Zeugnis von Gottes Mission erfordert Besinnung auf das Wesentliche

24 Nov. 2016
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Neue Strategien und verstärkte Zusammenarbeit bei der Missionsarbeit im LWB

Genf, 23. November 2016 (LWI) – Als Ergebnis einer zweitägigen Tagung von im Bereich der Mission Tätigen aus Mitgliedskirchen und Partnerwerken des Lutherischen Weltbundes (LWB) sind die Teilnehmenden übereingekommen, nach neuen Möglichkeiten zur gemeinsamen Entwicklung von Strategien zu suchen, wie die Kirche ihrer Hauptaufgabe – Zeugnis von Gottes Wirken in der Welt abzulegen – gerecht werden kann.

„Es ist an der Zeit, dass wir uns auf das Wesentliche besinnen und dabei sämtliche uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen. […] Wir können niemanden erlösen. Das ist Gottes Sache. Unsere Aufgabe ist es, davon Zeugnis zu geben“, so das Fazit, das Pfr. Dr. Fidon Mwombeki, Direktor der Abteilung des LWB für Mission und Entwicklung, im Blick auf die Tagung zog, die am 17. und 18. November stattfand.

An der Konsultation mit dem Titel „Weltweite christliche Mission in der Gegenwart “ nahmen insgesamt 80 Personen teil, darunter Mitarbeitende von gemeindlichen und gesamtkirchlichen Missionsreferaten sowie internationalen Zusammenschlüssen, Kirchen- und Synodenleitende sowie an theologischen Seminaren und Fakultäten Lehrende. Etwa 20 europäische und nordamerikanische Missionswerke waren vertreten, ebenso sowie LWB-Mitgliedskirchen aus aller Welt.

Mwombeki erläuterte, die Diskussionen der Teilnehmenden hätten ergeben, dass alle Kirchen in allen LWB-Regionen dazu bereit sein müssten, trotz der ganz unterschiedlichen Herausforderungen „einander zu helfen und zu begleiten mit unseren verschiedenen Gaben und Bedürfnissen“. Mit Blick auf das Thema der Konsultation forderte er: „Schämen wir uns des Evangeliums nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht.“

In Plenarsitzungen und Gruppendiskussionen kamen die Delegierten einhellig zu dem Ergebnis, dass es die aktuellen rasanten und umfassenden gesellschaftlichen Veränderungen erforderlich machen, den Begriff der ganzheitlichen Mission neu zu definieren. Vielfach war von der Notwendigkeit die Rede, im Gespräch zu bleiben, voneinander zu lernen und kulturübergreifend zusammenzuarbeiten, um die Fehler der Vergangenheit zu bewältigen und neue Ansätze für das Zeugnis vom Evangelium zu finden.

So sei etwa in Afrika und Asien parallel zum Mitgliederzuwachs in den lutherischen Kirchen zu beobachten, dass auch neupfingstliche Kirchen, die ein auf materielle Güter ausgerichtetes Wohlstandsevangelium verkündeten, ein deutliches Wachstum zu verzeichnen hätten und gleichzeitig aufgrund der weltweiten Säkularisierung die Kirchenferne bei zahlreichen Gläubigen zunehme.
 

„In dieser gebrochenen Welt hinterfragt Jesu Lebensprojekt das postfaktische Syndrom, das anderen das Menschsein abspricht und sie zu Sündenböcken macht für gescheiterte politische Programme, schlechte wirtschaftliche Ergebnisse und viele der sozialen Missstände in unseren Ländern.“ Pfr. Dr. Rafael Malpica-Padilla, Direktor für Weltmission, Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika

In Europa und Nordamerika sei ein Rückgang bei den Kirchenmitgliedern wie auch beim aktiven christlichen Leben zu beobachten. Es gebe neue Gemeindegründungen vor allem durch Zugewanderte unterschiedlicher christlicher Konfession sowie neue Gemeinschaften von Angehörigen anderer Glaubensrichtungen. In Lateinamerika und der Karibik sei ebenfalls der Einfluss neupfingstlicher Kirchen und Bewegungen zu spüren, so dass es für die lutherischen Kirchen und ihre Institutionen zur Überlebensfrage geworden sei, eine authentische Spiritualität mit charismatischen Formen zu verknüpfen.

