Interview mit Jeebita Moshahari, Nördliche Evangelisch-Lutherische Kirche
(LWI) – Jeebita Moshahari ist Jugendleiterin in der Nördlichen Evangelisch-Lutherischen Kirche (NELK) und junge Reformatorin des Lutherischen Weltbundes (LWB). Im Interview spricht sie über die Rolle junger Menschen während der Kirchenleitungskonferenz in Asien (ACLC) und den Möglichkeiten, die sich ergeben, wo es wieder möglich ist, in Präsenz zu tagen.
Außerdem spricht Moshahari über ihre Arbeit in ihrem Gemeinwesen, bei der sie junge Mädchen ermutigt, sich nicht mit einer schulischen Grundbildung zufrieden zu geben, und darüber, dass das LWB-Netzwerk der jungen Reformatorinnen und Reformatoren Brücken zwischen der Kirche und der weltweiten Gemeinschaft sein können.
Was hat Ihre Religiosität und Ihren Glauben geprägt?
Christinnen und Christen sind in Indien eine Minderheit. Aber meine Eltern sind gläubige Lutheraner und ihnen war es sehr wichtig, mir das Beten beizubringen und mit mir in der Bibel zu lesen. Ich ging regelmäßig in die Sonntagsschule. Nach der Grundschule und bis zum Schulabschluss bin ich auf ein christliches Internat gegangen, wo die Morgen- und Abendandachten von den Schülerinnen und Schülern geleitet werden konnten. Das hat mir als Kind und Jugendliche geholfen, meinen Glauben zu finden und zu festigen, und hat mir eine gute Grundlage für meinen Glauben als Erwachsene gegeben.
Was machen Sie beruflich?
Ich habe einen „Master of Business“ gemacht und habe früher im Bankwesen gearbeitet. In der Pandemie ist meine Mutter dann aber sehr krank geworden und ich bin nach Hause zurückgekehrt, um mich um sie zu kümmern. Inzwischen ist sie wieder gesund und ich möchte mich beruflich ganz neu orientieren und etwas anderes machen.
Kirchlich engagiere ich mich in der Arbeit mit jungen Menschen, die nicht in die Kirche gehen, und ich arbeite mit Mädchen und ermutige sie, ihre Schulausbildung nicht nach der Grundschule zu beenden.
Wofür können Sie sich begeistern und was ist Ihnen wichtig? Wo liegen Ihre derzeitigen Interessen?
Ich mag den Kontakt mit anderen Menschen und liebe es, zu netzwerken. Diese Eigenschaft ist sehr hilfreich in meiner Arbeit mit jungen Menschen, weil ich zeigen kann, wie wichtig es ist, dass Bildung mehr ist als Lesen und Schreiben zu können; dass eine ganzheitliche Bildung notwendig ist – insbesondere für Mädchen. Wenn ich nicht mit der Jugendarbeit zu tun habe, male ich gerne mit Aquarellfarben Landschaften oder Bilder, für die ich mich von Bibelversen inspirieren lasse.
Menschen sind Geschöpfe Gottes. Es ist großartig und wunderschön, dass Gott jedes Geschöpf perfekt platziert hat und auch jeden Baum, der sich im Wind wiegt, so perfekt geschaffen hat; für mich ist das ein großes Kunstwerk. Und Kunst ist wichtig.
Wie sind junge Menschen Ihrer Ansicht nach in den öffentlichen Dienst der Kirche eingebunden?
Mein persönlicher Werdegang ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Einbindung junger Menschen in den Dienst der Kirche ein großer Segen für die ganze Kirche sein kann.
Zum Treffen des Globalen Netzwerks junger Reformatorinnen und Reformatoren in Indonesien 2019 sollte eigentlich jemand anderes fahren, konnte dann aber nicht. Daraufhin fragte man mich, ob ich in Vertretung fahren könnte. Vor dieser Veranstaltung kannte meine Kirche dieses Netzwerk gar nicht. Es fühlt sich an, als sei ich da ein bisschen hineingestolpert.
