Konsultation der LWB-Region Mittel- und Westeuropa in Hamburg
Hamburg, Deutschland/Genf LWI) – Dass schon die Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in der Region Mittel- und Westeuropa ein facettenreiches Bild kleiner und großer Kirchen unterschiedlicher Prägung bilden, bestätigten die Teilnehmenden der Konsultation für Kirchenleitende der Region. Auf der Tagesordnung stand das gegenseitige Kennenlernen, gemeinsame Themen und die gemeinsame Arbeit daran sowie Gegenwartsfragen und Zukunftsperspektiven des LWB insgesamt.
Die Teilnehmenden kamen aus 14 LWB-Mitgliedskirchen und trafen sich am 2. und 3. Juni auf Einladung der LWB-Vizepräsidentin für die Region Mittel- und Westeuropa, Pröpstin Astrid Kleist, und des Deutschen Nationalkomitees des LWB (DNK/LWB) in Hamburg, Deutschland.
Stärke durch das Miteinander
Kleist begrüßte die Teilnehmenden im historischen Herrensaal der St. Jacobi-Kirche im Zentrum der Stadt. Hier trifft sich bereits seit 20 Jahren auch der Runde Tisch, um sich zum Wohle der Stadt über strittige Themen zu beraten. Grundidee war „Konflikte nicht in der Presse auszuhandeln, sondern gemeinsam einen Raum zu schaffen, in dem Lösungen gefunden werden können, auf die kein Akteur aus Politik, Wirtschaft, Diakonie und Kirche allein kommen kann“, so die Hamburger Pröpstin.
LWB-Vizepräsidentin Astrid Kleist (r.) heißt die Teilnehmenden der Konsultation Kirchenleitender in Mittel- und Westeuropa in historischen Herrensaal in der St. Jacobi-Kirche, Hamburg, willkommen.
Sie wünsche sich auch für das Gespräch der Kirchen in der Region und im LWB insgesamt, dass ihre Vertreterinnen und Vertreter „vertrauensvoll miteinander sprechen im Wissen, dass es immer uns alle gerade in unserer Verschiedenartigkeit braucht, um Lösungen zu finden.“
Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, nahm diesen Faden in ihrem Grußwort auf. „Leib Christi, Verkörperung Christi in dieser Welt, das sind wir immer nur gemeinsam, zusammen, im Zusammenspiel – keine Einzelperson für sich allein und auch keine Kirche für sich allein. Wie gut und wie entlastend das ist!“, so Kühnbaum-Schmidt. Gleichzeitig verwies sie auf die Aufmerksamkeit und Verantwortung, die das mit sich bringe: „Alles ökumenische Miteinander, jedes ökumenische Gespräch, jede theologische Arbeit im ökumenischen Kontext ist untrennbar mit den Themen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung verbunden.“
Gegenwartsfragen und Zukunftsperspektiven im LWB
In seinem Vortrag zu Gegenwartsfragen und Zukunftsperspektiven des LWB führte LWB-Generalsekretär Martin Junge aus, dass es heute eine vordringliche Aufgabe der lutherischen Weltgemeinschaft sei, prophetisch Zeugnis abzulegen in einer Welt, in der Staaten und gesellschaftliche Akteure „Selbstbewahrung vor gemeinsame Interessen und Zusammenarbeit“ setzten. Aufgabe des LWB sei insofern auch eine Arbeit „gegen den Strom“. Kritisch und sorgenvoll merkte Junge an, dass „im globalen Norden die weitreichendsten Entscheidungen zur Aushebelung der Menschenrechte fallen.“
Im Blick auf die Veränderungen in der kirchlichen Landschaft, besonders im europäischen Kontext, ermutigte Junge dazu, „neu anzusetzen statt sich darauf zu beschränken, an Vorhandenes anzuknüpfen“. Das theologische Anliegen des LWB, das sich seit des Reformationsjubiläums verstetige, sei es, die “theologische Klammer von Rechtfertigung auf der einen, und Freiheit auf der anderen Seite zusammenzuhalten. Eine Kirche die Rechtfertigung predigt, wird immer eine Kirche sein, die für Freiheit einsteht”.
Junge nahm auch Bezug auf die wöchentlich stattfindenden „Fridays for future“-Proteste von Schülerinnen und Schülern. Er habe Hochachtung für ihren konsequenten Einsatz für Klimagerechtigkeit. Dass diese Proteste oft während der Schulzeit stattfinden, bedaure er. Dennoch: „Es liegt an uns, den Erwachsenen, dass sie wieder zurückgehen zur Schule.“ Für den LWB sei Klimagerechtigkeit als generationenübergreifendes Thema angelegt.
Die lutherische Weltgemeinschaft stehe an einer Wegkreuzung, so Junge. Er plädiere dafür, nicht in eine „paralysierende Nostalgie“ zu verfallen, sondern sich für die Chancen und Herausforderungen der Zukunft zu öffnen und sie anzunehmen.
Kirchesein in Mittel- und Westeuropa
Vielfältige Beispiele für die Arbeit in unterschiedlichen Kontexten der einzelnen LWB-Mitgliedskirchen benannten die Teilnehmenden der Konsultation in einem Austausch.
Erfahrungsaustausch über das Kirchesein in verschiedenen Kontexten: (v.l.) Christian Albecker, Präsident der Vereinigung evangelischer Kirchen von Elsass und Lothringen; Eliza Zikmane, Dekanin der Lutherischen Kirche in Großbritannien; Oberkirchenrat Michael Martin von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
Christian Albecker, Präsident der Vereinigung evangelischer Kirchen von Elsass und Lothringen, berichtete vom Prozess seiner Kirche, die Beziehungen zwischen und die jeweiligen Aufgaben von ordinierten Personen und Laien neu zu definieren, zumal die Anzahl der Ordinierten absehbar sinke.
Eliza Zikmane, Dekanin der Lutherischen Kirche in Großbritannien, verwies darauf, dass gerade in ihrer kleinen, multikulturell geprägten Minderheitskirche jede einzelne Person wichtig sei. „Die unterschiedlichen Menschen, die zu uns kommen, fühlen sich angenommen wie sie sind. Und wenn sie sich aktiv am Gemeindeleben beteiligen und einbringen, spüren sie, dass das einen entscheidenden Unterschied macht.“
Dr. Andreas Wöhle vom LWB-Nationalkomitee in den Niederlanden berichtete von den Versuchen seiner Kirche „eine neue Sprache“ zu finden, um mit säkularisierten Menschen ins Gespräch zu kommen. Hier sei viel Mut, Phantasie und Experimentierfreude gefragt, um neue Wege zu beschreiten.
Kristina Kühnbaum-Schmidt wies darauf hin, dass in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, in der sich ehemalige Kirchen aus Ost- und Westdeutschland zusammengeschlossen haben, „unterschiedliche geistliche und theologische Traditionen zusammenfließen“. Die „Begegnung auf Augenhöhe“ der Kirchenmitglieder mit ihrer jeweils eigenen Geschichte in einem geteilten und wiedervereinigten Deutschland sei sehr wichtig. Dadurch, dass die Partner „einander Bedeutung beimessen“ können sie einander bereichern und einander erinnern, was sie sich während Wiedervereinigung auf die Fahnen geschrieben hatten.