Der religiöse Fundamentalismus, so das Ergebnis der Konsultation, stelle, wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung, eine gemeinsame Sorge aller Regionen dar. Man müsse sich also damit auseinandersetzen, wie die lutherische und christliche Identität am wirksamsten gestärkt und der Dialog wie auch die Diapraxis mit anderen Glaubensgemeinschaften vorangebracht werden könnten.

Ganzheitliches Verständnis von der Mission Gottes

In seinem Hauptreferat forderte Pfr. Dr. Rafael Malpica-Padilla die Teilnehmenden und den LWB auf, aus ganzheitlicher Perspektive die Interaktion mit der Welt neu zu betrachten. Hier sei die Kirche berufen, dem Beispiel Jesu Christi folgend Beziehungen und Gemeinschaft wiederherzustellen.

Die aktuellen Trends von Migration und Flucht, religiösem Pluralismus und der Verlagerung des Wachstums christlicher Kirchen von der nördlichen in die südliche Hemisphäre seien nicht nur als Herausforderungen, sondern auch als Chancen für lutherische Kirchen zu betrachten, stellte Malpica-Padilla, Direktor für Weltmission bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), fest.

Bei der Mission gehe es heute nicht mehr um ein „vom Westen in den Rest der Welt“, vielmehr nehme die sogenannte reverse mission zu, d. h. Länder wie Brasilien, Nigeria und Südkorea entsendeten weltweit die meisten MissionarInnen.

Dass so viele Menschen, Flüchtlinge und Migrierende unterwegs seien, beeinflusse ebenfalls die Demografie im Christentum und die Missionsarbeit, so Malpica-Padilla. Nach einem Bericht des „Pew Forum on Religion & Public Life“ gehörten die große Mehrheit der zwischen 1992 und 2012 nahezu 700.000 legal in die USA Eingewanderten sowie 80 Prozent aller aktuell Immigrierten ohne Papiere dem Christentum an.

„Sind wir bereit, uns im Prozess der Neuevangelisierung unserer Gemeinwesen für die Kompetenz der Kirchen mit Ursprung in der südlichen Hemisphäre zu öffnen?“, lautete eine Anfrage Malpica-Padillas. Es gebe in Europa und Nordamerika LWB-Mitgliedskirchen mit großen Diasporagemeinden sowie Kirchen aus südlichen Regionen, die sich etabliert hätten.

Religiöser Extremismus

Im Rückblick auf die Zehnte LWB-Vollversammlung, die 2003 in Kanada stattfand, erinnerte der Direktor der ELKA-Weltmission an die Rolle der lutherischen Kirchen angesichts des religiösen Pluralismus und Extremismus: „Wir müssen weiterhin den Dialog mit anderen Religionen pflegen, mit dem Ziel, einander besser zu verstehen. Wir müssen von Vertrauen getragene Beziehungen aufbauen, friedlich zusammenleben und Zeugnis geben von der Liebe Gottes zu allen Menschen.“

Eine weitere Herausforderung für die Kirche heute sei die Vorstellung von einer „postfaktischen“ Prägung unserer Zeit, in der Gefühle und persönliche Überzeugungen größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung hätten als objektive Fakten, stellte Malpica-Padilla fest. „In dieser gebrochenen Welt hinterfragt Jesu Lebensprojekt das postfaktische Syndrom, das anderen das Menschsein abspricht und sie zu Sündenböcken macht für gescheiterte politische Programme, schlechte wirtschaftliche Ergebnisse und viele der sozialen Missstände in unseren Ländern.“

Der Missionsexperte der ELKA forderte dazu auf, die Kirche, ihre Strukturen sowie die Art und Weise zu überdenken, wie Führungsverantwortliche auf kirchliche Ämter vorbereitet und Mittel zur Verwirklichung von Gottes Heilsplan in der Welt bereitgestellt würden.

Die von der LWB-Konsultation „Weltweite christliche Mission in der Gegenwart“ ausgesprochenen Empfehlungen werden in die Diskussionen der Zwölften LWB-Vollversammlung einfließen, die im Mai 2017 im namibischen Windhuk stattfindet.

 

LWF/OCS