Lutherischer Weltbund und Islamic Relief Worldwide präsentieren neues Handbuch
Genf (Schweiz)/Birmingham (England) (LWI) – Am 29. Juni veröffentlichten der Lutherische Weltbund (LWB) und World Islamic Relief (IRW) Leitlinien für humanitäre Organisationen, damit diese bei ihrer Arbeit stärker auf den Glauben und den religiösen Hintergrund der Menschen eingehen können, die von Konfliktsituationen, Katastrophen und Vertreibung betroffen sind.
Die Leitlinien wurden im Rahmen einer Partnerschaft verschiedener konfessioneller und säkularer Gruppen entwickelt, darunter das UNHCR, die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC), die Schwedische Kirche, HIAS, World Vision sowie LWB und IRW. Die Leitlinien haben das Ziel, humanitäre Aktionen im Katastrophenfall so durchzuführen, dass die Würde der von der Krise betroffenen Menschen gewahrt und ihre im religiöse Identität ernst genommen wird.
Das Handbuch mit dem Titel „A Faith-Sensitive Approach in Humanitarian Response: Guidance on Mental Health and Psychosocial Programming“ soll so genannte „faith based organizations“ (FBOs) und säkulare Organisationen in gleicher Weise in ihrer Arbeit mit Flüchtlingen und Gastgebergemeinschaften unterstützen.
Religiöse Identität bei Hilfsprogrammen berücksichtigen
„Der überwiegende Teil der Menschen ist gläubig oder hat eine bestimmte religiöse Identität. Wenn es zu einer Katastrophe oder zu Konflikten kommt und diese Menschen ihre Heimat verlassen müssen, lassen sie ihren Glauben nicht in ihrem Land zurück. Ihr Glaube geht mit ihnen und erweist sich oft als mächtige Quelle für ihre Widerstandsfähigkeit und ihr Vermögen, sich ein neues Leben aufzubauen", erklärt LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge. „Eine religionssensible psychosoziale Unterstützung berücksichtigt diese Bedürfnisse und die der Gemeinschaften, in denen sich diese Menschen niederlassen, beachtet aber auch weiterhin die humanitären Grundsätze der Überparteilichkeit und Neutralität.
Das Handbuch hält sich weitgehend an die Leitlinien für psychosoziale Unterstützung in Katastrophenfällen des Ständigen Interinstitutionellen Ausschusses der Vereinten Nationen (IASC) und steht auf der IASC-Website zur Verfügung. Es soll zu einer besseren Unterstützung von Flüchtlingen und Vertriebenen durch eine effektivere Zusammenarbeit mit örtlichen Glaubensgemeinschaften und religiösen Führungspersonen in humanitären Katastrophenfällen beitragen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Glaubensperspektive und die Bedürfnisse der Vertriebenen selbst und nicht die konfessionelle Ausrichtung oder säkulare Natur der humanitären Organisation, die diese Hilfe leistet.
Hilfen für praktische Fragen aufzeigen
Die Leitlinien sprechen das Thema der Religionssensibilität für das gesamte Spektrum der humanitären Hilfsmaßnahmen an. Bei der Rücksichtnahme auf die religiöse Identität geht es nicht nur um die Spiritualität derjenigen Menschen, die vor Katastrophen und Kriegen fliehen, oder um psychologische, medizinische und soziale Belange, sondern um ganz praktische Probleme wie geeignete Nahrungsmittel, Unterkünfte und Versammlungsorte.
„Unsere Pilotprojekte haben gezeigt, dass Religion eine wirkmächtige Kraft sein kann, um in Notfällen mit schwierigen Situationen klarzukommen und Widerstandskräfte zu mobilisieren. Sie kann aber auch eingesetzt werden, um schädliche Praktiken zu fördern oder humanitäre Programme zu konterkarieren“, sagt IRW-Geschäftsführer Naser Haghamed. „Unser Handbuch will humanitäre Organisationen anleiten, in ihrem Umgang mit örtlichen Akteuren, die einen konfessionellen Hintergrund haben, den ‚Do-no-harm‘-Grundsatz zu befolgen.“
In diesem Kontext beschreiben die Leitlinien den Umgang mit einem Menschen, der das Trauma einer Krise durchlebt hat, und welche Probleme sich daraus für ihn, seine Religion und seinen Glaubenshintergrund ergeben. Das Handbuch will auch Menschen darin leiten, wie sie durch ihren Glauben zu psychosozialer Gesundheit finden, und die praktischen Maßnahmen beschreiben, mit denen Glaubensgemeinschaften unterstützende Aufgaben wahrnehmen können.
So können humanitäre Organisationen im Bereich der Gesundheitsversorgung über die örtlichen Glaubensgemeinschaften wichtige Botschaften verbreiten und mit örtlichen Religionsführern dafür sorgen, dass bei der psychosozialen Betreuung wichtige Grundsätze der Religionssensibilität befolgt werden. Sie können mit religiösen Autoritäten auch daran arbeiten, soziale Normen zu ändern und damit schädliche Bräuche wie Kinderehen oder weibliche Genitalverstümmelung abzuschaffen.
Die Leitlinien haben sich bereits im praktischen Einsatz in Afrika, Asien und dem Nahen Osten bewährt und profitieren von der Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) und dessen Unterstützung sowie mit dem IFRC, der Schwedischen Kirche, HIAS und World Vision.