Aus Verzweiflung wird Hoffnung
(LWI) – Fünf Jahrzehnte Einsatz für Geflüchtete, humanitäre Hilfe nach Naturkatastrophen, Advocacy-Arbeit für Menschenrechte und langfristiger Aufbau von Existenzgrundlagen für die Mitglieder vulnerabler, vom Klimawandel betroffener Gemeinschaften. Der Lutherische Weltbund (LWB) ist mit seiner für humanitäre und Entwicklungshilfe zuständige internationale Abteilung für Weltdienst seit 50 Jahren in Äthiopien präsent. Das Länderprogramm für Äthiopien feiert diese Erfolge jetzt in einer Jubiläumsausgabe seines Jahresberichts.
Der LWB-Äthiopien wurde 1973 auf Initiative der örtlichen Mitgliedskirche, der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (ÄEKMY), ins Leben gerufen. „Ein von seiner Eminenz Dr. Emmanuel Abraham, Präsident der ÄEKMY, unterzeichnetes Sendschreiben war im April 1973 der entscheidende erste Schritt für die Gründung des LWB-Weltdienstes (damals Lutherischer Weltdienst - LWD). Zu dieser Zeit wurden die damaligen Provinzen Wollo, Gojam und Tigray von einer Hungersnot heimgesucht. Dies veranlasste die Kirche dazu, Alarm zu schlagen und den LWD dazu zu bewegen, sich dauerhaft in dem Land zu etablieren“, erinnert sich Sophia Gebreyes, die LWB-Länderrepräsentantin für Äthiopien.
Ökumenische Partnerschaft
Der LWD hatte im Jahr zuvor bereits Hilfe während einer Dürrekatastrophe in der Provinz Bichena geleistet. In den 1970er Jahren hat der LWB-Äthiopien in erster Linie Katastrophenhilfe in den Provinzen Wollo und Tigray geleistet, in denen es zu Dürre- und Hungerkatastrophen gekommen war. 1974 wurde eine medizinische Versorgungseinrichtung in Kambatta eröffnet, eine abgehängte Provinz im Südwesten Äthiopiens, und später wurden Menschen aus den besonders von Dürren betroffenen Gebieten in Kambatta in fruchtbarere Landstriche umgesiedelt.
In den 1980er Jahren ging es in erster Linie um den Aufbau von Infrastrukturen und um die Sicherung der Lebensgrundlagen zum Beispiel für Heimkehrende aus Somalia und für eine Fischergemeinschaft in Massawa. Die Arbeit des LWB-Äthiopien bestand in der Hauptsache aus dem Bau von Bewässerungsanlagen und Wasserrückhaltesystemen zur Unterstützung von Gemeinschaften, denen infolge des sich ändernden Klimas der Verlust ihrer traditionellen Existenzgrundlagen drohte. Der Bericht beschreibt den Bau von 90 Bewässerungssystemen und 51 Mikrodämmen sowie die Erschließung von 14 Wasserressourcen zwischen 1985 und 2003.
Besondere Aufmerksamkeit erhielt allerdings die gemeinsam vom LWB und der ÄEKMY geleistete Nothilfe während der Dürrekatastrophen und Hungersnöte in Äthiopien ab 1984 bis 1992. Die Kirche und der LWD haben Hilfsgüter, landwirtschaftliche Materialien, Saatgut und medizinische Versorgungsgüter an Hunderttausende von Menschen in fünf äthiopischen Provinzen geliefert.
„Durch den Einsatz des LWD und der ÄEKMY konnten nicht nur zahlreiche Menschenleben gerettet werden, sondern auch ein großer Exodus der Bevölkerung und die Entstehung von Abhängigkeiten verhindert werden, weil Familien rechtzeitig ihre Saatgutvorräte, Gerätschaften und Nutzviehbestände aufstocken konnten. Alle diese Maßnahmen von Familien und Mitgliedern von Nothilfeorganisationen haben dazu beigetragen, Katastrophen in einen Prozess des Wiederaufbaus zu transformieren“, fasst der Soziologe und LWB-Berater Peter Esmonde in seinem Bericht „The LWF in Ethiopia (1993)“ zusammen.
Danksagung der Ortskirche
ÄEKMY-Präsident Pfarrer Dr. Yonas Yigezu Dibisa blickt mit Dankbarkeit auf die jahrzehntelange Partnerschaft zwischen dem LWB-Weltdienst und seiner Kirche zurück. „Wir sind zutiefst dankbar für das gemeinsame Engagement des LWB und der ÄEKMY, das so viele Veränderungen bewirkt hat und das Verzweiflung in Hoffnung und Leid in eine vielversprechende Zukunft verwandelt hat“, schreibt er in einem Begleitwort für den Bericht.
Dibisa weist darauf hin, dass der LWB-Äthiopien sein Engagement grundsätzlich nicht auf kurzfristige Hilfe in Notfällen beschränkt, „sondern auch Wiederaufbau- und Entwicklungsarbeit in einer nachhaltigen und ergebnisorientierten Weise übernimmt“ und sich dabei in erster Linie an der Bedarfslage der betroffenen Menschen und Gemeinschaften orientiert.
„Wir sind zutiefst dankbar dafür, dass diese seit langem bestehenden Beziehungen zu einer signifikanten Erweiterung der diakonischen Arbeit der ÄEKMY geführt hat und wir damit eine aktive Rolle dabei übernehmen konnten, mit unserer Unterstützung und unserer Anteilnahme Leben zu verändern“, fügt er hinzu.
Wir werden uns weiterhin diesen Krisen und Herausforderungen stellen und uns auf der Grundlage des bisher Erreichten für ein leuchtendes, friedliches und versöhntes Äthiopien einsetzen.
– Sophia Gebreyes, LWB-Länderrepräsentantin in Äthiopien
Bewaffnete Konflikte und Geflüchtete
Während Entwicklungsarbeit für die von Naturkatastrophen und dem Klimawandel betroffenen Gemeinschaften der wichtigste Teil des Programms ist, war in den letzten Jahren ein großer Teil der Arbeit auf humanitäre Hilfe in externen und internen bewaffneten Konflikten ausgerichtet. Seit Anfang der 1980er Jahre hat sich der LWB-Äthiopien in der sudanesischen Geflüchtetenhilfe engagiert. 2011 wurde aus dieser Region der Südsudan. Später wurden Geflüchtete aus dem Südsudan sowie aus Somalia und jetzt auch aus dem Sudan unterstützt.
2023 entfielen 70 Prozent der Ausgaben des Länderprogramms auf humanitäre Hilfsaktionen, um Menschen zu helfen, die von dem Konflikt zwischen den Regionalstaaten Amhara und Tigray betroffen waren, sowie auf lebensrettende Einsätze für Gemeinschaften im Osten des Landes und am Horn von Afrika, die von der Dürre betroffen sind.
„Äthiopien kämpft immer noch mit mehrfachen komplexen Krisen und den gespenstischen Nachwirkungen längst vergangener Konflikte mit der Folge zahlloser Todesfälle und Vertreibungen", stellt LWB-Länderrepräsentantin Gebreyes fest. „Wir werden uns weiterhin diesen Krisen und Herausforderungen stellen und uns auf der Grundlage des bisher Erreichten für ein leuchtendes, friedliches und versöhntes Äthiopien einsetzen.“