWB-Gemeinschaft berücksichtige.
Arciniegas erinnerte an die LWB-Veröffentlichung „So soll es nicht sein unter euch! Glaubensbasierte Überlegungen zum Thema Gender und Macht“ (2010) und beschrieb die Methodologie, die in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Kolumbiens (IELCO) verwendet wurde, um die Veröffentlichung zu diskutieren, als eine „wunderbare Erfahrung“. Sowohl Frauen als auch Männern aus den Gemeinden und anderen Basisgruppen habe sie die Möglichkeit gegeben, über das Thema Gender-Gerechtigkeit nachzudenken.
„Da das Wort ‚Gender‘ jedoch immer noch zu Missverständnissen führt und bisweilen falsch gebraucht wird, […] haben wir uns in der IELCO dazu entschieden, die Diskussion zum Thema ‚Die Beziehungen zwischen Männern und Frauen‘ zu führen.“ Dieser Ansatz habe es den Teilnehmenden leichter gemacht, über konkrete Erfahrungen zum Thema Ungleichheit in Machtverhältnissen zu sprechen. „Die Diskussion veranschaulichte die Themen, die in der Veröffentlichung angesprochen werden, mit Erfahrungen aus dem wahren, alltäglichen Leben“, fügte sie hinzu.
Sie hoffe, das Netzwerk der LAK-Theologinnen werde weiterhin Raum bieten, über Gender-Gerechtigkeit zu sprechen und eine gemeinsame Strategie zur Umsetzung der LWB-Veröffentlichungen in den Kirchen der Region zu erarbeiten, erklärte Arciniegas.
„Solche Gelegenheiten sind wichtig, um auf unserer gemeinsamen Reise gegenseitiges Vertrauen und Motivation aufzubauen und einheitliche Vorgehensweisen im Streben nach Gender-Gerechtigkeit zu finden“, betonte sie.
Leben in einer Kirchengemeinschaft
Pfarrerin Rosangela Stange vom Koordinationsbüro für Gender-Fragen der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) erklärte, das Treffen biete dem LAK-Netzwerk für Frauen und Geschlechtergerechtigkeit die Gelegenheit, in den Kirchen der Region auf seine Arbeit aufmerksam zu machen.
„Der Prozess, den wir entwickelt haben, um mittels Überlegungen zur Gender-Gerechtigkeit an die Prinzipien der feministischen Hermeneutik zu erinnern, ist die Grundlage dafür, gemeinsame methodische Hilfsmittel zu schaffen und die Geschichten der Frauen in unseren Kirchen kennenzulernen und zu erzählen.“
„Die Gruppe hat einen Prozess durchlaufen, der er es uns ermöglicht hat, besser zu verstehen, was das Leben in einer Gemeinschaft und die Zugehörigkeit zu einer solchen bedeuten.“
Im Rahmen des Treffens wurde eine Reihe Themen von allgemeinem Interesse herausgearbeitet, die in der ganzen Region bearbeitet werden sollen. Dabei sollen die konkreten Vorgehensweisen jedoch flexibel und somit an die unterschiedlichen Kontexte anpassbar bleiben. Dank dieser Initiativen wird es möglich sein, die Geschichten und Erfahrungen der Frauen in den Kirchen ans Licht zu bringen und in den Feierlichkeiten zum 500. Reformationsjubiläum auf die „Frauengeschichten“ aufmerksam zu machen.
Pfarrerin Dr. Elaine Neuenfeldt, LWB-Referentin für Frauen in Kirche und Gesellschaft, betonte, eine organisierte und starke Theologinnen-Gruppe innerhalb des LAK-Netzwerks für Frauen und Geschlechtergerechtigkeit sei ein guter Rahmen, um Strategien zur Umsetzung der Gender-Richtlinien des LWB in der Region zu erarbeiten und der Arbeit der Theologinnen bessere Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit zu verschaffen.
Neuenfeldt wies darauf hin, in der Gruppe sei festgestellt worden, dass die Anzahl an Theologinnen mit Masterabschlüssen oder Doktortiteln in Lateinamerika rückläufig sei. „Es herrscht ein klarer Bedarf an strategischen und gemeinsamen Bemühungen, mehr Frauen zu einem Studium der Theologie zu motivieren und Gender- und Feministische Theologie zu einem Teil der theologischen Ausbildung zu machen“, so Neuenfeldt weiter.