Vom Konflikt zur Gemeinschaft: Zukunft der Christenheit weltweit liegt im Miteinander

02 Apr. 2019
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Kopie der offiziellen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Foto: LWB/S. Gallay

Kopie der offiziellen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Foto: LWB/S. Gallay

Weitere gemeinsame Schritte der katholischen, lutherischen, methodistischen, anglikanischen und reformierten Weltgemeinschaften hin zu vertiefter ekklesialer Gemeinschaft und gemeinsamem Zeugnis

Notre Dame, USA/Genf (LWI) – Wie haben sich die Beziehungen zwischen den Weltweiten christlichen Gemeinschaften, die sich der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) angeschlossen haben, in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert? Wie können sie das neue Vertrauen, die neu entstandenen Freundschaften zwischen den Traditionen sichtbarer machen? Und wie können sie ihre machtvolle Botschaft der Versöhnung in den Dienst einer zutiefst gespaltenen Welt stellen?

Mit diesen Fragen befassten sich bei einer Konferenz, die vom 26. bis 28. März an der Notre Dame-Universität in Indiana (USA) stattfand, Ökumenefachleute aus den fünf Weltweiten christlichen Gemeinschaften, die sich der GE angeschlossen haben. Mit dieser wegweisenden Übereinkunft aus dem Jahr 1999 wurde der entscheidende kirchentrennende Konflikt der Reformationszeit faktisch beigelegt.

Der zunächst von führenden Vertretern und Vertreterinnen der katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes (LWB) unterzeichneten Erklärung haben sich mittlerweile auch der Weltrat Methodistischer Kirchen, die Anglikanische Kirchengemeinschaft und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen angeschlossen. Sie alle stimmen heute in der Kernbotschaft der Erlösung in und durch Christus überein. Auf diesem gemeinsamen Fundament formulierten die Teilnehmenden ein neu erwachtes „dringliches Bestreben“, diese Leben schenkende Botschaft der heutigen Welt zu vermitteln und gleichzeitig ihre theologische Arbeit mit dem Ziel der christlichen Einheit fortzusetzen.

Am Eröffnungstag standen Referate aus allen fünf Traditionen auf dem Programm. Sie befassten sich mit der Frage, wie die gemeinsame Entschlossenheit, „immer von der Perspektive der Einheit und nicht von der Perspektive der Spaltung“ auszugehen, bei der Suche nach Lösungen für weiterhin bestehende Hindernisse helfen könnte, etwa hinsichtlich der gegenseitigen Anerkennung der Ämter und der eucharistischen Gemeinschaft.

Bei einem ökumenischen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Basilika der Universität, dem örtliche Geistliche vorstanden, gedachten die Teilnehmenden ihrer Taufe und verpflichteten sich, auf dem gemeinsamen Weg weiter voranzugehen.

In ihrer Abschlusserklärung betonten sie, der Prozess der GE habe zur Überwindung jahrhundertealter Differenzen geführt. Sie verwiesen auch auf die Methode des differenzierenden Konsens, die eine Einigung in Kernfragen ermögliche, gleichzeitig aber offen bleibe für unterschiedliche Formen des Ausdrucks im jeweiligen Bekenntnis, und mit der sich vergangene, gegenwärtige und zukünftige Hindernisse im Zusammenhang mit Fragen der Lehre wie der Ethik bearbeiten ließen.

Die Teilnehmenden befürworteten die Entwicklung gemeinsamer klassischer und virtueller Materialien für die ökumenische Aus- und Weiterbildung und riefen weiter dazu auf, Handreichungen zu erstellen für Tauffeiern und Tauferinnerungen, soweit diese bisher noch nicht vorhanden seien. Ein mit zwei Mitgliedern jeder Tradition besetzter Lenkungsausschuss soll eingerichtet werden, um diese Maßnahmen weiter zu begleiten.

Junge: Durchbruch und starke gemeinsame Identifikation

LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge hat die Konferenz als „Durchbruch“ bezeichnet, bei dem sich die starke gemeinsame Identifikation mit der GE erwiesen habe. „Sie ist nicht länger eine bilaterale Übereinkunft, der sich andere angeschlossen haben“, so Junge, „sondern es identifizieren sich heute alle fünf Traditionen gleichermaßen mit ihr und haben Anteil an ihr.“ Als greifbares Ergebnis verwies der Generalsekretär darauf, dass man einander nicht mehr aus der Perspektive betrachte, „was der anderen Kirche fehlt, sondern vielmehr, inwiefern sie ein wirksames Instrument für die Verkündigung des Evangeliums Christi ist und die Menschen zu Glauben, Hoffnung und Liebe ruft.“

Junge betonte weiter: „Unsere Botschaft von der Rechtfertigung allein aus Gnade durch den Glauben ist eine aktuelle, dringend nötige Antwort auf die Individualismen, die Kommodifizierung und die kurzfristig angelegten Ansätze“ der modernen Welt.

Vor diesem Hintergrund befassten sich die Teilnehmenden der Konferenz auch mit den drei Unterthemen der Zwölften LWB-Vollversammlung in Namibia: „Schöpfung – für Geld nicht zu haben“, „Erlösung – für Geld nicht zu haben“ und „Menschen – für Geld nicht zu haben“. Sie prüften, inwiefern sich diese Themenstellungen als Rahmensetzung eignen, um der Menschheit das befreiende Evangelium Jesu Christi zu vermitteln, das Relevanz hat für die existenziellen Fragen und Herausforderungen der Gegenwart.

Generalsekretär Junge schloss: „Wir müssen unsere eigene Identität nicht im Gegensatz zu den anderen, sondern gemeinsam mit ihnen definieren, auf der Grundlage der wesentlichen gemeinsamen Basis, die wir herausgearbeitet haben – unserer Erlösung in Christus allein aus Gnade durch den Glauben.“

 

 

LWF/OCS