Staatlich getragene Patenschaften als wichtiges Instrument der Hilfe
Mississauga (Kanada)/Genf, 26. November 2015 (LWI) – Der Geschäftsführer von Canadian Lutheran World Relief (CLWR), Robert Granke, und die Geschäftsführerin des anglikanischen Primate’s World Relief and Development Fund (PWRDF), Adele Finney, die an der Spitze zweier Organisationen aus dem Bereich Nothilfe und Entwicklungsarbeit stehen, bewerten die Wirkung der Arbeit, die ihre beiden Organisationen für Flüchtlinge leisten, positiv. Ihre Prognose hinsichtlich der Flüchtlingskrise insgesamt fällt jedoch sehr pessimistisch aus.
„Die Flüchtlingssituation wird sich nicht verbessern“, hat Adele Finney vom PWRDF am 13. November gegenüber Angehörigen des Rates der Generalsynode der Anglikanischen Kirche von Kanada und des Nationalen Kirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kanada erklärt. „Dieser Situation werden wir uns stellen müssen.“
Seit sich im September durch den tragischen Tod des dreijährigen Alan Kurdi, der ertrank, als seine Familie das Mittelmeer zu überqueren versuchte, die Aufmerksamkeit der kanadischen Öffentlichkeit auf die Krise gerichtet hat, nimmt das Interesse an Flüchtlingspatenschaften rasant zu. Sowohl CLWR als auch 15 anglikanische kanadische Diözesen haben Patenschaftsvereinbarungen (sog. sponsorship agreements) mit der Regierung geschlossen und können im Rahmen dieser Vereinbarungen bei der Ansiedlung von Flüchtlingen mitwirken. Vor diesem Hintergrund richten die Kirchen bei der Flüchtlingshilfe ihr vorrangiges Augenmerk auf die Ansiedlung in Kanada.
Finney und ihr Kollege Robert Granke zeigten sich erfreut über die grosse Zahl anglikanischer und lutherischer Gemeindeglieder, die bereit sind, Flüchtlinge gastfreundlich aufzunehmen. Gleichzeitig betonten sie jedoch, unvermindert wichtig sei die Arbeit ihrer Organisationen in den Konfliktgebieten weltweit.
„Wir möchten Ihnen ans Herz legen: Vergessen Sie die Flüchtlinge weltweit nicht“, so Finney. „Syrische Flüchtlinge finden inzwischen internationale Aufmerksamkeit, aber Flüchtlinge gibt es überall auf der Welt.“
Granke erläuterte, CLWR sei in Zentral- und Ostafrika aktiv, helfe Menschen aus dem Südsudan, die vor der Gewalt in ihrem Land nach Uganda, Äthiopien und Kenia geflohen sind. Seine Organisation leiste ausserdem Hilfe in Jordanien, wo viele SyrerInnen Zuflucht gesucht haben, und im Irak mit seiner grossen Zahl an Binnenflüchtlingen.
Hilfe zur besseren Bewältigung der Lebenssituation am neuen Ort
„Tatsache ist, ein Flüchtling, der heute seinen Heimatort verlässt, wird durchschnittlich 17 Jahre in dem Land oder an dem Ort bleiben, wo er Zuflucht sucht“, so Granke. „Ehemals waren es durchschnittlich neun Jahre, aber inzwischen hat sich dieser Durchschnittswert nahezu verdoppelt.“
Damit geht eine Schwerpunktverlagerung bei der Arbeit von CLWR einher, hin zu einer Unterstützung, die Flüchtlingen den Aufbau einer möglichst stabilen Lebenssituation an dem Ort, wo sie sich ansiedeln, ermöglicht. So hätten etwa Kanada und Jordanien vereinbart, gemeinsam mit CLWR in Nordjordanien die Schulen besser auszustatten, die von Flüchtlingskindern besucht werden.
Finney berichtete ihrerseits, PWRDF helfe ebenfalls Flüchtlingen, die langfristige Begleitung benötigten. Dies sei zum Beispiel bei Menschen der Fall, die vor der Gewalt in Sri Lanka geflohen seien und zum Teil seit 30 Jahren in Flüchtlingslagern lebten. PWRDF unterstütze weiterhin auch die Well Child Clinic in Kairo, die angesichts des massiven Zustroms von sudanesischen, südsudanesischen und syrischen Flüchtlingen an vorderster Front mitarbeite.
Wachsende Hilfe und Zusammenarbeit
Trotz der ernsten Lage gebe es auch gute Nachrichten, betonte Finney. Besonders hervorzuheben sei, dass Organisationen wie PWRDF und CLWR ihre Ressourcen und politische Lobbyarbeit zunehmend bündelten.
„Wir nehmen das Thema Zusammenarbeit ernst“, so Finney. Sie, Granke und ein weiteres gutes Dutzend GeschäftsführerInnen von Nothilfe- und Entwicklungsorganisationen aus dem religiösen Bereich kooperierten mit dem Ziel, die Hilfe in den Gebieten zu intensivieren, wo besonders viele Binnenvertriebene und Flüchtlinge zu versorgen seien.
Dass Kanada eine neue liberale Regierung habe, die sich verpflichtet hat, bis Ende des Jahres 25.000 syrische Flüchtlinge im Land aufzunehmen, eröffne neue Perspektiven. Nach Grankes Aussage plant die Regierung, täglich bis zu 900 Flüchtlinge einreisen zu lassen, um das gesetzte Ziel erreichen zu können. Jene Akteure, die eine Patenschaftsvereinbarung geschlossen haben, würden bei der Ansiedlung dieser Flüchtlinge eine wichtige Rolle spielen.
„Wir stehen bereit, Unterstützung zu leisten. Über ganz Kanada verteilt haben 91 Körperschaften eine Patenschaftsvereinbarung und ich meine, diese 91 können einen grossen Teil der 25.000 Menschen aufnehmen“, erklärte Granke. „Wir können das schaffen. Ich habe keinen Zweifel, dass diese Zahl zu bewältigen ist.“
Diese Meldung wurde ursprünglich veröffentlicht auf Anglicanjournal.com. Mehr dazu (in englischer Sprache):