Kolumbien: Menschenrechte in Gefahr

23 März 2018
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Mitglieder der kolumbianischen Juristenkommission berichten auf der Nebenveranstaltung im Rahmen der Sitzung des UN-Menschenrechtsrates am 16. März 2018 detailliert über die Situation in ihrem Heimatland. Foto: LWB/ Peter Kenny

Mitglieder der kolumbianischen Juristenkommission berichten auf der Nebenveranstaltung im Rahmen der Sitzung des UN-Menschenrechtsrates am 16. März 2018 detailliert über die Situation in ihrem Heimatland. Foto: LWB/ Peter Kenny

LWB unterstützt kolumbianische Juristenkommission

Genf (LWI) – Obwohl die kolumbianische Regierung und die größte Guerilla-Gruppe des Landes ein Friedensabkommen geschlossen haben, gehen die Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien weiter. Ein vom Lutherischen Weltbund (LWB) und kolumbianischen Menschenrechtsorganisationen gemeinsam angefertigter Bericht spricht von Morden an Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten, Korruption und dem Unvermögen der Regierung, die grundlegenden Menschenrechte der indigenen Bevölkerung zu gewährleisten. Die Ergebnisse des Berichts wurden am 16. März auf einer Nebenveranstaltung im Rahmen der aktuellen Sitzung des UN-Menschenrechtsrates diskutiert und heute dem Plenum des Menschenrechtsrates in einer öffentlichen Erklärung präsentiert.

Veröffentlicht wird der Bericht jetzt kurz bevor der Menschenrechtsrat auf seiner Herbstsitzung im September 2018 die Menschenrechtssituation in Kolumbien offiziell überprüfen wird. Vor einer solchen allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review, UPR) wird zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem LWB grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, Berichte vorzulegen und zu präsentieren, die auf den im Rahmen ihrer jeweiligen Arbeit gemachten Erfahrungen in dem zu überprüfenden Land beruhen. Der LWB arbeitet seit 2002 in den Provinzen Arauca und Choco mit Gemeinwesen zusammen und hat den Friedenprozess im Land aktiv unterstützt.

Ein Leben in Angst

Auch wenn 2016 ein endgültiges Friedensabkommen in Kolumbien unterzeichnet wurde, sind die Partner des LWB sich einig, dass die Situation nach wie vor äußerst prekär ist. „Die paramilitärischen Gruppen sind noch nicht entwaffnet. Sie können immer noch Anschläge auf Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger verüben“, sagt Silvia Irene Berrocal, die in ihrer Gemeinde Apartadó in der Region Urabá (Provinz Antioquia) eine führende Rolle innehat und dort mit gefährdeten Sektoren zusammenarbeitet. „Es ist dort so gefährlich, dass ich fliehen musste.“

Die Nebenveranstaltung während des UN-Menschenrechtsrates wurde moderiert von Ana Maria Rodriguez, der zuständigen Direktorin für Internationale Advocacy bei der kolumbianischen Juristenkommission. Zu den Rednerinnen und Rednern bei der Veranstaltung zählten neben Berrocal unter anderem auch Gustavo Gallón Giraldo, Direktor kolumbianischen Juristenkommission, und Jomary Ortegon Osorio, Vizepräsident des Colectivo de Abogados „José Alvear Restrepo“.

Rodriguez erklärte, dass im UPR-Prozess eine „beträchtliche Anzahl“ von mehr als 200 Empfehlungen ausgesprochen wurden, zum Beispiel wie mit der „Straffreiheit bei Gewalt gegen Frauen, die nicht von einem Gericht beschlossen wurde“ umgegangen werden sollte.

„Auch wenn der Friedensprozess voranschreitet, gibt es noch so viele Probleme“, erzählte Gallón, der schon in verschiedenen Funktionen als unabhängiger Experte für den Menschenrechtsrat gearbeitet hat. Er verwies auf Probleme bei der Entmilitarisierung sowie auf Probleme, die Reformen bei der Landverteilung erforderlich machten.

Advocacyarbeit auf allen Ebenen

Die Ergebnisse des Parallelberichts werden den Regierungen verschiedener Länder vorgelegt, die dem zu überprüfenden Land – in diesem Fall Kolumbien – dann Empfehlungen aussprechen und so international Druck auf Kolumbien ausüben, den Empfehlungen entsprechend zu handeln. Der LWB werde aber nicht einfach nur darauf warten, dass sich etwas ändert, sagt Michael French, LWB-Programmkoordinator für die Region Lateinamerika und die Karibik, sondern den Prozess in Kolumbien auf lokaler und nationaler Ebene unterstützen.

„Die Regierungen dazu zu bringen, in Genf Versprechungen zu machen, ist nur ein Teil des Prozesses“, erklärte er. „Tatsächlich liegt unser Fokus aber auf der nationalen und der lokalen Ebene, wo wir mit den Regierungsbehörden zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass sich wirklich etwas ändert. Und das bedeutet, dass wir die Rechte der Menschen vor Ort verteidigen, damit sie zum Beispiel Zugang zu Grund und Boden erlangen, ihre Kinder zur Schule gehen können oder die Umwelt geschützt wird.“

Die Partner des LWB in Kolumbien wie die kolumbianische Juristenkommission haben bereits einen Strategieplan dazu, was getan werden muss und wie internationale und nationale Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten zusammenarbeiten können.

„Wir müssen die Kapazitäten des Staates ausbauen“, sagt Nationaldirektor Gallón. „Und wir müssen die Militärdoktrin ändern. Und dabei ist die Rolle der internationalen Gemeinschaft von zentraler Bedeutung, aber auch das Amt des Hohen Kommissars für Menschenrechte unverzichtbar“, der, wie Gallón erklärt, eine Schlüsselrolle für das Friedensabkommen spielt.

„Wir müssen auf die normale Justiz zurückgreifen können, um die Verursacher von Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen“, fügt er hinzu und erklärt, dass Kolumbien viele strukturelle Veränderungen vornehmen muss, wenn der Frieden von Dauer sein soll, darunter zum Beispiel, dass allen Bevölkerungsgruppen „ein Minimum an wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten garantiert werden muss“.

 

 

LWF/OCS