LWB versorgt kongolesische Flüchtlingsfamilien mit lebensrettenden Hilfsgütern
(LWI) Über 66.000 Flüchtlinge haben innerhalb von nur zwei Tagen die Grenze nach Uganda überquert, nachdem die ugandische Rebellengruppe Allied Democratic Forces (ADF) ihre Heimatstadt Kamango in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo (DRK) angegriffen hatte. Der gewaltige Flüchtlingsstrom übersteigt bei weitem die Kapazität des neu eingerichteten Lagers Bubukwanga im Westen Ugandas. Der Lutherische Weltbund (LWB), ein Mitglied des ACT-Bündnisses, reagiert darauf mit einer Intensivierung seiner Massnahmen zur Bereitstellung von lebensrettendem Wasser, sanitären Anlagen und Hygienematerial für die Flüchtlinge.
Uganda war auf eine massive Flüchtlingsbewegung dieser Art nicht vorbereitet, richtete aber innerhalb einer Woche das Lager Bubukwanga im Distrikt Bundibugyo ein. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und das Amt des Premierministers koordinieren die Aktivitäten der an der Bewältigung der Krise beteiligten Partner.
Der LWB war unter den ersten Organisationen, die in Bubukwanga eintrafen, und stellte für die Flüchtlinge lebensrettendes Wasser, sanitäre Anlagen und Hygienematerial bereit. Bemerkenswert ist dabei der Umfang der geleisteten Nothilfe: Bisher stellte der LWB 10 Wasserbehälter mit einer Kapazität von 10.000 Litern, sechs Handwaschstellen, 1.000 Kanister Seife und Töpfe für die Nahrungsmittelverteilung zur Verfügung, setzte zwei Hygieneberatende ein und baute 450 Meter Zäune auf.
Trotzdem ist das Lager in Bubukwanga weiterhin überlastet und es wird dringend zusätzliche Unterstützung gebraucht, um den Grundbedürfnissen der derzeit 15.559 Flüchtlinge zu entsprechen.
„Es fehlt im Lager nach wie vor an Vielem – Unterkünfte, Sanitäranlagen und Hygiene etwa gehören zu den kritischen Bereichen“, berichtet Bafaki Charles, leitender Vertreter des Amtes des Premierministers, der für die Ansiedlung und die Koordination der Flüchtlingsarbeit verantwortlich ist.
Bisher gibt es in Bubukwanga für je 293 Flüchtlinge eine Latrine, wohingegen nach den SPHERE-Nothilfestandards auf je 20 Menschen eine Toilette kommen sollte. Auch von den SPHERE-Standards für die Wasserversorgung ist die Situation im Lager weit entfernt.
Nach UNHCR-Schätzungen wird die Lagerbevölkerung bald 20.000 Personen erreichen, da kontinuierlich weitere Flüchtlingskolonnen aus der DRK eintreffen. Der LWB stellt sich für die kommenden Tage auf einen weiteren Zustrom ein.
Mit ihrem Neugeborenen vor Gewehrsalven geflohen
Unter den Flüchtlingen im Lager ist die 20-jährige Mary Maurita. Im Schatten eines Schutzdachs aus Palmstämmen, die mit grauen Decken bespannt sind, stillt sie ihr vier Tage altes Baby.
„Ich habe die Schüsse gehört und bin mit meinem neugeborenen Sohn aus dem Krankenhaus geflüchtet“, erzählt Maurita, den Blick auf ihr Kind gerichtet.
Gerade einmal vier Stunden nach der Entbindung begannen die Gewehrsalven und sie rannte nach Hause, wo sie ihren Ehemann, den 24-jährigen Kalikona Bosco, und den gemeinsamen Sohn, Mawombi Richard (2) weckte.
„Es war chaotisch, ich hatte nur mein Baby und die Kleider, die ich mir anzog. Wir liefen so schnell wir konnten vor den Schüssen davon, aber ich hatte Schmerzen nach der Geburt“, berichtet Maurita weiter.
Acht Stunden war die Familie, gemeinsam mit einer grossen Zahl Flüchtlinge aus Kamango, unterwegs, bevor sie die Sicherheit jenseits der Grenze in Uganda erreichte.
„Wir haben beschlossen, unseren Sohn Chance zu nennen. Wir sind froh, dass wir den Krieg überlebt haben“, betont Maurita und ihr Mann stimmt zu.
