Vier junge christliche und muslimische Friedensaktivistinnen und -aktivisten aus Uganda, Kenia, Indien und Indonesien tauschen sich während der jährlichen Genfer Friedenswoche über Erfahrungen und bewährte Methoden aus.
Arbeit junger Aktivistinnen und Aktivisten auf der Genfer Friedenswoche vorgestellt
(LWB) – „Frieden ist möglich“ ist das Thema der diesjährigen Genfer Friedenswoche, die vom 31. Oktober bis zum 4. November stattfand. Dort treffen sich Diplomatinnen und Diplomaten, politische Entscheidungstragende, Forschende sowie Friedensaktivistinnen und -aktivisten von der Basis, um wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen auszutauschen. An der diesjährigen Veranstaltung erarbeitete der Lutherische Weltbund (LWB) zusammen mit dem Faith to Action Network aus Nairobi zwei Videointerviews, in denen die Arbeit von jungen Friedensaktivistinnen und -aktivisten gezeigt wird, die in Uganda, Kenia, Indien und Indonesien über verschiedene Glaubensgemeinschaften hinweg Brücken bauen.
Im afrikanischen Kontext spricht Farida Abdulbasit, Programmkoordinatorin der Kenya Muslim Youth Alliance, über die Konflikte in ihrem Land, die größtenteils auf „Fehlinformationen, Missverständnisse und interreligiöse Gewalt“ zurückzuführen seien. In ihrer Arbeit mit marginalisierten jungen Musliminnen und Muslimen, die von den Sicherheitskräften unter Vorwand der Terrorismusbekämpfung oft willkürlich ins Visier genommen werden, hat sich ihre Organisation für bessere interreligiöse Beziehungen und gegen extremistische Narrative eingesetzt, damit sich junge Menschen seltener radikalisieren.
Abdulbasit sagt: „Traditionell hatten junge Menschen in Afrika lange Zeit keine Stimme, um über ihre Probleme zu sprechen.“ Als junge gläubige Akteurin und insbesondere als junge Frau stellt sie fest, dass es sehr schwierig sein kann, diese traditionellen und religiösen Überzeugungen zu ändern. „Bevor man ein kommunales Problem in Angriff nimmt, muss man einen Einstiegspunkt und Interessengruppen sowie gleichgesinnten Institutionen finden“, erklärt sie. Anstatt Lösungen aufzudrängen sei es wichtig, der Gemeinschaft zuzuhören „und sie dabei zu unterstützen, lokale Lösungen für ihre lokalen Probleme zu finden“.
Im benachbarten Uganda arbeitet Pfarrer Atuhaire Moses mit einem Netzwerk von religiösen Organisationen im Westen des Landes zusammen und setzt sich für die Integration von Flüchtlingen in den nationalen Entwicklungsplan des Landes ein. Er sagt, dass er viel zum Schutz sexueller Minderheiten arbeitet, denn in seinem Land würden gleichgeschlechtliche Beziehungen weiterhin kriminalisiert und LGBT-Personen müssten regelmäßig vor Diskriminierung und Gewalt fliehen.
Moses sagt, seine Organisation sei ins Visier der Sicherheitskräfte geraten und Mitglieder des Netzwerks inhaftiert worden. „Wir arbeiten eng mit religiösen Führungspersonen zusammen, damit sie genau wissen, was vor sich geht.“ Er nutze auch die sozialen Medien, um die auf den Menschenrechten basierende Botschaft zu verbreiten, dass „wir alle eins sind, egal woher wir kommen, aus welcher Region wir stammen, welchem Stamm wir angehören oder welche sexuelle Orientierung wir haben.“
Stärkung der Frauen als Akteurinnen des Wandels
Pfarrer Samuel John Addaikalanathan von der Tamilischen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Indien und Neneng Yk Lahpan, Dozentin und Aktivistin für die Förderung eines gemäßigten Islams in Indonesien, berichten aus asiatischer Sicht über ihre Erfahrungen mit der Friedensarbeit mit verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Lahpan arbeitete eng mit jungen muslimischen Predigerinnen in der indonesischen Provinz West-Java zusammen und entwickelte einen Leitfaden zu Solidarität und religiöser Toleranz.
Im Leitfaden werden religiöse Texte zu Toleranz und die Lehren des Propheten Mohammad über die Beziehungen zu Menschen anderer Religionen untersucht. Darin wird auch eine Neuinterpretation der islamischen Texte über Frauen angeboten und versucht, „die Fähigkeiten und Stimmen der Frauen als Akteurinnen der Friedenskonsolidierung und Konfliktmediation“ in Indonesien zu stärken, sagt Lahpan.
In Indien arbeitet Addaikalanathan, der als stellvertretender Sekretär der Jugendabteilung seiner Kirche tätig ist, für eine Sensibilisierung und Vertrauensbildung für den interreligiösen Dialog unter jungen Menschen in seiner Region. Er stellt fest, dass Politikerinnen und Politiker in seinem Land häufig religiöse Unterschiede ausnutzen und damit das Problem der weit verbreiteten Unwissenheit über die Glaubenstraditionen von Minderheiten noch verstärken.
Er weist darauf hin, dass Kirchen und Moscheen häufig von Gewalt bedroht werden und dass die einfachen Menschen am meisten unter diesen interreligiösen Spannungen leiden. Zur Bekämpfung von Vorurteilen und religiösen Stereotypen brachte er bei seinem Friedensprojekt in Madurai im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu hinduistische, muslimische und christliche Führungspersonen zusammen, um lokale religiöse Feste zu feiern.
In beiden Online-Gesprächen mit dem Titel „Die Zukunft gestalten, als Nachbarn leben“ kommen auch Sivin Kit, LWB-Programmreferent für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen, und Hezron Masitsa, der die Arbeit zur Friedensförderung des Faith to Action Network leitet, zu Wort. Kit hofft, dass „mehr junge Menschen dazu ermutigt werden, Führungspositionen zu übernehmen“, um diese wichtige Friedensarbeit zu leisten.
Video: Frieden stiften in Afrika