Während der Veranstaltung habe ich dann aber ganz viel über das Netzwerk gelernt und habe andere Menschen kennengelernt, die mit ganz ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, wie meine Kirche und ich. Wenn junge Menschen die Gelegenheit haben, zusammenzukommen, können sie sich austauschen und voneinander lernen. Und ich konnte meiner Kirche dann berichten, was ich gelernt hatte.
Erzählen Sie bitte etwas über ihre Rolle als Jugendvertreterin bei der Kirchenleitungskonferenz in Asien.
Über fünf Tage haben drei Mitglieder des Lenkungsausschusses des Globalen Netzwerks junger Reformatorinnen und Reformatoren und andere Jugendleiterinnen und Jugendleiter aus der Region Asien im Rahmen der Kirchenleitungskonferenz eine Reihe von Jugend-Workshops veranstaltet. Wir leiteten wichtige Diskussionen und Erörterungen die Erfolge und Herausforderungen junger Menschen in unseren Kirchen. Unterm Strich haben wir vier zentrale Herausforderungen und einige Lösungsansätze herausgearbeitet. Eine der Herausforderungen, die wir ermittelt haben, bezeichneten wir als „Kommunikationslücke“.
Den Austausch über diese „Kommunikationslücke“, die sich in der Pandemie noch vergrößert hat, als alles nur noch online stattfand, habe ich moderiert. Wir haben festgestellt, dass Menschen in der Isolation gerne mit Freundinnen und Freunden gesprochen haben. Aber bei Veranstaltungsreihen war die erste gut besucht, und an der zweiten und dritten Veranstaltung haben sehr viel weniger Menschen teilgenommen. Wir vermuten, dass die Menschen einfach keine Lust mehr hatten, am Bildschirm zu sitzen. Wir haben aber auch festgestellt, dass die Pandemie unsere Art der Kommunikation verändert hat.
Am Ende der Erörterungen stand die hoffnungsvolle Erwartung eines Neustarts der Kommunikation, der es uns ermöglicht, sich bei Kirchenleitungskonferenzen wieder persönlich mit anderen Menschen vernetzen zu können. Ein weiterer Lösungsansatz, der sich in unserem Austausch herauskristallisiert hat, war die Ernennung einer Kontaktperson aus den Reihen der jungen Erwachsenen in jeder Kirche für ganz offensichtliche Aufgaben wie die Verwaltung und Pflege von E-Mailadressen. Wir arbeiten auf eine bessere Kommunikation in den kommenden Jahren hin.
Wie wirkt sich Ihr Engagement im Globalen Netzwerk junger Reformatorinnen und Reformatoren auf Ihre Arbeit in der Kirche aus? Warum ist diese Arbeit für die weltweite LWB-Gemeinschaft wichtig?
Durch mein Engagement in diesem Netzwerk ist meine Kirche auf andere Arbeitsschwerpunkte des LWB aufmerksam geworden, beispielsweise Inklusion und Gleichberechtigung von Männern, Frauen und jungen Menschen, und sie hat sich verpflichtet, diese Grundsätze ebenfalls umzusetzen. Insgesamt hat es mich persönlich auf vielerlei Weise sehr bereichert, Teil des Netzwerks zu sein und mich so mit anderen jungen Menschen zu vernetzen. Es ist ein Segen!
Mit welchen Herausforderungen ist eine Minderheitskirche konfrontiert?
In einem Land, in dem Christinnen und Christen eine Minderheit sind, wird der christliche Glaube als etwas Fremdes wahrgenommen. Christlich zu sein heißt für viele, irgendwie weniger patriotisch zu sein, und viele Menschen glauben, dass Christinnen und Christen nach und nach unsere Traditionen und Kultur aufgeben werden.
Um auf diese Ängste und Sorgen zu reagieren, haben die jungen Menschen in der NELK ein Video produziert, das die Botschaft vermitteln will, dass unser Glaube nicht unsere traditionellen Bräuche zerstört. Das Video zeigt, dass wir immer noch unsere traditionelle Kleidung tragen, unsere eigene Sprache sprechen und auch einige Bräuche in den Gottesdienst einbauen. Unsere Traditionen leben auch in unserem Glauben an Christus weiter.
Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:
Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.