„Ich hatte Glück, dass mich meine Frau aufgeweckt hat und ich bin froh, dass wir jetzt hier in Uganda in Sicherheit sind. Hier bekommen wir Nahrungsmittel und eine Unterkunft und ich habe meine Familie bei mir“, bestätigt Bosco.
Allein mit den drei Söhnen entkommen
Der 53-jährige Bhyaruhanga Jululu ist ein weiterer Augenzeuge des Angriffs durch die ADF. Er ist mit seinen drei Söhnen in Uganda.
„Meine Nachbarn sagten, dass sie die Rebellen gesehen hatten, und als wir die Schusswechsel hörten, sind wir alle losgerannt. Als wir in Uganda ankamen, wollte meine Frau nicht ins Lager mitkommen, sondern in der Nähe der Grenze bleiben, damit sie die Möglichkeit hat, nach Hause zu gehen. Ich bin mit drei von unseren Kindern ins Lager gekommen, die anderen beiden sind bei meiner Frau“, berichtet Jululu und ergänzt, der Angriff sei für alle BewohnerInnen seiner Heimatstadt völlig unerwartet gekommen.
„Ich hatte gehört, dass weit von Kamango entfernt im Busch Rebellen aktiv sind, aber niemand hat erwartet, dass sie bis in unsere Stadt kommen.“
Jululu ist zutiefst besorgt darüber, dass seine Frau sich entschlossen hat, in der Nähe der Grenze zur DRK zu bleiben, so dass sie nach Hause zurückkehren und Habseligkeiten der Familie holen kann.
„Ich habe versucht sie zu überzeugen, dass sie mit mir ins Lager kommt, wo wir in Sicherheit sind, aber sie hat sich geweigert.“
Ndiji Kwaninitedid, die für den LWB als Beraterin für sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt in Bubukwanga tätig ist, warnt vor dem hohen Risiko, aktuell in die DRK zurückzukehren.
„Am Samstag hat eine grosse Gruppe Frauen versucht, Nahrungsmittel und Habseligkeiten aus der DRK zu holen, aber auf dem Weg nach Hause wurden sie von Soldaten vergewaltigt. Diejenigen, die sich widersetzten, wurden ermordet“, berichtet Kwaninitedid. Sie führt weiter aus, dass viele Vergewaltigungen bisher nicht bei der ugandischen Polizei angezeigt wurden, weil die betroffenen Frauen fürchten, ihre Ehemänner könnten sie verstossen, wenn sie von der Vergewaltigung erfahren.
Angesichts der sexuellen Gewalt unter den kongolesischen Flüchtlingen wurde der LWB vom UNHCR beauftragt, im Lager Bubukwanga einen entsprechenden Beratungsdienst aufzubauen. So wurden unter den Flüchtlingen Ansprechpersonen beauftragt und mit den nötigen Kenntnissen ausgestattet. Sie leisten Unterstützung und stellen sicher, dass Betroffene wissen, wo sie über ihre Erlebnisse sprechen und sie zur Anzeige bringen können.
Gemeinwesen vom Flüchtlingsstrom überwältigt
Vor dem jüngsten Zustrom nach Bundibugyo lebten in Uganda bereits mehr als 210.000 registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende. 63 Prozent von ihnen stammen aus der DRK. Dem massiven neuen Zustrom sind die Gemeinwesen vor Ort nicht gewachsen.
Bevor das Lager Bubukwanga eingerichtet wurde, hatten die Flüchtlinge in fünf nahegelegenen Schulen und Kirchen der Stadt Bundibugyo Unterkunft gefunden, was dazu führte, dass Schultische als Feuerholz verschürt wurden und die Schulen geschlossen werden mussten.
Es ist dringend erforderlich, dass der Schulbetrieb zügig wieder aufgenommen wird. Zu diesem Zweck hat der LWB am 22. Juli den Schulen in Bundibugyo 180 Tische zur Verfügung gestellt.
„Wir danken dem LWB für die Bereitstellung der Schultische, das hilft uns sehr. Aber es ist doch nur ein Tropfen auf den heissen Stein – jede Schule hat 100 Tische und sogar die Stühle wurden zerschlagen und als Feuerholz verwendet, also ist noch mehr Hilfe nötig“, erklärt Regierungsvertreter Charles.
(Ein Beitrag von Mai Gad, Kommunikationsreferentin bei DanChurchAid)